Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Gerolzhofen
Icon Pfeil nach unten

DINGOLSHAUSEN: Der Wolf im Wolfhund

DINGOLSHAUSEN

Der Wolf im Wolfhund

    • |
    • |
    Sie sind Kraftpakete, Ausdauerkönige und Ausbruchskünstler und können schon mal von Laien in bestimmten Situationen leicht mit einem Wolf verwechselt werden: Die Tschechoslowakischen Wolfhunde der Familie Graf in Dingolshausen. Rechts ist Rüde Ink zu sehen, links seine Gefährtin, die Hündin Shari.
    Sie sind Kraftpakete, Ausdauerkönige und Ausbruchskünstler und können schon mal von Laien in bestimmten Situationen leicht mit einem Wolf verwechselt werden: Die Tschechoslowakischen Wolfhunde der Familie Graf in Dingolshausen. Rechts ist Rüde Ink zu sehen, links seine Gefährtin, die Hündin Shari. Foto: Foto: Norbert Vollmann

    Der Trick funktioniert. Lena Graf schaltet auf ihrem Handy das Video an, das sie kürzlich beim Probebetrieb der Sirenen im Landkreis aufgenommen hat. Die Sirene befindet sich nur eine Parallelstraße weit weg von ihrem Haus in der Dingolshäuser Normandiestraße. Es dauert nicht lange, da fängt Ink auch schon an zu brummen. Schließlich reckt er den Kopf steil nach oben, um in bester Wolfsmanier schaurig-schön zu heulen. Ganz so wie man es aus Filmen kennt, in denen sich der auf dem Felsen stehende Wolf vor dem hellen Mondlicht als Silhouette abhebt.

    Gefährtin Shari hat derweil längst in den Wolfschor mit eingestimmt. Nun heulen sie beide um die Wette, so laut, dass sie die Sirene wie auf dem Videoclip abermals übertönen. In diesem Moment bricht ihre genetische Abstammung als Kreuzung Deutscher Schäferhunde mit Wölfen aus den Karpaten voll durch. Aber Ink und Shari sind und bleiben trotz der für Laien frappierenden Ähnlichkeit Hunde und keine Wölfe. Die anerkannte Rasse nennt sich Tschechoslowakischer Wolfhund. Lena Graf und ihr Mann Oliver haben zwei davon.

    Just zu dem Zeitpunkt als Lena und Oliver Graf auf dem Gelände des Allgemeinen Hundevereins Gerolzhofen an der Wiebelsberger Straße heuer erneut ein großes Treffen von Wolfhundefreunden aus ganz Deutschland und Österreich organisierten, ist sich der Gerolzhöfer Rentner Otmar Reick sicher, eines frühen Oktobermorgens einen Wolf am Schallfelder Wald gesichtet zu haben. Dieser sei keineswegs scheu und offenbar an Menschen gewöhnt gewesen, berichtete er.

    Das Wolfhunde-Treffen in der Nähe

    In der Tat waren Teilnehmer an dem Treffen mit ihren Wolfhunden auch schon zeitig im Bereich des in der Nähe befindlichen Schallfelder Waldes unterwegs. Die Hunde seien dabei aber immer in der Nähe der Besitzer gewesen, so Lena Graf. Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Tschechoslowakische Wolfhund für jemanden, der sich nicht näher mit den Unterschieden befasst hat, dem Wolf doch sehr ähnlich sieht. Er kann seine genetische Herkunft nicht leugnen.

    Das beginnt bei der Größe und der Kopfform mit den spitzen, dreieckigen Ohren, geht weiter über den Körperbau mit sich ähnelnden Bewegungsabläufen und dem Gebiss und endet beim grauen Fell. So ist der Tschechoslowakische Wolfhund in bestimmten Situationen optisch kaum von dem in ihm steckenden Wolf zu unterscheiden und eine Verwechslung gut möglich. Für Kenner unterscheidet sich der Wolfhund jedoch schon in vielen Bereichen von seinem in freier Wildbahn lebenden Verwandten.

    Wolfhund bekam den Vorzug

    „Ich hatte bestimmte optische Ansprüche an Größe, Fell und auch Ohren“, sagt Lena Graf zu den Gründen, die für sie und ihren Mann Oliver für die Anschaffung gerade dieser Hunderasse ausschlaggebend waren. Und die Grafs wollten keinen Hund, der unterwürfig alles macht, was der Mensch sagt, „sondern der noch selbstständig ist“. Sie fügt einschränkend hinzu: „Es hätte aber auch ein Husky zum Beispiel werden können.“

    So ist es aber der Tschechoslowakische Wolfhund geworden, besser gesagt es sind zwei Tschechoslowakische Wolfhunde geworden, mit denen auch die beiden vier und sieben Jahre alten Mädchen der Grafs aufgewachsen sind.

    Rüde und Hündin sind gut zu unterscheiden

    Lena Graf hat sich intensiv mit dieser Tierart beschäftigt. Ink ist mit elf Monaten von einem Züchter direkt aus der Slowakei zu den Grafs gekommen, Shari noch als Welpe aus Norddeutschland. Beide sind jetzt achteinhalb Jahre alt. Der Altersunterschied beträgt nur sechs Wochen. 14 bis 15 Jahre werden die Tschechoslowakischen Wolfhunde im Schnitt alt und mit dem Alter auch etwas ruhiger, haben Lena und Oliver Graf festgestellt. Am Kopf und auch an der Größe lassen sich Rüde und Hündin gut unterscheiden. Er ist von Natur aus größer und direkter in seiner Kommunikation, sie hingegen zierlicher gebaut und eher „hinterlistig“ veranlagt.

