"Wir können endlich mal wieder Flagge zeigen." Ulrich Philipp, der Sprecher der Schweinfurter Gruppe von Amnesty International (ai), freut sich über die Genehmigung der Stadt, im Vorfeld des Internationalen Frauenwelttags am Montag, 8. März, mit einem Informationsstand am Roßmarkt vor der Sparkasse auf die Gewalt gegen Frauen in Konfliktgebieten der Ukraine aufmerksam machen zu können. Die Schweinfurter ai-Aktiven werden dort am Samstag, 6. März, von 11 bis 13 Uhr Unterschriften für eine Petition an das ukrainische Parlament sammeln.

In der Ukraine sei Gewalt gegen Frauen ein weit verbreitetes, aber tabuisiertes Phänomen, sagt Amnesty International Deutschland. Der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine habe die geschlechtsspezifische Gewalt noch verschärft. ai-Vertreter haben bei ihren Besuchen vor Ort festgestellt: "Überlebende von häuslicher Gewalt erhalten aufgrund der wirkungslosen Maßnahmen der Regierung keinen angemessenen Schutz." Mit Appellbriefen und Petitionen will Amnesty International nun die Regierung auffordern, die entsprechenden Gesetzesänderungen vorzunehmen, dass häusliche Gewalt nach nationalem Recht eine Straftat darstellt.
Behörden lassen Frauen im Stich
Es gebe zwar Gesetze gegen häusliche Gewalt, weiß ai-Sprecher Ulrich Philipp, aber darin seien viele Ausnahmen verankert. Zum Beispiel gebe es keine Strafverfolgung bei Militärangehörigen. Oder die Polizei werde erst tätig, wenn mehrere Anzeigen wegen häuslicher Gewalt vorliegen. Amnesty International Deutschland schildert den Fall von Oksana Mamchenko aus der Region Donetzk. Die geschiedene Mutter von zwölf Kindern habe jahrelang unter physischer und psychischer Gewalt durch ihren Ex-Ehemann gelitten, weil die Behörden sie im Stich gelassen hätten. Oder der Fall von Irina, deren Ehemann, ein Ex-Militant, seine beiden Kinder mit der Axt bedrohte, aber strafrechtlich nicht belangt wurde.
"Das sind keine Einzelfälle, das ist ein systemrelevantes Problem", sagt Ulrich Philipp. Und darauf will Amnesty International den Fokus richten. Deutschlandweit wird es deshalb zum Internationalen Frauentag Aktionen geben. "Wir sind begierig, endlich mal wieder etwas für die Menschenrechte zu tun", verweist der Schweinfurter ai-Sprecher auf die durch die Corona-Pandemie brachliegende Öffentlichkeitsarbeit seiner Gruppe.
Schweinfurter ai-Gruppe kämpft für die Freilassung eines inhaftierten Lehrers im Iran
Hinter den Kulissen haben die Aktiven freilich fleißig weitergearbeitet. Aktuell kämpft die Schweinfurter ai-Gruppe für die Freilassung von Esmail Abdi. Der Mathematiklehrer und Vorsitzende der Lehrergewerkschaft im Iran verbüßt wegen seiner gewerkschaftlichen Aktivitäten, dazu gehörten friedliche Demonstrationen von Lehrkräften gegen ihre schlechte Bezahlung und den niedrigen Bildungsetat, seit November 2016 eine sechsjährige Haftstrafe. Seit März vergangenen Jahres werden Unterschriften für eine Petition an das Oberste Gericht in Teheran gesammelt und Appellbriefe geschrieben.
"Leider werden offizielle Schreiben an die Regierungsbehörden im Iran nicht zugestellt", verweist Ulrich Philipp auf die schwierige Situation. Die Briefe gehen über eine Sammelstelle von Amnesty International in London an Familienmitglieder, die sie an die iranische Vertretung in der Menschenrechtsorganisation in Genf weiterleiten. Die Kommunikation sei sehr schwierig. In der letzten Nachricht erfuhren die Schweinfurter Aktiven, das Esmail Abdi an Covid-19 erkrankt sei, aber keine medizinische Behandlung erhalte. "Wir bleiben weiter dran", versichert Ulrich Philipp.
Die Schweinfurter ai-Gruppe engagiert sich seit 1972 global gegen Menschenrechtsverletzungen und lokal für die Vermittlung der Bedeutung der Menschenrechte für eine demokratische Gesellschaft. Es sind zwar nur acht Aktive, aber es gibt viele Unterstützen, die im Hintergrund ideell und finanziell helfen. "Wir sind sehr dankbar für den Rückhalt und die Unterstützung der Bevölkerung in Schweinfurt", so Ulrich Philipp.
Hinweis: Die Amnesty-International-Gruppe ist am Samstag, 6. März, von 11 bis 13 Uhr mit einem Infostand am Roßmarkt vor der Sparkasse vertreten. Interessierte können dort die Petition zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen in Konfliktgebieten der Ukraine unterschreiben und sich über die Arbeit von Amnesty International informieren.