(cs) Glück gehabt haben die Bürger von Burglauer dreimal im vergangenen Jahr. Mit Sandsäcken hatte die Feuerwehr den Reichenbach eingedämmt und somit großen Schaden verhindert. Schneeschmelze und starker Regen waren verantwortlich für das Hochwasser.
Weil die Gemeinde nicht immer so viel Glück hat und die Anwohner oft Wasser aus ihren Kellern pumpen müssen, plant sie nun Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Doch längst nicht alle Bürger stehen hinter diesen Plänen.
„Hochwasserschutz ja, aber nicht in diesen Dimensionen“, sagte Stefan Mangold, ein Sprecher der Bürgerinitiative „Booch und Büschle erhalten“. 75 000 Kubikmeter Wasser soll das geplante Hochwasserrückhaltebecken fassen. Der Damm hätte eine Höhe von bis zu 8,5 Metern und wäre rund 249 Meter lang. Die Größe ist die Voraussetzung für einen Schutz vor einem Jahrhunderthochwasser. Es bildet die Planungsgrundlage zur Förderung von Hochwasserschutzmaßnahmen.
Bedingungen für Förderung
Demnach würde das 1,5 Millionen Euro teure Projekt zu 75 Prozent aus dem Konjunkturpaket II bezuschusst werden. Das Reichenbachtal errechnete man als idealen Standort für das Rückhaltebecken.
Stefan Mangold hält dagegen: „Dieser Eingriff würde das Landschaftsbild erheblich verändern.“ 69 Bürger der etwa 1600 Einwohner von Burglauer hatten sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Sie befürchten die Vernichtung einer besonders schönen Landschaft.
„Der Eingriff ins Landschaftsbild ist groß“, meint auch Martin Müller vom Bund Naturschutz, „ein Teil vom Waldgebiet wird nach dem Bau auch weg sein.“ Stefan Mangold sorgt sich gleichermaßen um die Fauna. Seltene Amphibien und eine Flusskrebsart seien von dem Projekt bedroht.
„Sollte sich herausstellen, dass es sich um den einheimischen Edelkrebs handelt, wird man untersuchen, wie groß die Population in diesem Gebiet ist“, erklärt Dieter Weisenburger von der Naturschutzbehörde vom Landratsamt Bad Neustadt. Man könne versuchen, den Krebs umzusiedeln.
Ein weiteres Problem besteht im zweiten Bauabschnitt: Die Gemeinde Burglauer sieht vor, in vier bis fünf Jahren mit dem Ausbau des Reichenbachs in der Ortslage und der Erweiterung der anliegenden Neustädter Straße zu beginnen.
Der Gehweg fehlt
Diese Pläne sind nur in Verbindung mit einer bestehenden Rückhaltemaßnahme realisierbar. Der Bach soll von vier auf drei Meter verschmälert werden, damit man die Straße auf eine einheitliche Breite von 5,5 Metern bringen kann. Gleichzeitig soll der Bachlauf um 50 Zentimeter vertieft werden.
Die Bürgerinitiative sieht im Plan einen entscheidenden Mangel. Stefan Mangold: „Der Gehweg fehlt.“ Bisher habe man zwar auch keinen Gehweg, doch der Verkehr sei wegen einer Engstelle gezwungen, abzubremsen. „Auf einer breiteren Straße werden die Autos schneller fahren, ohne Gehweg wäre das für die Fußgänger eine unzumutbare Gefahr“, fürchtet der Sprecher der Bürgerinitiative.
„Auf einer Breite von zehn Metern muss der Bach und die Straße Platz finden“, sagt Detlef Müller vom Ingenieurbüro Alka, „mit einem Gehweg von mindestens 1,5 Metern wäre nur eine Einbahnstraße möglich.“ Entstehen soll jedoch eine Begegnungsstraße, auf der PKW und LKW aneinander vorbei fahren können. Geplant werde deshalb ein gepflasterter Sicherheitsstreifen, der farblich als „Gehweg“ gekennzeichnet werden soll. Dieser hätte eine Breite von 20 bis 80 Zentimetern.
3,2 Millionen Euro kosten beide Bauabschnitte. Trotz der Aussicht auf erhebliche staatliche Zuschüsse beklagt die Bürgerinitiative die Höhe des Kostenaufwands. Keine günstigeren und einfacheren Möglichkeiten für den Hochwasserschutz in Betracht zu ziehen, sei eine herbe Enttäuschung. „Die Gemeinde ist nicht bereit für einen Plan B und strikt gegen Alternativen“, sagt Stefan Mangold. So schlug die Bürgerinitiative ein mobiles Hochwasserschutzsystem vor, welches zu einem kostengünstigeren Preis einsetzbar sei.
Keine Vorwarnzeit
Dazu erklärt Diplom-Ingenieur Müller: „Dieses System fordert eine gewisse Vorwarnzeit, um die Elemente aufzubauen. Bei kurzem Starkregen, der meist für Hochwasser im Reichenbach verantwortlich ist, gibt es aber keine Vorwarnzeit.“
„Wir können den Bau eines Damms mit diesen Ausmaßen schlecht nachvollziehen“, sagt der Sprecher von „Booch und Büschle erhalten“, „in den letzten Jahren war nie so viel Wasser vorhanden!“ Die Bürgerinitiative fordert bei der Planung, nicht von einem „hundertjährlichen Hochwasser“ auszugehen, sondern stattdessen eine kleinere Hochwasserschutzmaßnahme anzustreben. Dann müsse die Gemeinde eben auf die Zuschüsse verzichten und die Kosten alleine bewerkstelligen.
Doch Heinz Perzlmeier vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen warnt: „Bei kleineren Maßnahmen haben die Bürger nur einen vermeintlichen Schutz, sie vergessen schnell die Gefahr, dann ist der Schaden bei einem Hochwasser um so größer!“ Durch die staatlich festgelegten Förderrichtlinien solle ein gleichwertiger Schutz und ein einheitlicher Standard gewährleistet werden.
Man befinde sich momentan in den Grundstücksverhandlungen, so Bürgermeister Kurt Back. Für den Bau des Hochwasserrückhaltebeckens müssten 38 Anlieger ihre privaten Grundstücken verkaufen. Darunter Gartenflächen, Äcker und Waldgrund. Drei Eigentümer sind jedoch nicht zum Verkauf bereit.