Am 85. Jahrestag der Novemberpogrome ist in Gerolzhofen der von den Nationalsozialisten ermordeten Jüdinnen und Juden und weiteren Opfern Gewalt gedacht worden. Folgende Informationen sind einer Pressemitteilung des Kulturforums Gerolzhofen entnommen. Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak, der stellvertretende Landrat Thomas Vizl, die Vorsitzende des Historischen Vereins, Beate Glotzmann, und die Beauftragte des Kulturforums, Evamaria Bräuer, trafen sich zum Gedenken am Mahnmal in der Schuhstraße. Sie legten als äußeres Zeichen ein Blumengesteck nieder und entzündeten eine Kerze zur Mahnung.
Vor 85 Jahren ließen in Gerolzhofen Hitleranhänger ihrem Antisemitismus und Rassismus freien Lauf. Das Gotteshaus in der Steingrabenstraße wurde geschändet, Inventar, Bücher und Ritualgeräte wurden auf dem nahegelegenen Sportplatz verbrannt. Bürger und Geschäftsleute wurden willkürlich brutal gedemütigt, verhaftet und beraubt.
Viel ist über den Nationalsozialismus gesagt und geschrieben worden, doch nichts wirke nachhaltiger als Worte eines Zeitzeugen, findet Evamaria Bräuer. Deshalb las die Beauftragte des Kulturforums Gerolzhofen zum Gedenken eine Passage eines Briefes von Walter Lichtenauer vor.
Walter Lichtenauer wurde am 8. November 1924 in der Bahnhofstraße in Gerolzhofen geboren. Diese wurde bereits 1933 in Adolf-Hitler-Straße umbenannt. Die Geschehnisse in seiner Heimatstadt schildert Lichtenauer auch Jahre später als 64-Jähriger noch sehr eindrücklich. Er schreibt von Fackelzügen der NS-Uniformträger, die nachts mit Stiefelgedröhn durch die Straßen marschierten und willkürlich Menschen – wie seinen Großvater – aus ihren Häusern holten und misshandelten. Tagsüber mussten er und sein Bruder Schläge und Schikanen in der Schule ertragen.
Ursprünglich war zum Gedenken des 9. und 10. Novembers 1938 eine zentrale Veranstaltung mit dem Titel „Unheils Spuren“ mit Dr. Axel Töllner von der Augustana-Hochschule Neuendettelsau, Geschäftsführer des Instituts für christl.-jüdische Studien, geplant. Wegen akuter Erkrankung des Referenten wurde sein Vortrag auf einen Termin im kommenden Jahr verschoben, teilt das Kulturforum Gerolzhofen in seiner Mitteilung abschließend mit. (cws)