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Handthal: Ein Leuchtturm der Waldpädagogik

Handthal

Ein Leuchtturm der Waldpädagogik

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    Fünf Jahre besteht bereits das Steigerwald-Zentrum bei Handthal. Das Gebäude aus Holz ist fast völlig eingegrünt.
    Fünf Jahre besteht bereits das Steigerwald-Zentrum bei Handthal. Das Gebäude aus Holz ist fast völlig eingegrünt. Foto: Norbert Finster

    "Der Planet versucht mit uns zu sprechen, aber hören wir zu?" Diese Frage benutzte Leitender Landwirtschaftsdirektor Herbert Lang, Chef des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, als Metapher für gegenwärtige Missstände wie Plastik-Vermüllung, grenzenlose Mobilität mit den entsprechenden Emissionen oder Wegwerf-Mentalität bei Lebensmitteln und die Reaktion der Umwelt in Form von Klimaerwärmung, stärkeren Unwettern und Baumsterben.

    Lang hatte sich aus Anlass des fünfjährigen Bestehens des Steigerwald-Zentrums bei Handthal das Thema "Vom rechten Maß" für sein sprachlich brillantes, inhaltlich beeindruckendes und vielfach philosophisch unterlegtes Impulsreferat herausgesucht. Zunächst beschrieb er das Übermaß: 47 Millionen Autos fahren auf Deutschlands Straßen, 50 Millionen Reifen werden pro Jahr  verkauft; Reifen- und Bremsabrieb werden zu Umweltbelastungen, die noch gar nicht richtig bewertet werden. Lang zeichnete das Bild einer maßlosen Zu-Viel-Gesellschaft. So werden zum Beispiel 20 Prozent der Backwaren weggeworfen. Auf den Landkreis Schweinfurt übertragen bedeutet das, dass die Landwirtschaft auf 1700 Hektar  "für die Katz" Getreide anbaut und viel Arbeitskraft aufwendet, um offenbar Überflüssiges zu schaffen.

    Ist Marktwirtschaft noch moralisch?

    "Wenn das so weitergeht, verliert die Marktwirtschaft ihre moralische Begründbarkeit", sagte Lang in die betroffenen Gesichter seiner Zuhörer. Und: "Haben wir in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts so viel schlechter gelebt als heute?" Damals verbrauchte die Menschheit nur 40 Prozent der gegenwärtig eingesetzten Energiemenge.

    Grundsätzlich sei es im Menschen angelegt, das rechte Maß zu finden. In einer Konsumgesellschaft wie der heutigen gehe dieses natürliche Empfinden aber verloren. Als Alternative sah der Behördenleiter eine echte Kreislaufwirtschaft. "Beton muss Beton bleiben und wiederverwendet werden", forderte Lang. Denn auch in der Region werden die letzten Sandvorräte angegriffen; der Widerstand gegen den Abbau von Sand werde verständlicherweise größer.

    In diesem Szenarium müsse es eine Daueraufgabe des Steigerwald-Zentrums bleiben, die Veränderungsbereitschaft im Menschen zu wecken und interdisziplinär Antworten auf Zukunftsfragen zu geben. Dazu gehöre es auch, die Kardinaltugend des Maßhaltens zu vermitteln und zu einem Angelpunkt des Lebens werden zu lassen.

    Auf das Wohlfühl-Ambiente im Steigerwald-Zentrum wiesen Geburtstagsgratulanten mehrfach hin.
    Auf das Wohlfühl-Ambiente im Steigerwald-Zentrum wiesen Geburtstagsgratulanten mehrfach hin. Foto: Norbert Finster

    Der Auftrag "schützen und nutzen" werde im Steigerwald-Zentrum von Anfang an gelebt, sagte Landrats Florian Töpper in seiner Begrüßung. Töpper ist auch Vorsitzender des Trägervereins "Steigerwald-Zentrum - Nachhaltigkeit erleben". Er nannte imposante Zahlen: Seit Eröffnung des Steigerwald-Zentrums am 12.September 2014 bis Ende 2018 wurden knapp 190 000 Besucher in der Einrichtung gezählt. Gut 20 000 von ihnen besuchten die 711 angebotenen Wald-, Ausstellungs- und Gebäudeführungen, gut 10 000 kamen zu den 347 waldpädagogischen Veranstaltungen Zu letzteren gehören Schul- und Kindergartenführungen sowie Ferienspaßangebote.

    Beliebter Tagungsort

    Das Steigerwaldzentrum ist auch ein beliebter Tagungsort für Fachsymposien, Versammlungen und sonstige Veranstaltungen. Zu diesen kamen fast 26 000 Besucher. Der Rest sind Tagesgäste. Diese Zahlen basieren auf dem Teilnehmerstand fest gebuchter Gruppen. Für Einzelbesucher wird eine Strichliste an der Theke geführt. Bei den Großveranstaltungen sind die Waldtage mit 1500 bis 2500 Besuchern die Renner. Die Zahlen beweisen, dass das Zentrum fest in der Region verankert sei, meinte Töpper. Wichtig seien die Schulen, weil sie Multiplikatoren sind. Für Lehrer, Erzieher und Jugendleiter gab es 67 Veranstaltungen mit 1742 Teilnehmern.

