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Schweinfurt: Schweinfurter Schulleiter der FOS/BOS erzählen aus Ihrem Alltag: "Das einzige Problem aktuell ist der Neubau"

Schweinfurt

Schweinfurter Schulleiter der FOS/BOS erzählen aus Ihrem Alltag: "Das einzige Problem aktuell ist der Neubau"

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    Wechsel an der Spitze: Der ehemalige Direktor der FOS/BOS Schweinfurt, Harald Bauer (links), und sein Nachfolger Ralf Prosch sprechen im gemeinsamen Interview über die Vergangenheit und Zukunft ihrer Schule.
    Wechsel an der Spitze: Der ehemalige Direktor der FOS/BOS Schweinfurt, Harald Bauer (links), und sein Nachfolger Ralf Prosch sprechen im gemeinsamen Interview über die Vergangenheit und Zukunft ihrer Schule. Foto: Anand Anders

    Im "Ofra"-Anbau auf dem Gelände der Friedrich-Fischer-Schule (FOS/BOS) in Schweinfurt sitzen die Schülerinnen und Schüler gerade im Unterricht. Auf dem Schulhof davor stehen zwei Herren, deren beider Karrieren kaum bezeichnender miteinander verwoben sein könnten als mit dem dahinter liegenden Gebäude. Mit über 1000 Schülerinnen und Schülern ist die Fachober- und die Berufsoberschule eine der größten weiterführenden Schulen in Schweinfurt und Region.

    Zwölf Jahre lang hat Harald Bauer die FOS/BOS geleitet. Jetzt reicht er den Staffelstab an seinen langjährigen Konrektor Ralf Prosch weiter. In einem Interview erklären die beiden, was sie während dieser Zeit bewegt hat, vor welchen Herausforderungen sie die Schule stehen sehen und an welcher Stelle sie sich mehr Ansporn von Politik und Kommunen wünschen. 

    Frage: Sie haben einiges erlebt, Herr Bauer. Gibt es etwas, was Sie im Rückblick bereuen?

    Harald Bauer: Im Nachhinein ist es immer einfach zu sagen, was man vielleicht anders gemacht hätte. Im Großen und Ganzen würde ich aber alles nochmal genau so machen. Vielleicht würde ich heute noch etwas mehr Intensität auf den Umbau oder Neubau der Schule legen, auch wenn das nicht immer so einfach ist. Viele meiner Entscheidungen in meiner Zeit als Schulleiter mussten immer rasch erfolgen. Zum Beispiel als Dittelbrunns Bürgermeister Warmuth uns den Mietvertrag für zehn Klassenzimmer an der Mittelschule kündigen musste oder als der erste Corona-Lockdown angekündigt wurde. In beiden Fällen blieb nur wenig Zeit, um eine akzeptable Alternative zu finden.

    Die Auswirkungen der Corona-Pandemie trafen ihre Schule weniger hart als andere. Woran lag das?

    Bauer: Die FOS/BOS ist eine berufsbildende Schule. Wir haben schon in den letzten Jahren erkannt, dass ohne die Digitalisierung im beruflichen Bereich nichts mehr geht. Meiner Meinung nach ist es ein Erfordernis der Schulen, Schüler rechtzeitig vorzubereiten, indem man entsprechendes Material im Unterricht einsetzt. Ein Smartphone lässt sich zum Beispiel wunderbar in den Unterricht einbinden, um zu recherchieren oder virtuelle Ansichten einzubinden. Dazu kommt, dass Zeit an unserer Schule schon immer kostbar war. Und wenn die Technik veraltet ist, geht viel Zeit verloren. Ich hatte schon immer eine Affinität für die elektronische Datenverarbeitung (EDV).

    Warum tun sich andere Schulen möglicherweise schwerer mit der Digitalisierung?

    Bauer: An vielen Schulen in Bayern ist es ein Problem, dass kein klares Konzept besteht. Andere Länder wie Baden-Württemberg sind da deutlich weiter. Aber auch seitens der Stadt fehlt die Unterstützung. Alles, was wir an unserer Schule in den vergangenen Jahren umgesetzt haben, haben wir ohne die EDV-Abteilung der Stadt Schweinfurt und ohne Hilfe von außen gemeistert. Man kann aber meiner Meinung nach nicht von jedem Schulleiter oder Kollegium verlangen, dass er oder es die gleiche Affinität zur EDV hat. Den Schulen fehlt oft der Gesamtüberblick.

    Wer steht hier ihrer Meinung nach in der Verantwortung? Die Schulen oder die Kommunen?

    Bauer: Was die Technik angeht, liegt die Verantwortung meiner Ansicht nach klar bei den Kommunen als Sachaufwandsträger. Viele Kommunen haben noch nicht erkannt, dass sie jemanden dafür abstellen müssen, der sich gesondert um die Digitalisierung an den Schulen kümmert und dort als Ansprechpartner dient. Der bürokratische Aufwand bei Ausschreibung und Investitionen ist hoch. Und die Kommunen kommen hier oft nicht hinterher. Ein Beispiel: Kürzlich haben wir wieder neue Computer erhalten. Die Wartezeit dafür betrug ein ganzes Jahr. In der Industrie wäre sowas undenkbar.

