Die Kirchenglocken in Schwanfeld (Lkr. Schweinfurt) werden auch künftig nachts schlagen. Und zwar so wie eh und je: mit einem doppelten Zeitschlag zu jeder vollen Stunde. Allerdings in der Lautstärke reduziert auf die maximal in der Lärmschutzverordnung erlaubten 45 Dezibel.
"Das ging doch gut über die Bühne", freute sich Bürgermeisterin Lisa Krein, dass der Bauausschuss am Montagabend ohne Diskussionen einstimmig den von der Verwaltung empfohlenen Vorschlag annahm. Draußen vor dem Bürgerzentrum hingegen gab's empörte Stimmen. Nicht wegen dieser Entscheidung, sondern weil etliche interessierte Bürger die Entscheidungsfindung der Gemeinderäte nicht mitverfolgen durften. Aufgrund der Corona-Hygienevorschriften hatten nur elf Personen zusätzlich zum Gremium im Zuschauerraum Platz nehmen dürfen. Etliche mussten draußen bleiben.
Ein großes "Bühnenstück" indes gab es drinnen nicht. In knapp zehn Minuten war der Tagesordnungspunkt abgehandelt. Klar war von Anfang an, dass der Glockenschlag nachts beibehalten wird. Es ging lediglich um die Frage, wie die Lautstärke reduziert werden soll, um den in der Lärmschutzverordnung zwischen 22 und 6 Uhr vorgeschriebenen Grenzwert von 45 Dezibel nicht zu überschreiten. Die einfachste und billigste Lösung wäre es gewesen, nachts nur noch eine Glocke schlagen zu lassen und auf den sogenannten zweiten Zeitschlag – eine Besonderheit in Schwanfeld – zu verzichten. Die eine Hälfte des Gremiums hätte damit leben können, die andere Hälfte lehnte dies aber ab. Der Tradition wegen. Und so entschied man sich aufgrund der Patt-Situation dann einstimmig für die von der Verwaltung vorgeschlagene, aufwendigere, 6368 Euro teure Lösung: den Austausch vom Hubwerk der Uhrschlaghammer und der Zugseile sowie den Einbau eines neuen Schlagwerkverteilers. Dieser Umbau ermöglicht es, die Glocken in der Nacht leiser anzuschlagen. Tagsüber bleibt alles beim Alten. Eine Fachfirma soll noch in dieser Woche beauftragt werden.
"Ich glaube wir haben einen guten Kompromiss gefunden, der alle zufriedenstellt"
Bürgermeisterin Lisa Krein
Bürgermeisterin Lisa Krein hofft, dass der Streit um das nächtliche Schlagen der Kirchturmglocken nun beendet ist. Auslöser war die Beschwerde einer Bürgerin über die Lärmbelastung. Die Frau ist inzwischen zwar aus Schwanfeld weggezogen, aber ihr Vorstoß hatte in der Folge zur Gründung einer Bürgerinitiative "Beruhigt schlafen" geführt. Diese fordert die Abschaltung des Glockenschlags zwischen 22 und 6 Uhr und ein leiseres 6-Uhr-Läuten oder ein Aussetzen an Wochenenden.

"Ich glaube wir haben einen guten Kompromiss gefunden, der alle zufriedenstellt", ist sich Bürgermeisterin Lisa Krein sicher. Pfarrer Volker Benkert zumindest kann mit diesem Kompromiss gut leben: "Das ist die perfekte Lösung." Der örtliche Glockenbeauftragte Paul Jonas indes hat daran seine Zweifel. Er hat vor einigen Wochen selbst nächtliche Messungen mit einem nicht geeichten Gerät vorgenommen und dabei schon ein Grundgeräusch von 43 Dezibel im Kirchenumfeld ermittelt. Ohne Glockenschlag. Es bleiben also nur zwei Dezibel Spielraum für den Glockenschlag. "Wahrscheinlich hört man dann nichts mehr", befürchtet Jonas.
In Gerolzhofen schweigen nachts die Glocken
Schwanfeld ist nicht die einzige Gemeinde in der Diözese Würzburg, in der die Kirchenglocken für Beschwerden sorgen. In Lohr haben Anwohner der evangelischen Kirche schon 2010 den nächtlichen Glockenschlag zum Verstummen gebracht. Und in Gerolzhofen hat die katholische Kirchenverwaltung vorsorglich gleich selbst die Glocken des Steigerwalddoms nachts abgestellt, um die Nachtruhe der Bürger nicht über Gebühr zu strapazieren.

Aus juristischer Sicht wird zwischen dem kirchlichen Glockenläuten und dem weltlichen Glockenschlag unterschieden. Für Letzteres ist oftmals die politische Gemeinde zuständig, abhängig ist das von der Baulast. In Schwanfeld liegt diese bei der politischen Gemeinde. In Streitfällen wie diesen gibt das Bistum Kommunen eine klare Empfehlung: Einhalten der Lärmschutzverordnung.
Ist die Schwanfelder Bürgerinitiative mit der gefundenen Lösung nun zufrieden? Ja, das ist sie. "Uns ging es von Anfang an um eine Lösung, die für alle annehmbar ist", heißt es auf Nachfrage. Die Entscheidung des Bauausschusses stelle einen guten Kompromiss dar.