    Wahl der Rasse will gut überlegt sein

    Was Lena Graf etwas stört, ist die Tatsache, dass die Wolfhunde inzwischen zu so etwas wie einem Modehund geworden sind. Überhaupt sollte man sich intensiv mit der Rasse befassen und vorher mit Besitzern sprechen, Treffen besuchen und Züchter kennenlernen, um zu wissen, auf was man sich da einlässt, bevor man sich einen Wolfhund zulegt, rät sie. Dieser sei nicht so leicht zu handhaben, wie sich das manche vorstellen. So würden die Hunde häufig in der Notvermittlung landen, wenn die Besitzer nicht damit zurechtkommen. Hauptgrund für die Abgabe ist, dass diese Hunde oft nicht alleine bleiben oder nur mit „viel Radau und Vandalismus“.

    Ein Kraftpaket und Ausdauerspezialist

    Der Unterschied fange schon bei der Größe, vor allem aber bei der Kraft an, die die Wolfhunde haben. Lena Graf: „Allein, um ihn an der Leine zurückzuhalten, wenn er zieht, braucht man sehr viel Kraft. Ein Schäferhund ist da leichter zu bändigen.“

    Der Tschechoslowakische Wolfhund ist um ein Vielfaches reaktionsschneller und ausdauernder als die meisten anderen Hunderassen. Wie der Wolf ist er gewohnt, weite Strecken ohne Erschöpfung am Stück zurücklegen. Ausdauerprüfungen beginnen bei 40 Kilometern und steigern sich über 70 bis zu 100 Kilometer, die das Tier, nur unterbrochen von den Kontrollen des Tierarztes, neben dem Fahrrad zurücklegt. Zügige zwei Stunden und 40 Minuten sind da für 40 Kilometer keine Ausnahme und das bei sich anschließender sehr schneller Regenerationsphase.

    Wolfhunde sind Ausbruchskünstler

    Neben der körperlichen Auslastung in Form von viel Auslauf will der Wolfhund auch mental durch geistige Zuwendung und Ansprache gefordert werden. So ist er als Rudeltier auf einen sehr engen Kontakt zu seinen Bezugspersonen angewiesen. Er will und muss überall mit dabei sein. Alleine eingesperrt sein will er nicht. Dann setzt er seine ganze Intelligenz und Kraft dazu ein, buchstäblich auszubrechen. „Wolfhunde kommen auf dumme Ideen, wenn sie alleine im Haus sind. Sie sind große Ausbruchskünstler“, sagt Lena Graf.

    Eine geschlossene Tür ist da selbst bei Türknöpfen statt Klinken kein Hindernis, wenn der Schlüssel steckt, werden Türen geöffnet oder auch die unverschlossene Kühlschranktür sowie Fenster oder Hundefutterdosen. Hindernisse sind für den Wolfhund da, überwunden zu werden und sich dazu etwas einfallen zu lassen. Wenn er eine Tür nicht öffnen kann, wird sie auch mal von ihm ausgefressen. Ein anderer Hund, der statt in der Hundebox im Kofferraum eingesperrt war, hat den Dachhimmel abgefressen. Wenn es mit dem Überspringen nicht klappt, versucht er sich unter dem Gartenzaun durchzugraben. Selbst eine gesicherte Schiebetür auszuhängen oder die Sprossen eines Kindergitters auszubrechen, sind für ihn keine unüberwindbaren Probleme.

    Wenn Wolfhunde wie Wölfe laut heulen

    Ein Problem ist es indes schon, wenn die Wolfhunde, wie eingangs geschildert, zu heulen anfangen, weil sie die Sirene hören, alleine sind oder Deckrüde Ink gerade wieder einmal liebeskrank ist. Die Lautstärke ist enorm. Lena Graf unterstreicht: „Da sind sie schon sehr nah beim Wolf“. Das gefällt dann in diesem Moment unter Umständen nicht allen Nachbarn, etwa wenn die Hunde in der Nacht heulen sollten.

    Zudem würden Wolfhunde viel hinterfragen. „Zehn Mal die gleiche Übung machen sie nicht hintereinander, wenn kein konkreter Sinn dahintersteckt“, weiß die Dingolshäuserin aus Erfahrung. Einen Hund einer anderen Rasse möchten die Grafs allerdings nicht mehr, solange sie mit ihnen körperlich zurechtkommen.

    Wenn der Wolfhund auf den Wolf trifft

    Wie gesagt, die Verwechslungsgefahr ist groß. Da kommt es dann schon mal im Tierpark vor, dass Kinder rufen: „Schaut mal, die haben die Wölfe dabei“. Die Verwandtschaft zum Wolf komme auch beim Besuch von Wolfsgehegen zum Ausdruck. Dort würden die Wölfe plötzlich alles liegen und stehenlassen, um zu den Wolfhunden am Zaun zu kommen. Und doch macht Lena Graf nochmals deutlich: „Es sind definitiv Hunde, keine Wölfe, und so sind sie auch zu behandeln.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden