Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadt Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

SCHWEINFURT: 50 Jahre SKF-Hochhaus

SCHWEINFURT

50 Jahre SKF-Hochhaus

    • |
    • |
    50 Jahre SKF-Hochhaus
    50 Jahre SKF-Hochhaus

    Die DDR lief noch unter der Bezeichnung „Ostzone“, in Vietnam tobte ein blutiger Krieg. In Tokio wetteiferten die Athleten um olympisches Gold, und in Paris lehnte ein gewisser Jean-Paul Sartre den Nobelpreis ab. Doch für 122 Familien in Schweinfurt sind Sommer und Herbst 1964 vermutlich eher mit einem ganz anderen Ereignis verknüpft: Auf dem Steinberg hoch über der Stadt war ein spektakuläres Hochhaus entstanden – frei stand es in der Wiese am Waldrand, 280 Meter über dem Meeresspiegel und seinerseits 73,55 Meter hoch. Je nach Einschätzung des Berichterstatters war es das größte Wohnhaus Süddeutschlands oder gar das größte Deutschlands.

    Ab Ende September zogen die ersten Bewohner ein, am 23. war dann die große Schlüsselübergabe mit Oberbürgermeister Georg Wichtermann und Konsul Gunnar Wester, Vorsitzender der SKF-Geschäftsführung. Denn es war die SKF, die den 25-stöckigen Bau – die Presse sprach ehrfürchtig von einem „Wolkenkratzer“ oder schlicht vom „Hohen Haus“ – im Rahmen ihres werksgeförderten sozialen Wohnungsbaus für ihre Werksangehörigen hochgezogen hatte. Bis heute sprechen die Menschen in Schweinfurt vom SKF-Hochhaus.

    Tagblatt und Volkszeitung berichteten vorab immer wieder über das Projekt – schließlich sollte unter der Ägide der SKF um das Hochhaus herum ein komplett neues Stadtviertel entstehen. Am 14. Mai 1964 etwa war von den Arbeiten an der Straßenbrücke über die Deutschhöfer Straße zu lesen. Die Verlängerung der Segnitzstraße über den Taleinschnitt hinweg in die Harald-Hamberg-Straße sollte am 1. Oktober für den Verkehr freigegeben werden. Die Verkehrsbetriebe planten für den Winterfahrplan schon die neue Linie Hochfeld/Steinberg, die direkt zum Hochhaus fahren sollte. Aber schon zwei Wochen später, am 30. Mai, bezweifelte Oberbaurat Günter Lüdke im Tagblatt, dass die Brücke bis November fertig werden könnte.

    Das Hochhaus selbst allerdings war termingerecht bezugsfertig. Es kostete sechs Millionen D-Mark, die Voranschläge wurden kaum überschritten. 375 Stahl und 7135 Kubikmeter Beton wurden verbaut. Das Hochhaus hat 807 Fenster und 1090 Türen. Die 10 200 Quadratmeter Wohnfläche sind unterteilt in 49 Zwei-, 51 Drei- und 23-Vierzimmer-Wohnungen. Der Bau ruht auf einer 80 Zentimeter starken und 960 Quadratmeter großen Stahlbetonplatte, die 2,5 bis 3 Meter über den Grundriss hinausragt – dadurch sei die Belastung des Bodens nicht größer als bei einem zwei- oder dreistöckigen Wohnhaus, lobte die Volkszeitung.

    Am 30. September durfte das erste junge Paar in den 13. Stock einziehen – „die Dreizehn ist für uns eine Glückszahl“, werden die beiden zitiert. In den folgenden vier Wochen zogen dann die restlichen 121 Familien – 400 Menschen etwa – nach einem strengen Terminplan ein: „Die Aufzüge werden in den nächsten 30 Tagen allerdings nicht mehr zur Ruhe kommen und fast heißlaufen“, prophezeite am 2. Oktober das Tagblatt. „Denn jeder Mieter muss innerhalb zwei Stunden seine Habe nach oben schaffen, dann ist laut Plan der nächste dran, und es könnte passieren, dass der Rest von den Möbelpackern 20 Treppen hochgetragen werden muss.“ Solche Härterfälle sind allerdings nicht überliefert: „Vielfach sind es junge Ehepaare, die alles neu anschaffen und zunächst ohne Möbel einziehen.“

    Schnell war von Schweinfurts schönster Wohnlage die Rede. „Der Rundblick von der Aussichtsterrasse ist so überwältigend, dass gestern einige Gäste spontan ausriefen: wer hier wohnt, braucht nicht mehr in Urlaub zu fahren“, stand im Tagblatt. Auch die Volkszeitung hielt mit ihrer Begeisterung nicht hinter dem Berg und zitierte Architekt Otto Traber – „der geniale Schöpfer der SKF-Wohnhochhäuser“ –, der darauf hinwies, dass man bei der Planung „an eine mäßige, tragbare Miete und damit auch an einen bestimmten Gesamtaufwand gebunden“ gewesen sei.

    Was die Planer allerdings nicht daran hinderte, das Hochhaus mit allen modernen Annehmlichkeiten auszustatten: Es gibt drei „Selbstfahreraufzüge“ für sechs, acht und zehn Personen, einer davon nutzbar als Lastenaufzug. Jede Wohnung hat Zentralheizung und fließend Warmwasser. Und: Die Planer achteten auf Ästhetik. Um das Haus auf so exponiertem Standpunkt schlanker und eleganter wirken zu lassen, stockten sie die geplanten 17 Stockwerke kurzerhand auf 25 auf.

    Der Bedarf an Wohnraum war nach wie vor groß, weswegen hier oben am Rande der Stadt noch rund 240 weitere Wohnungen entstehen sollten. Die Anfragen für das Hochhaus überstiegen das Angebot erheblich. Ein klein wenig unheimlich mochten derlei moderne Wohnformen allerdings noch auf den einen oder anderen gewirkt haben. Konsul Gunnar Wester jedenfalls mahnte: „Mögen Mensch und hochentwickelte Technik in diesem zukunftsweisenden Hochhaus eine harmonische Verbindung eingehen. Begriffe wie Menschlichkeit und Nachbarschaft sollen trotz der Technik ihren guten Klang behalten!“

    Vielleicht auch deshalb initiierte die SKF mit einer Spende ein Projekt ganz anderer Art, das man heute vielleicht eine Ausgleichsmaßnahme nennen würde: Der Konzert stellte 100 000 Mark bereit, um einen vier Hektar großen Waldspielplatz zu errichten, „der mit allen denkbaren Anlagen und Spielstätten ausgestattet wird“, so die Volkszeitung.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden