Er will nicht einfach nur Fotos machen, sondern das Bild, das er von einem Menschen im Gespräch entwickelt hat, widerspiegeln: Das sagt mit Werner Pawlok ein international renommierter Künstler, mit dem Mathias Wiedemann, Kulturredakteur bei der Mainpost, das neue Format "Tischgespräche" in der Schweinfurter Kunsthalle eröffnete.
Julia Weimar, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kunsthalle, stellte Pawlok als "Grenzgänger zwischen Malerei und Fotografie" vor, als Experimentator, der neue Wege sucht und beschreitet. Vier seiner Arbeiten sind in der aktuellen Ausstellung "Gunter Sachs – Kamerakunst" zu sehen. Insgesamt hatte Gunter Sachs mehr als 40 Pawlok-Arbeiten für seine Sammlung erworben.
Werner Pawlok erinnert sich noch gut an die erste Begegnung mit Sachs, wie er auf dessen Wunsch in den 1980er-Jahren nach München reiste, 250 Polaroids im Gepäck, ohne genau zu wissen, was ihn erwartet. Dass Gunter Sachs direkt zum Käufer wurde, hatte er nicht geahnt; doch aus der Begegnung entwickelte sich eine schöne Kommunikation mit kurzem Draht. "Ein toller Mensch", blickt Pawlok zurück; Sachs' Tod empfand er als gnadenlos.
Die Grenzen für einen Portraitfotografen
Nach den Grenzen für einen Portraitfotografen befragt, spricht der Stuttgarter von einer Art Ehrenkodex, von Distanz. Er wollte nie Paparazzo sein, immer gingen seinen Aufnahmen auch Absprachen voraus. Als Beispiele zeigte Pawlok seine Serie "views – faces of literature", für die er zu Lesungen bekannter Autoren wie Martin Walser, Amos Oz, Salman Rushdie oder T.C. Boyle fuhr und diese vor den Veranstaltungen fotografierte.
So mancher hatte Bodyguards dabei, lässt er durchblicken, ein Schriftsteller flüchtete aus der Aufnahmesituation. Posieren konnte keiner, alle waren gleich schutzlos und ungeschminkt: Resultat sind 21 Aufnahmen, bei denen tatsächlich der Eindruck entsteht, der Fotokünstler blicke den Menschen "über die Augen in die Seele", wie er es formuliert.
Eine besondere Linie, eine spezifische Handschrift, ein Wiedererkennungsmerkmal, so Mathias Wiedemann, sei in Pawloks Arbeiten nicht vordergründig erkennbar. Trocken der Kommentar: "Ich bin halt unverbildet." Keine akademische Ausbildung hat ihn beeinflusst; er schätzt Unabhängigkeit, will sich nie kopieren. Er selbst sei sein Maßstab, nicht die mögliche Betrachterreaktion oder ein Sammleranspruch. "Ohne neue Ideen bin ich tot", sagt er. Es gehe für ihn auch nicht darum, ständig etwas besser zu machen; es gehe vielmehr um Erfahrungen und Entwicklung.
Einblick in ideenreiche Fantasiewelten
Einblick in ideenreiche Fantasiewelten boten auch einige Beispiele aus Pawloks umfangreicher Serie "Stars & Paints": In einer Kombination aus gemalter Umgebung und Fotografie setzt er 100 Persönlichkeiten in Szene, die für seine eigene Entwicklung bedeutsam waren. Etliche Filmschaffende oder Musiker sind darunter: So steckt Chris Barber Kopf und Arme von hinten aus einem gemalten Körper und spielt Posaune; Senta Berger strahlt aus einem Kleid aus Wattebäuschchen.
Pawlok verrät auch einiges über seine Haltung zum von ihm durchaus als Medium geschätzten Bildbearbeitungsprogramm Photoshop und erläutert seine Technik des Transfers großformatiger Polaroids auf Büttenpapier oder Leinwand. Die fehlende Wertschätzung gegenüber echter Kunst, Phänomene wie eine rundum Verfügbarkeit der Fotografie, die zunehmende Selfiekultur bedauert er. Doch mit seinen Exponaten in der Schweinfurter Kunsthalle fühle er sich in guter Gesellschaft, so der Künstler nach diesem spannenden Einblick in sein Arbeiten, seine Welt.