Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wehrt sich gegen Vorwürfe aus der unterfränkischen AfD, wonach die Staatsregierung den Verfassungsschutz im Landtagswahlkampf "politisch missbraucht" habe. "Die perfide Behauptung der AfD, die Verfassungsschutzbehörden in Deutschland würden eingesetzt, um politische Gegner zu schwächen, weise ich auf das Schärfste zurück", so Herrmann in einer E-Mail an die Redaktion. Die Vorwürfe seien "ebenso abstrus wie unsäglich".
Nachdem die AfD am Dienstag vom Bundesamt für Verfassungsschutz als "Prüffall" eingestuft worden war, sprach AfD-Bezirkschef Richard Graupner von "an den Haaren herbeigezogenen Begründungen für die Beobachtung unserer Kandidaten". Auch der bayerische AfD-Chef Martin Sichert nannte die Beobachtung "ein politisches Instrument der Regierung gegen die AfD".
"Statt solchen diffamierenden Unsinn in die Welt zu setzen, sollte die AfD lieber vor der eigenen Haustüre kehren."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
Herrmann findet dazu deutliche Worte: Anstatt solch "diffamierenden Unsinn in die Welt zu setzen, sollte die AfD lieber vor der eigenen Haustüre kehren". Dass die Partei zum "Prüffall" und die Jugendorganisation JA sowie der rechtsnationale Flügel zu "Verdachtsfällen" erklärt wurden, sei ein "Schuss vor den Bug", den die AfD "sehr ernst nehmen" sollte. "Viel zu viele in der AfD sehen rechtsextremen Umtrieben tatenlos zu, statt sich davon zu distanzieren", so Herrmann. "Wir in Bayern werden diese Entscheidung des Bundesamts für Verfassungsschutz jetzt konsequent unterstützen", kündigte er an.
Wie das Landesamt für Verfassungsschutz mitteilt, werden derzeit im Freistaat mehrere AfD-Mitglieder beobachtet. Die Beobachtung von drei Landtagsabgeordneten wurde dagegen zum Jahresanfang beendet. Grund seien höhere Schwellen für die Möglichkeit einer Beobachtung von Mandatsträgern.
Vom Prüffall zum Beobachtungsobjekt Eine Partei oder Organisation kann für den Verfassungsschutz zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für extremistische Bestrebungen erkennen. Bei einem Prüffall ist eine Beobachtung mit sogenannten V-Leuten oder anderen nachrichtendienstlichen Mitteln aber grundsätzlich nicht erlaubt. Derzeit stützt das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Einschätzungen zur AfD vor allem auf öffentlich zugängliches Material. Wird eine Organisation dagegen zum Verdachtsfall erklärt, so ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel möglich, wenngleich auch nur sehr eingeschränkt. Beispielsweise ist dann eine Observation gestattet, ebenso das Einholen bestimmter Informationen von Behörden. Während bei Verdachtsfällen personenbezogene Daten gespeichert werden können, werden bei Prüffällen keine sogenannten Personenakten angelegt. Für die Frage, ob etwa eine Partei vom Verfassungsschutz beobachtet und damit zum Beobachtungsobjekt wird, ist entscheidend, ob extremistische Mitglieder oder Strömungen prägend sind für das Gesamtbild der Partei. Dann können auch V-Leute und die Überwachung von Telekommunikation (auch bei Verdachtsfällen) zum Einsatz kommen.