Einander zuhören – Miteinander reden – gemeinsame Lösungsansätze besprechen. Auf diese, wenn auch vereinfachte Formel, lässt sich das Anliegen eines ganztägigen Bürgerworkshops reduzieren, der unlängst im Kolping Bildungszentrum in Schweinfurt stattfand.
Der Bürgerworkshop – eine wichtige Wegmarke und Teil eines ambitionierten Projektes, dem sich die Stadt Schweinfurt verschrieben hat. In diesem und im kommenden Jahr wird ein Aktionsplan „Barrierefreies Schweinfurt 2025“ erarbeitet, der am Ende des Weges dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt wird.
Im Fokus stehen dabei die Belange älterer Menschen und die von Mitbürgern mit Einschränkungen physischer und psychischer Art. Ein Projekt, das einerseits die Teilhabeplanung für Menschen mit Behinderung umfasst und andererseits das Seniorenpolitische Gesamtkonzept der Stadt aus dem Jahr 2012 fortschreibt.
Gemeinsamer Aktionsplan für Senioren und Menschen mit Behinderung
Vor dem Hintergrund, dass sich seit der Erstellung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes einige Veränderungen ergeben haben und auch wegen der sich teilweise überschneidenden Lebenslagen (Zum Beispiel die eingeschränkte Mobilität) wurde entschieden, in einem gemeinsamen Aktionsplan die Belange von Senioren und von Menschen mit Behinderung zusammenzuführen.
Das Bürgerforum war also die ideale Möglichkeit für die Betroffenen all dies kundzutun, was in diesen Aktionsplan einfließen sollte. Rund 70 Bürger nahmen teil. „Wir wollten den Menschen das Gefühl geben, dass wir nicht über ihre Köpfe hinweg planen“, so Corinna Büttner, im Schweinfurter Rathaus Leiterin des Amtes für soziale Leistungen. Dabei habe man durchaus voneinander gelernt, denn alleine mit Barrierefreiheit ist es nicht getan, betont auch Sozialreferent Jürgen Montag.
Leichte Sprache für leichte Verständlichkeit
Der Klassiker, das Absenken von Bordsteinen, ist die eine Seite. Zu beachten gibt es dennoch so viel mehr. Wie geht es beispielsweise Menschen die nichts hören oder blind sind, wie kann man Menschen die psychisch beeinträchtigt sind, mehr Teilhabe ermöglichen? Oft ist es die komplizierte Sprache, von „Behördendeutsch“ ist hier noch gar nicht die Rede, die Teilhabe schwer macht.
Dafür gibt es eine speziell geregelte Ausdrucksweise, die „leichte Sprache“ die Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen über eine geringe Kompetenz in der deutschen Sprache verfügen, das Verstehen von Texten erleichtern soll. Auch das ist im weitesten Sinne Barrierefreiheit. Seit 2006 gibt es dazu ein Regelwerk für die „leichte Sprache“. Eine Arbeitsgruppe beim Bürgerforum führte die Dialoge in einfacher Sprache
Sieben Handlungsfelder für mehr Teilhabe
Zuhören, die Anliegen der Menschen ernst nehmen und Wege aus der Isolation finden. Das lässt sich nicht alles im Rahmen eines Bürgerworkshops lösen, da ist „auch der Weg ein stückweit das Ziel“, so Corina Büttner.
Um diesen Weg gemeinsam gehen zu können, galt und gilt es möglichst viel über die Lebenswelten der Betroffenen zu erfahren. Deren Realität wird auf der Basis von sieben Handlungsfeldern beleuchtet. Wohnsituation, Bildung und Erziehung, die gesellschaftliche und soziale Teilhabe (Sport, Kultur, Freizeit), die Mobilität oder die Einbindung in die Orts- und Entwicklungsplanung sind nur einige Themen, von denen man sich neue Erkenntnisse für den Aktionsplan erhofft.
Dafür werden nicht nur die Beiträge des Bürgerworkshops ausgewertet. An 3000 Senioren wurden Fragebögen versandt. Auch viele Menschen mit Behinderungen werden noch vor der Sommerpause einen Fragebogen erhalten. Eine gute Idee ist auch das Barriere-Tagebuch dass es in gedruckter Form gibt, dass aber auch ausgefüllt werden kann.
Unterschiedliche Situationen in den Stadtteilen
Wichtig, so Corina Büttner sei auch die Ergebnisse auf die einzelnen Quartiere, sprich Stadtteile „herunterzubrechen“, da sich mit zunehmendem Lebensalter auch der Bewegungsradius der Menschen verkleinere. So könne die Lebensqualität im Hinblick auf zum Beispiel die ärztliche Versorgung oder die Einkaufsmöglichkeiten am Bergl eine ganz andere sein als vielleicht in Oberndorf.
Das Feedback der Teilnehmer am Bürgerforum sei durchweg positiv gewesen, so Corina Büttner. Von dem Aktionsplan, der wenn er fertig ist, konkrete Maßnahmen zur Verbesserung von älteren beziehungsweise behinderten Menschen beinhalten wird, erhoffen sich Beiräte und Verwaltung auch einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs mit dem Ziel, den Menschen eine verbesserte Teilhabe am Leben zu ermöglichen. Barrierefreiheit, so eine Erkenntnis des Tages, geht letztlich jeden etwas an. Der eine schafft Barrieren, dem anderen stehen sie im Weg, gemeinsam lassen sie sich aus der Welt schaffen.