    Auch der künftige Schulleiter der Friedrich-Fischer-Schule FOS/BOS in Schweinfurt hätte gerne alle Schulgebäude an einem Standort.
    Auch der künftige Schulleiter der Friedrich-Fischer-Schule FOS/BOS in Schweinfurt hätte gerne alle Schulgebäude an einem Standort. Foto: Fuchs-Mauder

    Wie könnte man das ihrer Meinung nach lösen?

    Bauer: Man muss das Rad nicht neu erfinden. Was die technische Hardware angeht, ist der Bedarf an jeder Schule gleich hoch. Die Kommunen sollten das konzeptionell in die Hand nehmen und sich mit ihren Schulen austauschen. Aber auch die einzelnen Schulen könnten deutlich besser zusammenarbeiten. Mein Eindruck ist, dass viele da noch ihr eigenes Süppchen kochen. Allerdings profitiert die FOS/BOS auch klar davon, dass sie ihren Haushalt direkt vom Zweckverband gestellt bekommt.

    Der Sachaufwandsträger der FOS/BOS ist ein Zweckverband, der sich aus der Stadt und dem Landkreis zusammensetzt. Haben Sie das Gefühl, dass ihre Schule im Entwicklungsplan oft hinten anstand?

    Bauer: Grundsätzlich wurden wir die letzten elf Jahre gut bedient. Was die Ausstattung der Schule und unsere Mittel angeht, hat es nie Schwierigkeiten gegeben. Man hat uns in der Vergangenheit viel freie Hand gelassen. Das einzige Problem aktuell ist der Neubau. 

    Ist der fehlende Gestaltungswille bei der Digitalisierung ein Schweinfurt spezifisches Problem?

    Ralf Prosch: Das fehlt auch in anderen Kommunen, nicht nur in Schweinfurt. Wir haben das Glück, dass an unserer Schule eine hohe digitale Kompetenz und Motivation im Kollegium vorhanden ist. Unser Team setzt sich immer wieder zusammen und überlegt, was die nächsten Schritte sein könnten und in welche Richtung wir uns bewegen müssen. In anderen Schulen sind es meist normale Lehrer, die neben ihrer eigentlichen Tätigkeit quasi nebenbei noch als Systembetreuer die Schule digitalisieren sollen. Das kann nicht funktionieren. Schulen, die diese digitale Kompetenz nicht selbst bei sich tragen, brauchen definitiv jemanden, der das von der Kommune aus hineinträgt, eine Art Beauftragter für digitale Innovation.

    Herr Prosch, herrscht bei ihnen im Kollegium aktuell Katerstimmung, jetzt wo Herr Bauer die Schule verlässt?

    Prosch: Die Stimmung war vorher, und ist auch aktuell weiter gut. Natürlich werden wir ihn vermissen. Schließlich hat Herr Bauer unsere Schule in den vergangenen Jahren stark geprägt. Aber es ist nicht meine Art mich im Leid zu suhlen. Das Ganze wird jetzt sicher auch eine andere Dynamik bekommen. Dadurch, dass ich ein Eigengewächs aus dem Hause bin, kennen mich die Lehrkräfte zwar als Persönlichkeit, aber noch nicht als Schulleiter. Ich glaube, dass die Kolleginnen und Kollegen offen sind für das, was kommt.

    Was kommt denn? 

    Prosch: Ich werde weiterhin alles daran setzen, dass sowohl die Kolleginnen und Kollegen als auch unsere Schülerschaft positiv auf den Arbeits- und Schulalltag blicken. Gerade letztere sollten sich später wohlwollend an ihre Schulzeit zurückerinnern. Hierfür möchten wir das Schulgefühl stärken und ein schönes Schulleben ermöglichen. Dazu gehören moderne Unterrichtskonzepte, die dank der Vorarbeit der letzten Jahre nun in allen Räumen unserer Schule umsetzbar sind. Die Aufgabe jetzt wird es sein, die modernen Mittel mit der Pädagogik zu verbinden. Aber auch passende Hilfsangebote und Resilienzförderung für Schülerinnen und Schüler anzubieten. Die Schule muss Spaß machen.

    Also hinterlässt Herr Bauer keinen Scherbenhaufen?

    Prosch: Wir profitieren sehr von der derzeitigen Situation in unserer Schule. Für mich ist der "Ist-Stand" einer, bei dem ich weiß, dass ich modern unterrichten kann. Wir haben neues Mobiliar, Farbkonzepte, modernste Technik und sanierte Toiletten. Da fürchte ich auch keine Pandemie mehr. Als Nachfolger sehe ich es allerdings auch als meine Verpflichtung, weiter dranzubleiben. Die Digitalisierung ist kein statischer sondern ein dynamischer Prozess, der eine dauerhafte Optimierung erfordert. Auch beim geplanten Neubau werde ich weiter deutlich machen, wie wichtig uns diese ganze Veränderung ist – egal, welche Sachzwänge es gibt.

