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Schonungen: 50 Jahre nach der Seligsprechung: Liborius Wagner und Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext

Schonungen

50 Jahre nach der Seligsprechung: Liborius Wagner und Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext

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    Liborius Wagner als Patron des Pastoralen Raumes Schweinfurter Oberland auf einem Plakat an den Hauptkirchen dieser Seelsorgeeinheit. Foto entstand an der Pfarrkirche Stadtlauringen.
    Liborius Wagner als Patron des Pastoralen Raumes Schweinfurter Oberland auf einem Plakat an den Hauptkirchen dieser Seelsorgeeinheit. Foto entstand an der Pfarrkirche Stadtlauringen. Foto:  Eugen Daigeler

    Ist Liborius Wagner wirklich ein ökumenischer Seliger? Und in welchem Zusammenhang steht der vor 50 Jahren selig gesprochene Priester von Altenmünster mit Schloss Mainberg? Letzteres lässt sich zweifelsfrei beantworten. Liborius Wagner wurde fünf Tage lang auf Schloss Mainberg gefangen gehalten, gefoltert und dann ermordet. Die Deutung Wagners als Pionier der Glaubens- und Meinungsfreiheit indes ist nicht unumstritten. Der emeritierte Kirchenhistoriker Professor Dr. Wolfgang Weiß zumindest mahnt, jede anachronistische Annäherung an diesen zu vermeiden.

    Wie passt überhaupt ein lutherisch aufgewachsener Mann, der zum römisch-katholischen Glauben konvertierte, die Priesterweihe erhielt und dann als Pfarrer von Altenmünster in den Wirren des 30-jährigen Krieges grausam ermordet wurde, noch in die heutige Zeit? Diese Frage stellte sich Diakon Michael Wahler schon als junger Student. Aus Anlass des 50. Jubiläums der Seligsprechung Wagners in diesem Jahr hielt er nun auf Einladung der Kulturbühne Alte Kirche Schonung einen Vortrag über "Liborius Wagner und das Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext", in dem er besonders die ökumenischen Aspekte unter Berücksichtigung des sogenannten "Briefes aus Craheim" beleuchtete.

    Auf Einladung der Kulturbühne Alte Kirche hielt Diakon Michael Wahler einen Vortrag über Liborius Wagner und Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext.
    Auf Einladung der Kulturbühne Alte Kirche hielt Diakon Michael Wahler einen Vortrag über Liborius Wagner und Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext. Foto: Irene spiegel

    Vorsitzende Renate Blenk begrüßte vor allem Geschichtsinteressierte in der Alten Kirche. Unter ihnen Kreisheimatpfleger Guido Spahn und als Vertreter des Fördervereins Schloss Mainberg, zweiter Vorsitzender Thomas Horling sowie Schatzmeisterin Daniela Harbeck-Barthel. Trotz des interessanten Themas waren viele Stühle im Zuhörerraum leer geblieben. 

    Protestantisch aufgewachsen und zum katholischen Glauben konvertiert

    Liborius Wagner wurde am 5. Dezember 1593 als Sohn strenggläubig evangelischer Eltern im thüringischen Mühlhausen geboren. Von 1613 bis 1619 studierte er in Leipzig, Gotha und Straßburg die Freien Künste und erwarb den Magistergrad. Weil er keine Lehrerstelle in Mühlhausen fand, ging er 1622 nach Würzburg, nahm ein Theologiestudium auf und konvertierte 1623 zur römisch-katholischen Kirche. 1625 empfing er die Priesterweihe. Nach etwa einem Jahr als Kaplan in Hardheim im Odenwald wurde Wagner 1626 Pfarrer in Altenmünster mit der Filialkirche Sulzdorf.

    Es war eine Zeit, in der es selten religiöse Toleranz gab. Die Reformation durch Martin Luther hatte das Land konfessionell gespalten. Die Bewohnerinnen und Bewohner eines Ortes mussten sich nach der Religionszugehörigkeit ihres Landesherrn richten. Gerade im kleinteiligen Unterfranken, besonders in den oft winzigen Rittergütern östlich von Schweinfurt, entwickelten sich wegen mehrerer Herrschaften in einem Ort auch konfessionell verschieden geprägte Familien. 

    Das kleine Altenmünster unterstand damals dem lutherischen Reichsritter Philipp Albrecht Truchseß von Wetzhausen und war somit fast vollständig protestantisch. Die zur Pfarrei Altenmünster gehörende Filiale Sulzdorf dagegen war rein katholisch geprägt.

