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Gerolzhofen: Der Wald verändert sein Gesicht

Gerolzhofen

Der Wald verändert sein Gesicht

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    Jonas Bäuerlein ist momentan mit seinem mächtigen Harvester dabei, im Gerolzhöfer Stadtwald Mahlholz abgestorbene Bäume zu fällen. Das Gebiet ist auch in der kommenden Woche aus Sicherheitsgründen noch gesperrt.
    Jonas Bäuerlein ist momentan mit seinem mächtigen Harvester dabei, im Gerolzhöfer Stadtwald Mahlholz abgestorbene Bäume zu fällen. Das Gebiet ist auch in der kommenden Woche aus Sicherheitsgründen noch gesperrt. Foto: Klaus Vogt

    Wenn die derzeit laufenden Baumfäll-Arbeiten im Stadtwald "Mahlholz" beendet sind und die Benutzung des Trimm-Dich-Pfads wieder gefahrlos möglich sein wird, werden sich Spaziergänger und Jogger vermutlich die Augen reiben: Das Gesicht des Waldes hat sich deutlich verändert.  Es sind mehrere Freiflächen entstanden.

    Der neue Stadtförster Jochen Schenk war in dieser Woche mit den Vorschulkindern des Waldkindergartens und ihrer Erzieherin Ulli Hillebrand im Mahlholz unterwegs. Er möchte den Buben und Mädchen vor Ort zeigen, was sich in den vergangenen Tagen in unmittelbarer Nähe des Waldkindergartens getan hat. Seit Tagen schon haben die Kinder den Lärm der Motorsägen und der Harvester-Maschinen im Wald gehört. Nun gibt es den Ortstermin.   

    Verdurstete Kiefern

    Auf dem derzeit abgesperrten Schotterweg oberhalb des Waldkindergartens wartet schon Jonas Bäuerlein vom gleichnamigen Forstbetrieb aus Wustviel mit seinem mächtigen Harvester auf die Kinder. Direkt neben dem Weg stehen mehrere hohe Kiefern, deren abgestorbene Kronen vor dem Grün der übrigen Bäume deutlich sichtbar sind. "Diese Bäume sind leider verdurstet", sagt Jochen Schenk. Die Kinder schauen betroffen. Obwohl Kiefern eigentlich Tiefwurzler sind, haben sie den Stress der großen Hitze im Sommer nicht überstanden. "Die Hitze-Spitze war zu extrem", sagt der Förster. Hinzu kommen noch ein Befall mit Pilzen und Misteln. "Das war in der Summe zu viel."

    Direkt neben dem Trimmpfad im Mahlholz: Zahlreiche Fichten sind durch die Hitze und den Schädlingsbefall abgestorben.
    Direkt neben dem Trimmpfad im Mahlholz: Zahlreiche Fichten sind durch die Hitze und den Schädlingsbefall abgestorben. Foto: Klaus Vogt

    Aus Sicherheitsgründen müssen die toten Kiefern jetzt entfernt werden, weil sie sonst eine Gefahr für Waldbesucher auf dem Weg darstellen können. Andere tote Kiefern mitten im Wald, weit weg von Wegen, werden laut Jochen Schenk nicht gefällt, sondern bleiben stehen. Das Totholz wird von Vögeln, Insekten und Pilzen neu besiedelt und trägt zur ökologischen Vielfalt des Waldes bei. 

    Baumkrone bleibt liegen

    Jonas Bäuerlein startet seinen Holzvollernter und bringt ihn in Stellung. Der Greifarm der Maschine packt eine Kiefer am Stamm, während der Nadelbaum unten abgesägt wird. Dann lässt Bäuerlein den Baum punktgenau zwischen benachbarten Bäumen langsam zu Boden gleiten. Nun geht alles beeindruckend schnell: Der Stamm wird von der Maschine in Windeseile entastet und dann am Wegesrand in mehrere vier, fünf Meter große Stücke zersägt. Die Baumkrone bleibt dort liegen, wo die Kiefer einst stand.  Dann ist schon die nächste Baumleiche dran.

    Besonders auf der Anhöhe mitten im Mahlholz, ziemlich genau zwischen den beiden Schotterstraßen, haben die Waldarbeiter bereits zahlreiche Fichten gefällt. Notgedrungen. Die extreme Trockenheit und Schädlingsbefall ließen keine andere Möglichkeit zu. Dort, wo das Schild des Naturlehrpfads einst Informationen zur Baumart Fichte bereithielt, stehen jetzt keine Fichten mehr. Es ist eine Freifläche entstanden, der Wald wirkt dadurch im Gegensatz zu früher ungewohnt hell. "Aber Licht bedeutet auch Leben", sagt Schenk. Dort wird neuer Wald nachwachsen.

    Ein trauriges Bild

    Schräg gegenüber dieser neuen Lichtung, in der Nähe der Trimm-Station, wo man mit Split gefüllte Eimer hochziehen kann, waren die Waldarbeiter noch nicht am Werk. Dort stehen über ein Dutzend hohe Fichten. Wenn man hoch zu den Baumwipfeln blickt, erkennt man, dass die Kronen alle braun sind. Die Bäume sind tot. Sie sind den Borkenkäfern zum Opfer gefallen. Ein trauriges Bild.