    Was erhoffen sie sich aus dem Neubau?

    Prosch: Um die räumliche Spaltung unserer Schulstandorte aufzuheben, bleibt unser Ziel weiterhin ein gemeinsamer Campus. Möglicherweise auch in Zusammenarbeit mit der Wilhelm-Sattler-Realschule von gegenüber. Unsere beiden Schulen arbeiten seit Jahren gut zusammen. Mit einem Neubau hoffen wir, gemeinsame Ideen entwickeln zu können. Was das betrifft, bin ich aber zuversichtlich. Ich selbst bin schon seit 20 Jahren an dieser Schule. Die Zusammenarbeit zwischen uns, Landkreis und Stadt, hat in dieser Zeit immer gut funktioniert.

    Der Umzug eines Teils ihrer Schüler in die alte Körnerschule musste schon etliche Male verschoben werden. Ist das nicht frustrierend? 

    Bauer: Natürlich ist das nicht schön. Aber wenn ich von etwas frustriert bin, dann merkt das mein Gegenüber. Als Schulleiter hat man aber Verantwortung für Schüler, Lehrer und Eltern. Es muss immer so sein, dass die Schülerschaft sich in einem guten Umfeld versteht, um sich angemessen auf das Abitur vorbereiten zu können. Man darf sich nicht hinter anderen verstecken und denen dann die Schuld für den schlechten Unterricht zuweisen. Eine Schule muss zeigen, dass sie mit den Mitteln, die sie hat, umgehen kann und gleichzeitig alles dafür tun, dass bessere Mittel zur Verfügung gestellt werden.

    Wie hat sich der Schul- und Bildungsweg der Schüler von früher im Vergleich zu heute verändert?

    Bauer: Grundsätzlich verändert hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler – auch weil wir uns eigene Konkurrenz machen. Wenn mehr Schüler nach der Realschule zu uns an die FOS kommen, brauchen diese später kein Fachabitur mehr an der BOS abzulegen. Zum anderen bietet die Wirtschaft mittlerweile gute Aufstiegsmöglichkeiten. Die Unternehmen zahlen schlicht mehr Geld und bieten ihren ausgebildeten Fachkräften eine Perspektive, um sie zu halten. Auch das Schülerklientel hat sich deutlich verändert. Bedingt durch die Flüchtlingsbewegungen und die türkischen Gastarbeiterfamilien in Schweinfurt haben wir viele Menschen mit Migrationshintergrund bei uns. Zudem haben wir doppelt so viele Schüler, die aus der Mittelschule zu uns kommen als früher.

    Wie wollen sie das künftig auffangen?

    Prosch: Um die Durchfallquote zu reduzieren und Schüler besser vorzubereiten, haben wir Vorklassen eingeführt. Die Lese und Schreibfähigkeiten haben deutlich abgenommen. Daher ist es notwendig, dass wir die Schüler beim Umgang und in der Kommunikation unterstützen. Das läuft bei uns über ein internes und kostenfreies Tutorensystem. Abiturienten, die fehlerfrei schreiben, sind heute die Ausnahme. Aber auch die mathematischen Fähigkeiten lassen nach. Ich sehe es als unsere Aufgabe, das aufzufangen und nicht an die Hochschulen weiterzugeben.

    Braucht man heute überhaupt noch Abitur, um in einen Job zu kommen?

    Prosch: Der defizitäre Gedanke, dass es ein Nachteil sei, wenn das Kind es nicht auf das Gymnasium geschafft hat, besteht weiter fort. Für mich war es immer das schönste, wenn jemand sich über seine Eigenschaften hinweg entwickelt hat. Ein Schüler, der seinen Weg von der Mittelschule zu uns über die Vorklasse hin zum Fachabitur und dann in einen Beruf findet, legt eine ideale Karriere hin. Ich glaube, dass gerade die Komplexität, die der heutige Arbeitsmarkt fordert, eine Oberstufe rechtfertigt. Jeder Weg ist gleichberechtigt. Es müssen nur alle das finden, was sie persönlich glücklich macht. Bildung sticht immer.

    Sie sprechen von Bildungschancen, oder?

    Prosch: Wir repräsentieren Bildungsgerechtigkeit per se. Bei uns an der Schule sind tatsächlich auch bildungsferne Familien, von denen dann das erste Kind ein Abiturzeugnis erhält. Als FOS/BOS stellen wir einen Schultyp dar, bei dem auch Menschen aus finanziell schwächeren Familien einen akademischen Weg Richtung Hochschule einschlagen können. Daher sind wir aber auch auf mehr staatliche Unterstützung angewiesen, weil die Eltern eben nicht genug Geld übrig haben, um ihren Kindern eine teure Nachhilfe zu ermöglichen. 

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