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SCHWEINFURT: Hilfsorganisationen kritisieren Ankerzentren scharf

SCHWEINFURT

Hilfsorganisationen kritisieren Ankerzentren scharf

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    Es wird schwieriger mit der Menschlichkeit in unserem Land. Das Thema diskutierten (von links) der Leiter der Diakonie Jochen Keßler-Rosa, die Menschenrechtsbeauftrage der Bundesregierung Bärbel Kofler und die Landtagabgeordnete Kathie Petersen mit engagierten Gästen.
    Es wird schwieriger mit der Menschlichkeit in unserem Land. Das Thema diskutierten (von links) der Leiter der Diakonie Jochen Keßler-Rosa, die Menschenrechtsbeauftrage der Bundesregierung Bärbel Kofler und die Landtagabgeordnete Kathie Petersen mit engagierten Gästen. Foto: Foto: Ursula Lux

    „Die Sprache verroht, der Umgang der Menschen miteinander wird zunehmend an Bedingungen geknüpft und es tun sich Fronten auf, an die vor Jahren noch keiner gedacht hat.“ Die Landtagsabgeordnete der SPD Kathi Petersen ließ es nicht bei dieser Analyse. Sie lud Bärbel Kofler (MdB), die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe ein und holte Vertreter der unterschiedlichsten Hilfsorganisationen an einen Tisch. Gastgeber des Fachgesprächs „Humanität – ein Auslaufmodell?“ war die Diakonie.

    UN-Menschenrechtsrat rügt Rassismus in Deutschland

    Angesichts der „unglaublichen Entgleisungen“ der jüngsten Vergangenheit angesichts der Flüchtlingsfrage erinnerte Kofler daran, dass weltweit 69 Millionen Menschen auf der Flucht und 120 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Auch wenn die Flüchtlingsfrage einen Großteil der anschließenden Diskussion bestimmte, gehe Humanität doch weit darüber hinaus. So wurde Deutschland für die Aufnahme von Flüchtlingen vom UN Menschenrechtsrat zwar gelobt, habe aber in anderen Bereichen durchaus noch Nachholbedarf. Die Gleichstellung von Mann und Frau, die Umsetzung von Kinder- und Behindertenrechten und die Standards deutscher Firmen, die im Ausland arbeiten lassen, wurden angemahnt, ebenso wie der zunehmende Rassismus.

    Die Teilnehmenden bestätigten eine Verschärfung bei der Stimmung im Land. Der Grund dafür, so der vielseitig engagierte Roland Merz, seien diffuse Ängste. Kaum jemand habe negative Erfahrungen mit Migranten aber „man hat ja gehört dass . . .“. Er setzt auf Erziehung, besucht Schulen und stellt fest: „Es fehlt der Hintergrund sich in andere hineinzuversetzen.“

    Keßler-Rosa: Allgemeine Hysterie, die alles durchdringt

    Vage Ängste vermutet auch Ernst Gehling, Vorsitzender der Tafel. Zwar habe es noch nie Zwischenfälle mit Migranten und Flüchtlingen gegeben, dennoch kämen immer weniger Leute, obwohl mehr Berechtigungsscheine ausgestellt würden. Warum kann er sich eigentlich nicht erklären. Es sei „eine allgemeine Hysterie“, die alles durchdringe, stellte Jochen Keßler-Rosa, der Leiter der Diakonie fest. Diese Angst sei nicht mit sachlichen Argumenten zu bekämpfen.

    „1000 Menschen, die ohne Perspektive im Ankerzentrum sitzen“

    Christine Steinmüller, Leiterin der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas erzählt von der deeskalierenden Arbeit in der Erstaufnahme, ihr Pendant von der Diakonie Uwe Kraus belegt die verschärfte Situation. 80 Prozent der Menschen dort seien „Dublinfälle“. Sie leben mit der ständigen Angst vor Abschiebung. Manchmal passiert das über Nacht, manchmal aber geschieht trotz Bescheid nichts. „Das sind 1000 Menschen, die ohne Perspektive und Bargeld im Ankerzentrum sitzen“, mahnt er. Noch 2015/16 habe es ein „tolles Miteinander“ zwischen Helfenden und den Verantwortlichen aus den Behörden gegeben, jetzt gehe es nur noch darum, die Flüchtlinge möglichst schnell loszuwerden.

    Viele Problem wären vermeidbar, wenn man nicht so viele Menschen auf einem Fleck konzentrieren würde, betonte die Bezirksgeschäftsführerin der Parität, Kathrin Speck. Flüchtlinge, die auf dem Land wohnen schafften ein ganz anderes humanes Klima und die Integration gelinge.

    Auch Marie Luise Gillert von Amnesty International Schweinfurt warnte, in den Ankerzentren würden die Menschen mehr und mehr zu Gefangenen, das sei „menschenunwürdig“.

    Bei Kindern gelingt die Integration

    Bei Kindern gelinge Integration, meinte Peter Then von der Arbeiterwohlfahrt und berichtete von der Kindertagesstätte Bergl, in der 30 Nationalitäten sind. Trotzdem sei der „Rassismus weit“, fürchtete er. Von der Integration brachte Keßler-Rosa die Debatte schließlich zum „Stillstand bei der Inklusion“, auch sie ein Menschenrecht. Wenn man die Inklusion ernst nehme, müsse man Schulen personell und finanziell entsprechend ausstatten, forderte Kofler.

    Sie machte noch auf eines ihrer Herzensanliegen aufmerksam, den 2016 von der Bundesregierung verabschiedeten Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte. Darin erwartet die Bundesregierung von deutschen Unternehmen, dass sie auch im Ausland für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sorgen. Im Augenblick sei man bei der Evaluation, erklärte Kofler. Wenn die freiwillige Verpflichtung der Unternehmen nicht greife, dann habe man im Koalitionsvertrag ein diesbezügliches Gesetz vereinbart. Für fairere Arbeitsbedingungen im Ausland liege auch im Weltladen eine Unterschriftenliste aus, bekräftigte Bernhard Sprafke.

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