"Frauenlob wird gerne von Kirchenmännern gesungen, die alleine bestimmen, wo sich Frauen in der Kirche einbringen dürfen." Gabi Gressel findet deutliche Worte. Sie gehört zum Leitungsteam vom Ortsverein des Katholischen deutschen Frauenbundes (KDFB) in Forst. Und dieser hat seine Frauenandacht unter das Motto Maria 2.0 gestellt, einer Protestaktion, die sich gegen Missbrauch und die Ausgrenzung von Frauen in der Kirche wendet.
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45 Frauen versammeln sich auf dem Platz vor der Kirche, der ganz in Weiß gehalten ist, auch das Team des KDFB ist weiß gekleidet. Es sei die Farbe der Unschuld, aber auch die der Trauer und des Mitgefühls, erklärt Gressel. "Wir sind traurig im Frauenbund über die Verbrechen, die Frauen von Kirchenmännern angetan wurden", erklärt sie und zitiert aus einer Stellungnahme der Bundesvorsitzenden des KDFB, Maria Flachsbarth: "Ordensfrauen zur Befriedigung eigener sexueller Bedürfnisse zu benutzen und ihr Gehorsamkeitsgelübde zu instrumentalisieren, ist eine tiefe Verletzung ihrer Menschenwürde, ein Ausnutzen ihrer Lebens- und Glaubenssituation und ein besonders perfider Missbrauch von Macht."
Gressel fordert das "System des Klerikalismus zu verändern" und ermutigt ihre Schwestern im Glauben. "Wir sind ganz wichtig." In ihrer Trauer über die Zustände ihrer Kirche haben die Forster Frauen "Maria vom Sockel" geholt. Eine hölzerne Marienskulptur wird durch die Reihen gegeben. Dem Leben von Maria, der Schwester im Glauben, der Frau mit denselben Alltagserfahrungen, Sorgen und Nöten, wird im Gottesdienst nachgespürt. Mit einer musikalischen Performance, einstudiert von Bärbel Weise und Andrea Schneider, geben die Frauen am Ende noch einmal ihrer Hoffnung auf eine neue Kirche Ausdruck. Dann geht es zum gemütlichen Teil über. In den Tischgruppen wird teils heftig diskutiert.

An einem Tisch sitzen ältere Frauen. "Wir haben von der Maria 2.0 noch nichts gehört", sagen sie. Die Andacht habe ihnen aber gefallen. "Das stärkt die Gemeinschaft", stellt Margit Gutmann fest, "aber bei den Männern nutzt's nichts, die sind einfach zu festgefahren", weiß sie. Am Nachbartisch ist die Aktion sehr wohl bekannt. "Im Sonntagsblatt war ja jede Menge darüber gestanden", sagt Anita Borowy und meint selbstbewusst: "Ohne uns Frauen tät's keinen Menschen mehr geben." Gestreikt haben sie in der vergangenen Woche dennoch nicht. Der KDFB hatte seine Mitgliedsfrauen aufgerufen, eine Woche lang keine Kirche zu betreten. "So a Zeug machen wir net", erklärt eine der Damen. Marianne Duckenbrod hat ihren Mesnerdienst versehen, im Der-Kirche-Fernbleiben sieht sie "keinen Sinn". Und Lydia Büttner meint, selbst wenn Frauen zu Diakoninnen geweiht würden, blieben ja die Strukturen und Vorgaben von oben. "In dieser Generation ändert sich sicher nichts", davon ist sie überzeugt und meint: "Wir Frauen müssten viel radikaler sein."

Es wird kontrovers diskutiert. Vielleicht sollten die Frauen aus der Kirche austreten, "erst dann würde sich etwas bewegen". Hannelore Werner findet zwar auch, dass Frauen in der Kirche mehr Anerkennung erhalten müssen, aber die Priesterweihe geht ihr doch etwas zu weit. "Da bin ich a weng altmodisch."
Isolde Hümpfer ist die geistliche Beirätin des Frauenbundes und kritisiert, dass Frauen insgesamt in der Kirche keine Anerkennung fänden. Warum das so ist, darauf hat sie nur eine Antwort: "Die haben Angst vor uns!" Die Kirche müsse mehr Gott in den Vordergrund stellen, "nicht die Männer und die Macht", betont Duckenbrod. Apropos Männer: Drei waren bei der Frauenbund-Aktion dabei. Einer spielte Orgel, einer filmte, und der Dritte brachte die Gebetbücher. Diakon Frank Menig habe im Vorfeld den Frauen zu dieser Protestaktion gratuliert und jedwede Unterstützung zugesagt, informiert Gressel. Aufgrund eines anderen Termins habe er aber nicht dabei sein können.