Die Einrichtung einer Bank nach indischem Vorbild ganz speziell für Madagaskars Straßenkinder hat sich die 22-jährige Elisabeth Denzel zum Ziel gesetzt, die derzeit ein sechsmonatiges Studienpraktikum in der Hauptstadt Antananarivo absolviert. „Etwa 5000 Mädchen und Jungen soll es in der Millionenmetropole geben, die kein Zuhause oder ein zerrüttetes Elternhaus haben und auf der Straße ums Überleben kämpfen müssen“, weis die junge Frau aus Bad Neustadt, die bereits 2011/12 nach dem Abitur ein freiwilliges Soziales Jahr in einem Waisenhaus auf der viertgrößten Insel der Welt absolvierte.
Gut 300 Straßenkinder werden in dem seit 20 Jahren vom Berliner Verein „Zaza Faly“ (bedeutet auf Malagasy 'Zufriedenes Kind') unterstützten Projekt „Manda“ (Schützende Burg) sozial-medizinisch betreut. Sie werden auf den Schulbesuch vorbereitet, erhalten neben Mahlzeiten Wärme und Zuneigung, können sich waschen „und dürfen einfach Kind sein“. Elisabeth Denzel, die in Coburg im vierten Semester internationale Soziale Arbeit studiert, hat sich zunächst die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse zum Ziel gesetzt, achtet darauf, dass sich die Schützlinge trotz Wassermangel regelmäßig waschen, Zähne putzen und sich ärztlich untersuchen lassen. Die ersten Brocken in der Landessprache kommen der Deutschen schon flott über die Lippen, „ansonsten wird mit Händen und Füssen kommuniziert, was beiden Seiten viel Spaß macht“.
Licht aus Plastikflaschen
Darüber hinaus rührt sie die Werbetrommel für die Aktion „A Liter of Light“, die ihren Siegeszug um den Globus angetreten hat. Eine normale, mit Wasser und einem Bleichmittel gegen Algenwachstum gefüllte Plastikflasche wird kostenfrei in Dächern der Wellblechhütten verankert. Das einfallende Sonnenlicht diffundiert in den Flaschen und gibt ausreichend Licht „wie eine 50 Watt-Birne“ ab, so dass die meist bitterarmen Menschen, die sich aus Geldmangel keinen Stromanschluss leisten können, zumindest tagsüber Licht in ihrer schummrigen Behausung haben.
Und nun sollen die meist wissbegierigen und aufnahmefreudigen Straßenkinder das Sparen lernen. Die Kleinstbeträge, die sie durch Betteln oder Gelegenheitsarbeit erhalten, können sie in dem deutsch-madagassischen Hilfsprojekt auf die hohe Kante legen. Es werden sogar Zinsen gezahlt. Elisabeth Denzel: „Es gibt etliche Kinder, die an die Zukunft denken, Wünsche und Träume entwickeln, die sie verwirklichen möchten.“ Bisher sei es so gewesen, dass sie ihre Einnahmen aus Furcht vor Diebstahl sofort wieder ausgegeben haben. Von jedem der jungen Bankkunden werde ein Lebenslauf gefertigt, ein- bis zwei Mal pro Woche werde das Mini-Geldinstitut geöffnet, das auch Kredite an jene vergeben könne, die eine Ausbildung bei „Manda“ absolviert haben und sich selbstständig machen möchten. Weltweit nutzen bereits 17 000 Kinder eine derartige Bank, Tendenz steigend. Es sei daran gedacht, dass zwei madagassische Straßenkinder und die Bankangestellte (eine Lehrerin des Zentrums) bald nach Indien fliegen, um zu sehen wie das Mutterprojekt entstanden ist und sich dort entwickelt.
Wenn die deutsche Studentin Ende September in ihre 8000 Kilometer entfernte Heimat Weisbach fliegt soll ein Nachfolger die Verwirklichung umsetzen. Elisabeth Denzel wird zwei weitere Semester studieren, bevor es wieder ins Ausland geht. „Dann aber sicher einmal in ein anderes Land.“ Das achte Semester ist dann der Bachelorarbeit vorbehalten. Die auch musikalisch begabte junge Frau kann sich vorstellen, später im Entwicklungshilfebereich beruflich Fuß zu fassen. Sie hat in vergangenen Jahren bereits etliche Praktika absolviert, so in einer Obdachlosen- und Behinderteneinrichtung, in Kindergärten und in Schulen, war in einer Jugendnaturschutzgruppe („Die Wanderratten“) für den Schutz der Umwelt aktiv und auch im Nachbarland Frankreich tätig, um gleichzeitig ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen.
Integrative Schule aufbauen
Als abschließendes Projekt in der Heimat von Pfeffer und Vanille, das ihr am Herzen liegt, hilft sie vor dem Rückflug noch dem Lehrerehepaar Lylie und Julien Razafindratsimba beim Aufbau einer integrativen Schule für Kinder mit und ohne geistiger Behinderung. Die Eheleute, bei deren Tochter Irina Autismus diagnostiziert wurde, mussten vor Jahren am eigenen Leib die Ausgrenzung Behinderter im Schulsystem und die fehlenden pädagogischen Betreuungsmöglichkeiten in Madagaskar erfahren. Sie beschlossen daher mit eigenen Mitteln ein Zentrum mit vier Klassenräumen für rund 25 Mädchen und Jungen zu bauen.