    Gebeine ruhen in Pfarrkirche Heidenfeld

    Liborius Wagner bemühte sich um den Ausgleich der Konfessionen. Für Konflikte sorgte vor allem der Umstand, dass sich nach weltlichem Recht auch die evangelischen Dorfbewohner vom katholischen Pfarrer taufen, trauen und beerdigen lassen mussten. Nach dem Kirchenrecht durften Andersgläubige aber nicht in geweihter Erde begraben werden. Ein Dilemma für Wagner. "Er wollte sicherlich seine Pfarrangehörigen zum katholischen Glauben zurückführen", meint der Referent, aber "nie mit Gewalt, sondern mit Überzeugung." 

    Als im Dreißigjährigen Krieg 1631 die Armee des protestantischen Schwedenkönigs Gustav Adolf ins Bistum Würzburg einfiel, flüchtete Wagner ins nahegelegene Reichmannshausen. Protestantische Soldaten nahmen ihn fest und brachten ihn auf Schloss Mainberg. Dort versuchte man ihn fünf Tage lang unter schwerster Folter vom katholischen Glauben abzubringen. Vergeblich. Am 9. Dezember 1631 wurde Wagner getötet. Seinen Leichnam warf man nackt in den Main. Erst nach mehreren Monaten wurde er von Fischern geborgen. Seine Gebeine ruhen heute in der Pfarrkirche von Heidenfeld. Am 24. März 1974 wurde Wagner im Petersdom in Rom von Papst Paul VI. seliggesprochen.

    Auf Einladung der Vorsitzenden der Kulturbühne Alte Kirche Schonungen, Renate Blenk (Mitte), hielt Diakon Michael Wahler (rechts) einen Vortrag über Liborius Wagner und Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext. Thomas Horling vertrat als 2. Vorsitzender den Förderverein Schloss Mainberg.
    Auf Einladung der Vorsitzenden der Kulturbühne Alte Kirche Schonungen, Renate Blenk (Mitte), hielt Diakon Michael Wahler (rechts) einen Vortrag über Liborius Wagner und Schloss Mainberg im ökumenischen Kontext. Thomas Horling vertrat als 2. Vorsitzender den Förderverein Schloss Mainberg. Foto: Irene spiegel

    Anlässlich der Seligsprechung wurde auch der "Brief aus Craheim" geschrieben. Entstanden ist er im Schloss Craheim, das seit 1968 das "Lebenszentrum für die Einheit der Christen" mit einer ökumenischen Gemeinschaft beherbergt. Die Verfasser betonen, dass Liborius Wagner ein Opfer der Kirchenspaltung war und dass er nicht noch einmal ein Anlass zur Entzweiung werden dürfe. Der Brief bezeichnet den Konvertiten Wagner auch als "Vorboten der Ökumene". Unabhängig von seiner römisch-katholischen Seligsprechung gehöre er der ganzen Christenheit, weil er ein Vorbild für lebendigen Glauben und Gewissenstreue gegeben habe.

    War Liborius Wagner ein ökumenischer Seliger

    Im Gegensatz zum "Brief aus Craheim" hat sich der Landeskirchenrat der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern recht kritisch mit der Seligsprechung Wagners befasst und befürchtet, dass damit eine "Versteifung der interkonfessionellen Beziehungen" eintreten könnte. Auch der fränkische Kirchengeschichtler Dr. Wolfgang Weiß ist skeptisch gegen eine Deutung von Liborius Wagner als Pionier der Glaubens- und Meinungsfreiheit. "Im Kontext seiner Zeit war religiöse Toleranz keine Tugend, höchstens ein politisches Zugeständnis für einen unvermeidlichen Ausnahmefall", sagte er bei einem Vortrag im Kloster Heidenfeld anlässlich des 50. Jübiläums der Seligsprechung. Es sei abwegig, in Wagner einen Kämpfer seiner Zeit für religiöse Toleranz, Glaubens- und Meinungsfreiheit zu sehen.

    Zu einer anderen Bewertung kommt hingegen der heutige Pfarrer von Altenmünster und Nachfolger von Liborius Wagner, Eugen Daigeler. In seinem Gebetsbuch "Gelebte Treue" spricht er davon, dass im Leben des Seligen "das urchristliche Geheimnis der Erlösung aufleuchtet". 

    Und was sagt der Referent? Für Diakon Michael Wahler lässt sich nicht eindeutig beantworten, ob Liborius Wagner ein "ökumenischer Seliger" war. Unabhängig davon sei es aber gerade eine Aufgabe unserer Zeit, sich um ökumenische Zusammenarbeit zu kümmern.

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