Jeder hat einmal einen längeren Urlaub verdient – auch die Leiterin der Bad Königshöfer Stadtbibliothek Annedore Dietz-Holzheimer. Doch anstatt sie wie in den vergangenen Jahren durch eine Aushilfe zu ersetzen, bleibt die Bücherei in der Frankentherme während ihres Urlaubs geschlossen.
Hintergrund: Anfang des Jahres hatten sich die Stadträte in mehreren Finanzausschuss-Sitzungen vor der Verabschiedung des Haushalts 2015 die Köpfe über mögliche Einsparungen zerbrochen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass die Kommune angesichts ihrer angespannten finanziellen Situation staatliche Stabilisierungshilfen in Anspruch nehmen würde. Und die gibt es nur, wenn die Ausgaben begrenzt und nach Möglichkeiten gesucht wird, zusätzliche Einnahmen zu generieren.
Deshalb leistet nun auch die Stadtbücherei einen „Sparbeitrag“. Auch Bürgermeister Thomas Helbling hatte im Frühjahr dafür gestimmt, die Bibliothek während der Urlaubszeiten der Leiterin zu schließen, was dann im Sommer zum ersten Mal geschah. „Wir müssen in vielen Bereichen versuchen, die Ausgaben für unsere freiwilligen Leistungen zu begrenzen“, so das Stadtoberhaupt vor wenigen Tagen gegenüber der Redaktion.
„Dazu gehört nun einmal die Stadtbücherei.“ Er halte es deshalb für zumutbar, dass die Bibliothek einige Wochen im Jahr geschlossen bleibt, wenn die Leiterin in Urlaub fährt. „Sollte sie wegen Krankheit oder aus anderen Gründen ausfallen, wird es aber eine Vertretung geben“, betont der Rathauschef.
18 Stunden in der Woche hat die Bad Königshöfer Stadtbibliothek normalerweise geöffnet. Dann kommt auch Marianne Hahn von den Stadtsaal-Lichtspielen gerne in die Bücherei, denn sie und ihre Familie schätzen das breit gefächerte Angebot. „Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Stadt ausgerechnet an dieser Stelle spart“, schimpft die Bad Königshöferin. Angesichts der personellen Situation bei der Stadt sollte es doch kein Problem sein, in Urlaubszeiten eine Vertretung für die Betreuung der Bücherei zu finden. „Zwei Wochen am Stück zuzumachen ist jedenfalls unmöglich“, sagt Marianne Hahn. „Da investiert die Stadt auf der einen Seite Jahr für Jahr in eine gut laufende Einrichtung und schließt sie dann auf der anderen Seite wochenlang wieder zu.“
Auch Rudi Dümpert kann sich nicht mir der Sparmaßnahme anfreunden. Etliche Familienmitglieder des pensionierten Schulleiters, allen voran seine Tochter und seine Enkel, nutzen die Stadtbibliothek regelmäßig. „Es ist sehr wichtig, die Kinder für das Lesen zu gewinnen“, sagt Dümpert. Eine Einrichtung wie die Stadtbücherei müsse eine Kurstadt wie Bad Königshofen permanent vorhalten und dürfe sie nicht wochenlang schließen, bloß weil die Leiterin im Urlaub ist. „Es kann doch nicht so kompliziert ein, für diese Zeit eine Vertretung zu stellen.“ Zudem könne er sich nicht vorstellen, dass der Einspareffekt von größerer Bedeutung für den Haushalt der Stadt ist.
„Das sind doch nur Peanuts“
„Das sind doch nur Peanuts“, deutet Dümpert an, dass es für die Stadt Möglichkeiten gibt, an anderer Stelle viel effektiver sparen zu können. Und was meint die Leiterin der Stadtbibliothek? „Ich finde die Schließung bedauerlich für unsere vielen Nutzer“, sagt Annedore Dietz-Holzheimer. „Ich würde mir wie früher eine Vertretung wünschen, wenn ich in Urlaub fahre.“
Die Bibliothek in Zahlen
Um die Stadtbibliothek attraktiv zu halten, investiert die Stadt Bad Königshofen Jahr für Jahr in den Ausbau des Bestands und moderne Techniken. Erst Anfang des Jahres flossen rund 10 000 Euro in eine neue Software und den Etat für Software. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der regelmäßigen Nutzer kontinuierlich gestiegen – nach Aussage von Leiterin Annedore Dietz-Holzheimer um mehr als das Doppelte auf aktuell rund 800. Insgesamt stehen 15129 Medien zur Verfügung. Die Zahl der Ausleihen lag Ende 2014 bei 42 150, darunter Kinder- und Jugendbücher (16 847), Schöne Literatur (11 962), Sachbücher und Zeitschriften (6759) und so genannte Non-Book-Medien (6582).
Zu den in der Stadtbücherei durchgeführten Veranstaltungen gehören neben saisonalen Buchpräsentationen Aktionen im Rahmen des Ferienprogrammes, Führungen mit Lesungen für Kindergartenkinder oder Schulklassen. Angeboten werden auch Projekttage zur Leseförderung.