Im Orgelbaumuseum werden in einer Zeitreise durch 2300 Jahre Orgelbaugeschichte alle Zeitepochen mit eindrucksvollen Instrumenten dargestellt – von der Romanik bis in die Neuzeit. Es gab aber auch eine Zeit, in der die Orgel, zumindest als Hausinstrument, seine Bedeutung verlor und einem neuen Instrument weichen musste. Aus dem Cembalo wurde der Flügel und später das Klavier entwickelt. Dies war eine einschneidende Entwicklung für viele Orgelbauer des beginnenden 19. Jahrhunderts und so kam es, dass nicht wenige zum Geld bringenden Klavierbau gewechselt haben.
Ein sehr gutes Beispiel für herausragende Instrumente der Romantik oder auch Aufklärung ist der Hammerflügel, der zu Jahresanfang in den Besitz des Orgelbaumuseums übergegangen ist. Er wurde von Heinrich Philipp Besalié erbaut und ist eines von weltweit nur sehr wenigen erhaltenen Exemplaren.
Künstler der Berliner Akademie
Heinrich Philipp Bessalié (geboren 1800 in Breslau, gestorben nach 1867) war ein führender deutscher Klavierbauer des 19. Jahrhunderts. Er erlernte das Handwerk in Breslau bei W. Dörge, und in Wien, wo er 13 Jahre bei J.B. Streichers berühmter Firma arbeitete. 1835 gründete er in Breslau eine eigene Werkstätte. Die Firma erlangte bald Anerkennung: Ein Flügel, den er 1839 baute, brachte Bessalié den Titel eines königlichen Klavierbauers für Carl, Prinz von Preußen, ein. Im Auftrag des preußischen Königs baute Bessalié ein Klavier für das Schloss Sanssouci in Potsdam und dann für das Schloss Erdmannsdorf. 1845 wurde ihm der Titel eines Künstlers der Berliner Akademie verliehen.
Seine Instrumente wurden von Franz Liszt, Adolf Henselt und Sigismund Thalberg gelobt. Er stellte viele Innovationen vor und präsentierte seine Klaviere auf Handwerks- und Industriemessen in Breslau, London und Paris. Er erhielt eine Medaille auf der Berliner Messe 1844. Nach 1867 schrumpfte die Firma. Überlebende Klaviere dieser Art sind unter anderem im Musikinstrumentenmuseum in Leipzig und in der Sammlung Andrzej Szwalbe in Ostromecko bei Bydgoszcz zu finden.
Instrument der Klavierlehrerin Anna Opfermann

Das im Orgelbaumuseum befindliche Instrument aus dem Jahr ca. 1848 diente über viele Jahre der am 7. April 1913 in Ostheim geborenen und später hier als Klavierlehrerin tätigen Anna Opfermann. Sie unterrichtete auf diesem Flügel bis Ende der 1960er Jahre unzählige Ostheimer Kinder und spielte von Bad Neustadt bis in die obere Rhön häufig zur Tanzmusik auf. Sie verstarb am 18. August 2007 im Alter von 94 Jahren in Willmars. Ihr Lieblingsspruch war: "Musik ist das Ewige – Unvergängliche und selig das Haus, in dem dieser Muse ein Ehrenplatz bereitet wird."
In den Folgejahren wurde das Instrument durch ihre Familie jahrelang als Leihgabe im Museum ausgestellt, das es dann 2020 erwerben konnte. Nach einer aufwendigen Restaurierung erklingt der Flügel wieder in seiner für Besalié typischen Klangfülle und ist somit ein weiteres Zeitzeugnis einer Zeitepoche, in der die Orgel als Hausinstrument eine eher unbedeutende Rolle spielte.
Wer hat weitere Informationen?
Da es nicht einfach ist, Informationen über weitere Besitzer in der Zeit vor Anna Opfermann zu finden, hofft Museumsleiter Jörg Schindler-Schwabedissen, dass es in Ostheim und Umgebung vielleicht noch manch einen ihrer Schüler gibt, die sich vielleicht an das Eine oder Andere erinnern. Der Flügel soll dem Hörensagen nach auch im Meininger Schloss gestanden haben, bevor er nach Ostheim kam. Aber auch in Ostheim war er wohl nicht gleich im Besitz von Frau Opfermann. Wer also etwas weiß, darf sich gerne im Orgelbaumuseum, Tel. (09777) 1743 melden, vielleicht gibt es ja sogar noch Bilder aus der damaligen Zeit.