Unter ungewöhnlich scharfen Sicherheitsvorkehrungen begann am Freitag der Prozess gegen den 21-jährigen Angeklagten in der Schweinfurter Stadthalle. Nur diese war groß genug, um für das Gericht, neun Nebenkläger und ihre Anwälte sowie eine große Zahl Pressevertreter und Zuhörer ausreichend Plätze unter Corona-Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Vorwürfe, die dem Angeklagten seitens der Staatsanwaltschaft gemacht werden, haben es in sich und bewegen insbesondere Eltern und Bekannte der jugendlichen Opfer zutiefst.
Bei neun seiner jungen Fußballer einer U-15-Mannschaft in einem Dorfverein im Landkreis Bad Kissingen soll der heute 21-Jährige seine Trainerstellung missbraucht haben, um von ihnen Bilder und Videos zu erlangen, auf denen sie nackt sind und sexuelle Handlungen vollziehen. Dafür erfand er einen russischen Kinderpornoring, der angeblich die Handys der Jungs gehackt hätte und jetzt Aufnahmen von ihnen besitze, die sie beim Duschen und sexuellen Handlungen zeigten.
Einen Jungen soll er vergewaltigt haben
Weiter behauptete der Ex-Trainer laut Anklage, diese Bilder seien ins Internet gelangt, könnten aber mit einem "Filter", den er als Mitglied einer Sondereinheit gegen diese russische "Mafia" entwickelt habe, aufgespürt und gelöscht werden. Zum Abgleich müssten sie ihm aber Bilder von ihrem Geschlechtsteil sowie bei der Ausübung sexueller Handlungen zuschicken. Von vielen seiner Opfer verschaffte sich der Mann auf diese Weise etliche kinderpornografische Aufnahmen.
Einige Videos fertigte er aber auch selbst bei Treffen mit Jungs in seiner Wohnung oder in seinem Auto auf einem Schulparkplatz an. Zwei seiner Opfer schlug der Jugendtrainer laut Anklage mit einem Küchenbrett, Ledergürtel und Holzstock oder Schuhlöffel im Intimbereich. Einen 13-Jährigen malträtierte er in einer Weise, die als Vergewaltigung angeklagt ist. Dies alles tat er nach Überzeugung des Staatsanwalts, um sich zu erregen und sexuelle Befriedigung zu erlangen.
Er erklärte den Jungen, er wolle "die Mafia besänftigen"
Um seine sadistischen Aktionen zu begründen, soll der Angeklagte den Kindern gegenüber behauptet haben, er tue dies nur und fertige die Bildaufnahmen an, um sie für den Fall einer möglichen Entführung abzuhärten, beziehungsweise um die "Mafia" zu besänftigen. Eine weitere Variante des sexuellen Missbrauchs: Bei einem Computerfußballspiel in der Wohnung des Angeklagten mussten die Jungen bei jedem Gegentor, das sie kassierten, ein Kleidungsstück ablegen – bis sie nackt waren. "Strip-FIFA" nannte der Trainer das Spiel.
Auch das habe sich der Angeklagte ausgedacht, um sich sexuell zu erregen, sagt der Staatsanwalt. Er wirft dem 21-Jährigen sexuellen Missbrauch von Kindern in 20 zum Teil schweren Fällen vor, mehrfache gefährliche Körperverletzung, sowie die Herstellung kinderpornografischer Schriften – und in einem Fall Vergewaltigung.
Den Kindern bleibt die Aussage erspart
Die Straftaten soll der Mann in einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren, vom Herbst 2017 bis Mitte Februar 2020, begangen haben. Seither sitzt er in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt am Freitagmorgen habe der Angeklagte ein vollumfängliches Geständnis abgelegt, sagte auf Anfrage der Gerichtssprecher. Bei der Vernehmung des 21-Jährigen war die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Der Schweinfurter Rechtsanwalt Jürgen Scholl vertritt als Nebenklägeranwalt acht der neun Opfer. Das Geständnis des Angeklagten sei wichtig für seine jugendlichen Mandanten, sagte Scholl am Rande der Verhandlung, weil es ihnen eine Vernehmung vor Gericht erspare. Er bestätigt ferner, dass der psychiatrische Sachverständige den Angeklagten in seinem Gutachten für voll schuldfähig befunden habe.
Eine weitere Folge des Geständnisses dürfte sein, dass der Prozess, für den sieben Verhandlungstage angesetzt sind, deutlich verkürzt wird. Auch die nächsten Verhandlungstermine sind nicht-öffentlich aus Rücksicht auf die Intimsphäre und Persönlichkeitsrechte der jugendlichen Opfer.