Einen Ortsverband der Arbeiterwohlfahrt gibt es in Gerolzhofen schon seit über 40 Jahren. Nun wird der Bezirksverband des Wohlfahrtsverbands auch institutionell in der Stadt tätig. In der Grabenstraße 21 soll eine Tagespflege mit 15 Plätzen entstehen.
Über Näheres zu den Plänen sprach Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Senioren und Rehabilitation beim AWO-Bezirksverband, mit dieser Redaktion. Die Gerolzhöferin ist gleichzeitig auch Vorsitzende des Ortsvereins.
„Viele Senioren haben das Problem, dass sie ihre Angehörigen nicht stationär unterbringen wollen, aber mit der häuslichen Pflege überlastet sind“, nennt Hahn einen Grund, in Gerolzhofen aktiv zu werden. Das gilt besonders, wenn die Kinder und Schwiegerkinder zur Arbeit gehen. Zudem bestehe bei vielen Senioren selbst eine Aversion gegen das Altenheim.
Bewusst mitten in der Stadt
Für ihre Tagespflege hat sich die AWO bewusst für Räumlichkeiten mitten in der Stadt entschieden. Der Weg zum Marktplatz, um mal einen Kaffee zu trinken, sei kurz. Auch der Kindergarten St. Martin und die Grundschule liegen nahe am Haus. Vorgespräche über eine Kooperation mit beiden laufen laut Ulrike Hahn bereits.
Das Besondere an der neuen Einrichtung: Die Angehörigen müssen einen Senioren nicht mehr morgens zur Tagespflege bringen und abends wieder abholen. „Es muss nicht sein, dass eine 75-Jährige einen 85-Jährigen zur Pflegeeinrichtung fährt“, sagt Ulrike Hahn. Dafür gibt es einen Fahrdienst. Mehr noch: Wer will, dass ein Senior daheim abholbereit fertig gemacht wird, kann das über den Ambulanten Dienst der AWO ordern. Natürlich ist es nach wie vor möglich, den Angehörigen selbst zu bringen. Genügend Parkplätze vor und nahe am Haus gibt es jedenfalls, auch das ein Grund für die Standtortwahl.
Die Einrichtung soll von Montag bis Freitag um 7.30 Uhr öffnen und um 17 Uhr schließen. Falls genügend Bedarf besteht, könnte die Tagespflege auch an Wochenenden ihre Dienste anbieten, erklärt Ulrike Hahn, die selbst die Idee zu dieser Einrichtung hatte.
Dass die AWO in Gerolzhofen kein Experiment starten, sondern sich langfristig in der Stadt etablieren will, zeigt der Pachtvertrag für die Liegenschaft mit einer Laufzeit von 25 Jahren. Hahn: „Wir wollen uns auch in Gerolzhofen dauerhaft präsentieren.“
Gemeinsames Frühstück
Wie soll nun ein Tag in der ambulanten Pflegeeinrichtung aussehen? Nach der Ankunft der Bewohner wird gemeinsam gefrühstückt. Dann können sie entweder Zeitung lesen oder sich vorlesen lassen. Wer Lust hat, kann beim Kochen mithelfen, denn das Mittagessen wird im Haus zubereitet.
Nach dem Essen ist Zeit für Ruhe oder für einen Gang nach draußen auf die Terrasse. Mit Kaffee und Kuchen endet der Tag. Für die fachliche Betreuung stellt die AWO 2,5 bis drei Vollzeitstellen, die sich auf sechs bis acht Mitarbeiter verteilen, darunter zwei Krankenschwestern, eine Altenpflegerin und hauswirtschaftliche Mitarbeiter.
Darüber hinaus sucht die AWO noch Ehrenamtliche zum Schieben von Rollstühlen oder Vorlesen. Das könnte ein Betätigungsfeld für den AWO-Ortsverein oder für die Nachbarschaftshilfe sein, stellt sich Ulrike Hahn vor. Das Haus soll jedenfalls ein Haus ohne Berührungsängste werden. Die Bewohner sollen möglichst viel Kontakt zur Außenwelt haben.
Mit der Tagespflege wird ein Leerstand in der Grabenstraße verschwinden. Zuletzt war dort noch ein Geschäft für Autotuning untergebracht, das aber an den Lohmühlernweg umsiedelte. Nun wird dort die AWO investieren. Die Kosten für Umbau, Ausstattung und Fahrzeuge schätzt Ulrike Hahn auf etwa 100 000 Euro. Nicht dabei sind hier Miet- und Personalkosten.
Die Ausstattung wird im Wesentlichen aus Küche und Wohnzimmereinrichtung bestehen. Dazu kommen Räume für Schulungen sowohl des eigenen Personals als auch für die Beratung pflegender Angehöriger. Auch an Räume für Physiotherapie oder Fußpflege wurde gedacht. Es gibt zudem die Gelegenheit, ein Bad zu nehmen, falls das zuhause nicht möglich ist.
Die momentan noch bestehenden großen Schaufenster werden verkleinert, so dass die Senioren zwar einen guten Blick nach außen haben, selbst aber nicht wie im Schaufenster ausgestellt sind.
Politisch gewollt
Im Erdgeschoss hat die AWO rund 200 Quadratmeter, im Untergeschoss noch einmal 130 Quadratmeter zur Verfügung. Schon am 1. Juli soll die Einrichtungen ihre Pforten öffnen.
Am Ende weist die AWO-Vertreterin auch klar darauf hin, dass derartige ambulante Pflegeeinrichtungen politisch gewollt sind. „Die Politik zielt auf die Ambulantisierung der Pflege.“ Menschen bis zum zweiten der jetzt fünf Pflegegrade werden künftig kaum noch einen stationären Platz im Altenheim bekommen, schätzt Ulrike Hahn.