    "Wir sind in der Gemeinde Oberschwarzach gut aufgehoben und auch mit dem Landkreis besteht eine ausgezeichnete Zusammenarbeit", freute sich Innenstaatssekretär Gerhard Eck. Landrat Florian Töpper und Oskar Ebert (Geschäftsführer des Trägervereins) seien ein Segen für das Steigerwald-Zentrum, das in der Bevölkerung eine breite Anerkennung erfahre. Das Zentrum leiste Enormes, um eine von der Natur weit entfernte Gesellschaft mit eben dieser Natur vertraut zu machen. Fast 190 000 Besucher seien Zeugnis dafür, dass am Steigerwald-Zentrum etwas geboten werde. Letztendlich sei es auch die richtige Entscheidung gewesen, das Zentrum in freier Natur zu bauen und nicht in einem Bestandsgebäude unterzubringen.

    Überschaubares Naturverständnis

    Dass das Steigerwald-Zentrum ein herausragender Leuchtturm in der Waldpädagogik weit über den Steigerwald hinaus und eine der besucherstärksten Einrichtungen der Bayerischen Forstverwaltung ist, bestätigte Ministerialrat Sören Timm. Er ist Leiter des Referats Waldpädagogik, Wissenstransfer und internationale Waldbelange im bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Auch er meinte, das Verständnis für die Natur in der Gesellschaft sei überschaubar. Das Steigerwald-Zentrum verschaffe den Menschen Einblick in das Ökosystem Wald und seine Nutzung.

    Otto Hünnerkopf, Vorsitzender des Beirats im Trägerverein, wies darauf hin, dass der Beirat die gesamte Gesellschaft von der Wirtschaft über die Grund- und Waldbesitzer, die Landwirtschaft, die Gemeinden, Kirchen, Schulen, Wissenschaft bis hin zum Tourismus abdeckt. Das Steigerwald-Zentrum biete eine gute Atmosphäre, in der der Besucher sich wohl fühlt.

    Iris und Frank Bluhm übernahmen auf Zither und Gitarre die musikalische Begleitung der Feierstunde. Im Vortragsraum war die Ausstellung "Fantastische Vielfalt" aufgebaut. Die Bilder von Anne Olbrich aus Ebern beschäftigen sich mit Biodiversität. Die Künstlerin war anwesend. Ihre Werke sind noch bis Ende des Jahres im Steigerwald-Zentrum zu  sehen.

    Familientag

    Zum Geburtstag veranstaltet das Steigerwald-Zentrum am Sonntag, 15. September, von 13 bis 17 Uhr einen Familientag.  Dabei geht es darum, Nachhaltiges selber zu machen und nebenbei zu lernen, wie man Umwelt und Klima schützt. Besucher können langlebige Wachstücher aus Leinen und Bienenwachs als Alternative zu Alu- und Kunststofffolien selber herstellen. Wer mag, kann wiederverwendbare Stofftaschen mit Blattmotiven und Schablonen bunt bedrucken und damit zahlreiche Plastiktüten überflüssig machen.

    Draußen am Lagerfeuer können die Gäste leckeres Stockbrot mit Kräutern aus dem Wald individuell verfeinern und knusprig braun grillen. Zusätzlich kann man sich am Familientag des Steigerwald-Zentrums auch darüber informieren, wie man möglichst ohne Verpackung einkaufen kann: „Zero waste“ (null Müll)  und Unverpackt-Läden machen es möglich.

    Wer den würzigen Geruch von Wald und Holz anschließend mit nach Hause nehmen will, kann Holzspäne hobeln und damit kleine Duftsäckchen füllen. Und wer noch mehr gute Ideen für ein umwelt- und klimafreundliches Leben hat oder einfach gute Wünsche für das „Geburtstagskind“ Steigerwald-Zentrum hinterlassen will, kann das am eigens für diesen Tag aufgestellten „Nachhaltigkeitsbaum“ tun.

    Anne Olbrich aus Ebern stellt zum ersten kleinen Jubiläum des Steigerwald-Zentrums ihre Bilder aus, die sich mit dem Thema Biodiversität beschäftigen.
    Anne Olbrich aus Ebern stellt zum ersten kleinen Jubiläum des Steigerwald-Zentrums ihre Bilder aus, die sich mit dem Thema Biodiversität beschäftigen. Foto: Norbert Finster

    Das Steigerwald-ZentrumBauherr des Steigerwald-Zentrums war der Freistaat Bayern, Architekt das Staatliche Bauamt Schweinfurt. Im April 2012 wurde der Auftrag erteilt, der Bau begann Anfang Oktober 2012. Das Gebäude ist weitgehend aus Holz, es wurden rund 500 Tonnen Fichte, Buche, Eiche und Lärche verbaut. Die Gesamtkosten beliefen sich auf etwa drei Millionen Euro.

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