    Mitten im Mahlholz sind durch die Baumfällungen jetzt Lichtungen entstanden.
    Mitten im Mahlholz sind durch die Baumfällungen jetzt Lichtungen entstanden. Foto: Klaus Vogt

    Jochen Schenk führt die Kinder an Brombeersträuchern vorbei zu der toten Baumgruppe. Er nimmt eine Art Machete und schält damit von einer der Fichten einen Streifen Rinde ab. Man sieht sofort stecknadelkopfgroße schwarze Käferchen, die versuchen zu flüchten.  Schenk fängt einige Exemplare mit spitzen Fingern ein und legt sie in eine mitgebrachte Becherlupe. "Das sind Buchdrucker", erklärt der Förster und zeigt am entrindeten Baum und an der Innenseite der Rinde dann auch die charakteristischen Spuren der Gänge, wo die Borkenkäfer sich schon durchgefressen und ihre Eier abgelegt haben. Das Muster erinnert an Buchseiten.

    Direkt unter der Rinde der Fichten wimmelt es von Buchdrucker-Käfern.
    Direkt unter der Rinde der Fichten wimmelt es von Buchdrucker-Käfern. Foto: Klaus Vogt

    Durch den Käferbefall wird der Nährstoff- und Wassertransport des Baums im Kambium unterbrochen. "Er hat dann keine Chance zum Überleben", erklärt der Förster. Es gibt zwei Faktoren, die die Ausbreitung der Borkenkäfer begünstigen. Da ist zum einen die Trockenheit, zum anderen die Wärme. In den zurückliegenden Jahren hat sich die Summe des fehlenden Niederschlags im Vergleich zum früheren langjährigen Durchschnitt auf mehrere Hundert Liter pro Quadratmeter aufsummiert. Auch der von den Meteorologen schon Ende vergangener Woche angekündigte Wetterumschwung mit angeblich langsam ziehenden Tiefs und ergiebigen Regenfällen brachte im Raum Gerolzhofen bis jetzt - Stand Freitagvormittag - nicht die dringend benötigten Regenmengen. Nicht einmal 20 läppische Liter wurden in der gesamten Woche in Gerolzhofen gemessen.

    Weiterhin zu trocken

    Der jüngste Regen hat im Wald auch kaum den Boden erreicht. "Höchstens ein Zentimeter ist feucht", sagt Förster Schenk. Darunter sei der Boden nach wie vor knochentrocken. Bei dieser Trockenheit haben besonders die Fichten einen schweren Stand, weil ihre Wurzeln nicht tief ins Erdreich führen, sondern eher an der Oberfläche einen Teller ausformen. Und bei den durch die Trockenheit gestressten Fichten haben die Buchdrucker jetzt leichtes Spiel: Die Bäume sondern bei Wassermangel nicht mehr genügend Harz ab, um den Angreifer zu verkleben.

    Der andere Faktor, der den auf Fichten spezialisierten Buchdrucker sich explosionsartig vermehren lässt, war die trockene Wärme des Sommers. Bei heißem und trockenem Wetter vermehren sich die Insekten schneller: Statt der üblichen zwei Generationen pro Jahr schlüpft und fliegt dann sogar eine dritte Welle. "Ein Weibchen hat jedesmal rund 8000 Nachkommen", erklärt Jochen Schenk den Kindern. Davon sind es im Schnitt dann 4000 Weibchen, die sich wieder vermehren. Über drei Generationen kann ein einziges Weibchen in einem warmen Jahr letztlich also 100 000 Nachkommen bekommen. Deshalb ist es wichtig und vordringlich, die vom Buchdrucker befallene Bäume zu fällen und aus dem Wald zu schaffen, bevor die nächste Generation als Käfer ausfliegt und neue Fichten befällt.

    Stadtförster Jochen Schenk mit Hund Max führte die Vorschulkinder des Waldkindergartens durch das Mahlholz. Links die Kindergartenleiterin Ulli Hillebrand.
    Stadtförster Jochen Schenk mit Hund Max führte die Vorschulkinder des Waldkindergartens durch das Mahlholz. Links die Kindergartenleiterin Ulli Hillebrand. Foto: Klaus Vogt

    Pilz schwächt Eschen

    Tote Kiefern, tote Fichten - das Drama im Mahlholz ist damit noch nicht zu Ende. Denn jetzt werden auch immer mehr die Eschen krank. Ein Pilz aus Ostasien (Hymenoscyphus pseudoalbidus), vermutlich mit importierten Baumpflänzchen eingeschleppt, befällt flächendeckend den Eschenbestand. Die Verbreitung der Pilzsporen erfolgt durch die Luft, einen Schutz benachbarter Bäume gibt es also nicht. Seit dem Erstnachweis im Freistaat vor knapp zehn Jahren hat sich die Baumkrankheit explosionsartig ausgebreitet. Junge Bäume sterben durch den Pilzbefall ab, alte Bäume werden so sehr geschwächt, dass sie für Schädlinge und Wetterextreme anfällig werden. Die Dürre in den vergangenen 24 Monaten und der Eschenbastkäfer geben den Eschen jetzt den Gnadenstoß.

    "Wir sind noch gar nicht zum Fällen der Eschen gekommen", berichtet Förster Jochen Schenk. Die Aufarbeitung der abgestorbenen Kiefern und Fichten hat viel mehr Zeit in Anspruch genommen als geplant. Bis jetzt mussten bei den beiden Nadelholzarten bereits rund 1200 Festmeter alleine im Mahholz gefällt werden. "Und in der kommenden Woche werden wir dann die Eschen abarbeiten." Schenk schätzt, dass dann die Holzmenge auf über 1500 Festmeter ansteigen wird. 

    Der Wald verändert sein Gesicht.

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