Liebe Leserin, lieber Leser!
Zu den angenehmen Begleiterscheinung der zurückliegenden Corona-Wochen gehört die von den meisten Menschen in unserem Land geteilte Erkenntnis, dass unsere Politikerinnen und Politiker in dieser Krise bisher eine ziemlich gute Figur abgegeben haben. In dieser Woche wurde der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, ausdrücklich für sein Krisenmanagement gelobt. Und unser Ministerpräsident Markus Söder bekommt schon seit Anfang der Pandemie gute Noten ausgestellt – gerade auch von Journalisten und Weggefährten, die bisher nicht so gut auf ihn zu sprechen waren.
Ich finde das bemerkenswert, denn es zeigt: Viele der Menschen, die uns regieren, sind besser als ihr Ruf. Das sollte uns Bürgerinnen und Bürger nachdenklich machen angesichts schnell getroffener Werturteile über „die da oben”, von Beschimpfungen und Beleidigungen via Internet einmal ganz abgesehen. Interessant ist zudem, dass in parteipolitischer Hinsicht so unterschiedliche Charaktere wie Kretschmann und Söder sich im Krisenmodus durchaus ähnlich verhalten. Ob das auch daran liegt, dass sich beide Politiker bewusst als Christenmenschen verstehen?
Ein Vorbild für uns alle ist in jedem Fall der für seine Weisheit berühmte König Salomo. Als zu Beginn seiner Herrschaft ihm Widersacher die Königskrone streitig machen wollen, da erscheint ihm Gott im Traum: Und der Herr erschien Salomo zu Gibeon im Traum des Nachts, und Gott sprach: Bitte, was ich dir geben soll! (1. Kön 3,5) Was für ein Angebot, über das man nicht lange nachdenken muss. Klar: endlich die verhassten Widersacher loswerden, und für einen selbst Frieden und langes Leben. Aber Salomo erbittet nichts dergleichen von Gott. Er sagt vielmehr: So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, dass er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist (1. Kön 3,9).
Es ist gut, wenn einem ein solches Herz gegeben ist. Und vielleicht sind unter uns mehr Menschen mit einem solchen Herz gesegnet, als wir bisher dachten? Und das gilt nicht nur für Politikerinnen und Politiker. In den zurückliegenden Corona-Wochen haben nämlich auch viele der ganz „normalen" Menschen eine gute Figur abgegeben. Hilfsbereitschaft und Disziplin waren an der Tagesordnung. „Danke" war auf dem Boden vor den Eingangstüren von Altenheimen und Krankenhäusern gemalt. Und die bunten Stein-Schlangen wurden auch nicht mutwillig zerstört. Bitte, was ich dir geben soll! Vergessen wir in jedem Fall nicht das gehorsame Herz, das versteht, was gut und böse ist.
Dekan Dr. Matthias Büttner, Bad Neustadt