Ein wild schunkelnder Minister, eine viel bejubelte Landtagspräsidentin und derbläggte Abgeordnete, Landräte und Bürgermeister soweit das Auge reicht. Nein, wir befinden uns nicht in der Millionenstadt München, sondern im beschaulichen Burglauer, am Samstag zum elften Mal Epizentrum dutzender Lachanfälle über alles, was in der Rhön schief- oder gar nicht läuft.
Kreuzberg-Mönch und Zwerchfelltester
Schuld daran: Fredi Breunig alias Bruder Elisäus, Kreuzberg-Mönch und Zwerchfelltester in Personalunion, der mit einer frechen Fastenpredigt im Gepäck vom Heiligen Berg in die Rudi-Erhard-Halle herabgestiegen war.
Die Lauertaler Musikanten, das Musik-Quartett Kaufmannsware und die Rhöner Säuwäntzt legten fulminant vor, dann freuten sich über 600 gut gelaunte Gäste auf das süffisante Spiegelvorhalten des Rhöner Kabarettisten.
„Fränkin mit Rückgrat“: Barbara Stamm
Den Spiegel benötigte aber erst einmal Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Schließlich musste sie ihr neues Outfit bewundern. Sven Schröter, Moderator des Abends, und Mathias Mangold, Vorsitzender des Burgläurer Heimatvereins, hatten ihr nämlich den Derbläggn-Ehrenpreis „Franke mit Rückgrat“ übergeben. Das passende T-Shirt gab es inklusive. Stamm ließ es sich nicht nehmen, ihr Geschenk noch auf der Bühne übers Abendkleid zu streifen.
Seit über 40 Jahren arbeitet sie als Abgeordnete im bayerischen Landtag, 1976 hat sie zum ersten Mal im Plenarsaal Platz genommen. Zu dieser Zeit für ein „junges Mädchen“ keine Selbstverständlichkeit. Natürlich konnten sich die Rhöner Derblägger einen Seitenhieb auf München nicht verkneifen. Denn die Auszeichnung erhielt die Landtagspräsidentin auch für ihren diesjährigen Nockherberg-Boykott.
Ihrem Nockherberg-Boykott sei Dank
Luise Kinsehers Rede 2016 sei für sie frauenfeindlich und verletzend gewesen. Schließlich habe sie „dem Brauereichef geschrieben, er möge mich nicht mehr auf die Einladungsliste schreiben“, erklärte Stamm. „In Burglauer möchte ich aber immer auf der Einladungsliste stehen!“. Es ist fast überflüssig, den tobenden Jubel zu erwähnen.
Viel Beifall gab es auch für Stamms Appell an ihre Kollegen. Sie sei oft versucht in den Plenarsaal zu rufen: „Schmeißt eure Laptops raus, damit ihr mal wieder konzentriert seid!“, antwortet sie auf die Frage, was sich über die Jahrzehnte im Politikbetrieb verändert habe.
Die unumstrittene Nummer eins des Abends
Einer wäre ohne Laptop allerdings schlecht dran: Fredi Breunig – mit Bierkrug, Kutte und donnernder Stimme die unumstrittene Nummer Eins des Abends. Dann nämlich würde er oben auf dem Kreuzberg nicht mitbekommen, was seine Schäfchen im Tal so alles von sich geben.
Dorothee Bär etwa, Rhöner Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin, verkündete stolz auf Facebook, Besitzerin des Jagdscheines zu sein. Bruder Elisäus verwandelte die Steilvorlage trocken: „Seitdem schießt sie einen Bock nach dem anderen“.
Oh diese Socia-Media-Aktivitäten!
Etwas gequälter wurde auch das Lachen des Landtagsabgeordneten Steffen Vogel, als sich Fredi Breunig seinen Social-Media-Aktivitäten widmete. Er hatte kürzlich ein Bild seines Stimmzettels von der Bürgermeisterwahl in Theres gepostet. „Gut, dass du dass Strickle vom Bleistift mitfotografiert hast. Dann wissen wir jetzt wenigstens, dass das in Theres auch so kurz ist, dass man nur bis zur CSU kommt“, prostete ihm Breunig grinsend zu.
Themen für des Landrats Doktorarbeit
Bruder Elisäus konnte sich neben Facebook, Twitter und Co. aber auch für analog Gedrucktes begeistern – etwa für die zukünftige Doktorarbeit von Landrat Thomas Habermann. Zuvorkommend wie er ist, habe er sich schon einmal Gedanken über Themen gemacht: „Wie wäre es denn mit: Die SPD im Kreistag oder: Wie ich meine Aggressionen zurückhalt“, bot Breunig an. „Auch schön wäre: Die Anatomie eines Rotmilans, nachdem er vom Windrad geschreddert wurde“.
Satire, Spott und süffisante Kommentare
Der Kabarettist war nicht zu stoppen: Von Gemeinde zu Gemeinde zog er durch die Rhön und ließ Satire, Spott und süffisante Kommentare regnen. Das Publikum marschierte lachanfallgeschüttelt hinterher – von Münnerstadt („Die Stadtratssitzungen erscheinen mittlerweile in Bad Kissingen im Kulturkalender unter Unterhaltung“) über Strahlungen („Die sind jetzt eineinviertel Jahre von der Außenwelt abgeschnitten. Wundert euch nicht, wenn bald die Rosinenbomber fliegen“) bis nach Sandberg („Die Sandberger sollen sicherheitshalber drei oder vier Bürgermeister wählen, damit am Ende wenigstens einer übrig bleibt“).
Der tolerante Franke
Auch die „große Politik“ überblickte Bruder Elisäus. Hoch genug ist er ja, der Kreuzberg. Während der Rest Deutschlands die Auftritte türkischer Minister verbiete, „sind wir in Franken ja tolerant“, erklärte Breunig. „Wir haben die fremde Macht zugelassen: Martin Schulz war in Würzburg!“.
Organisator Mangold ist überwältigt. „Es läuft mir den Rücken runter, ich bin wirklich froh, dass es den Leuten so gefällt“, schwärmt er nach Breunigs Auftritt. Bleibt nur noch ein Geheimnis zu klären. Ist Bier oder Apfelsaft im Krug des Bruders? Fredi Breunig lacht: „Da ist wirklich Bier drin, alles andere wäre ja ein Stilbruch“.
„In Burglauer möchte ich aber immer auf der Einladungsliste stehen!“
Landtagspräsidentin Barbara Stamm beim Politiker-Derbläggn