Vielen Gerolzhöfern wird es sicher schon aufgefallen sein: Das Schlagwerk der Stadtpfarrkirche ist defekt. Doch die Reparatur der Mechanik steht bevor.
Hoch oben im Nordturm des Steigerwalddoms ist die Mechanik ausgefallen, die für die Viertelstundenschläge zuständig ist. Dies hat zur Folge, dass um Viertel, Halb und Dreiviertel die Glocke stumm bleibt. Und zur vollen Stunde fehlen auch die vier Viertelschläge, ehe dann die vollen Stunden angeschlagen werden.
Die Reparatur ist bereits in Auftrag gegeben, sagt Pfarrer Stefan Mai auf Anfrage. In den kommenden Tagen müssten die Monteure eintreffen, um den Schaden zu beheben. Dann wird es wieder die gewohnten Glockenschläge hoch oben im Turm geben.
Die Steuerung erfolgt von der Sakristei aus
Das Läuten und Anschlagen der Glocken geschieht mittels Elektromotoren. Die Steuerung erfolgt per Tastendruck von der Sakristei aus. Die stündlich wiederkehrenden Glockenzeichen und die Läut-Termine vor den üblichen Gottesdiensten sind in einer Funkuhr einprogrammiert und erfolgen automatisch. Lediglich beim Läuten außerhalb der Läutordnung, zum Beispiel nach Sterbefällen, muss der Mesner Klaus Schanz selbst die Knöpfe drücken.
Wie sieht die althergebrachte Läutordnung im Steigerwalddom aus?
• Dreimal am Tag läutet eine Glocke, und zwar morgens um 6 Uhr, mittags um 12 Uhr und am Abend um 18 Uhr. Dieses dreimalige Läuten hatte seinen Ursprung in den Stundengebeten der Klöster: am Morgen (Laudes), am Mittag (Mittagshore) und am Abend (Vesper). Das Läuten der Glocke zu diesen drei Zeiten soll die Christen heute zum Beten des Angelus-Gebets auffordern. Das Gebet ist benannt nach seinen ersten drei lateinischen Worten „Angelus Domini nuntiavit Mariae“, zu Deutsch: „Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft“.
Das morgendliche und abendliche Läuten war früher auch das Zeichen, wann die Kirche aufgeschlossen und abgeschlossen wurde. In den heutigen Zeiten mit Vandalismus- und Diebstahlgefahr sind die Öffnungszeiten vielerorts aber deutlich reduziert worden.
• An den Freitagen nachmittags um 15 Uhr: Mit diesem Läuten wird allwöchentlich an die Sterbestunde Jesu erinnert.
• An den Samstagen nachmittags um 14 Uhr: Mit diesem Feiertagsläuten wird der liturgische Beginn des Sonntags angekündigt. Früher war dieses Läuten auch ein wichtiges Zeichen, dass nun die Geschäfte schließen und die Arbeitnehmer, die zumeist immer eine Sechstagewoche hatten, jetzt Feierabend machen können. Und: Wenn Hochfeste auf einen Wochentag fallen, können am Vortag auch um 14 Uhr die Glocken den Festtag „einläuten“.
• Bei Sterbefällen: Es läutet nur die kleine Sterbeglocke mit zwei kurzen Unterbrechungen. Das dreimalige Geläut wird auch als Schiedläuten oder Schiedung bezeichnet und gibt das Zeichen, dass ein Mitglied der Pfarrgemeinde verstorben ist. Dieses Läuten hat eine Jahrhunderte alte Tradition. Schon im Jahr 1756 stiftete das Ehepaar Tobias und Ursula Reinhard 100 Gulden. Mit den Zinsen dieses Betrages wurde der Mesner bezahlt, wenn er – damals noch per Hand – die Sterbeglocke dreimal läutete.
• Vor den Gottesdiensten: In Gerolzhofen wird etwa 20 Minuten und dann nochmals fünf Minuten vor dem Beginn der Messe geläutet. Beim ersten Läuten wird nur eine der fünf Glocken aktiviert, beim „Zusammenschlagen“ fünf Minuten vor dem Gottesdienst erklingen in der Regel vier Glocken. An hohen Festtagen kommt noch die große Glocke – die Christkönig-Glocke, einst gestiftet vom Teichwirt Richard Schanz – hinzu, die alleine im Nordturm der Stadtpfarrkirche hängt.
• Zur Wandlung: Während der Priester in der Messe nacheinander Hostie und Kelch hochhält, läutet im Turm eine Glocke. Zeitgleich läuten die Ministranten vor dem Altar mit ihren Schellen. Dieses Klingeln ist noch ein Relikt aus der Zeit, als der Priester in der Apsis durch einen Lettner vom gemeinen Volk im Kirchenschiff getrennt war und man ihn nicht sehen konnte. Deswegen wurde für die Kirchenbesucher zumindest ein akustisches Signal gegeben, dass gerade die Wandlung stattfindet.
• Sonderfall in der heiligen Woche: In der Messe am Gründonnerstag wird letztmals zum „Gloria“ mit dem gesamten Geläut geläutet, anschließend unterbleibt jedes Läuten, bis in der Osternacht der Priester festlich das „Gloria“ anstimmt. Mit dem Einsetzen der Orgel werden auch alle Glocken angeschaltet. An den Kartagen, wenn die Glocken schweigen, sind als Ersatz Kinder und Jugendliche mit ihren Ratschen in der Stadt unterwegs, um volle Stunden und die Anfangszeiten von Gottesdiensten anzukündigen.
• Sonderfall in Rügshofen: Im Stadtteil läutet das Glöckchen am ehemaligen Rathaus auch um 11 Uhr. Es ist allerdings kein liturgisches Zeichen, sondern rein weltlicher Natur. Es war früher als Zeitzeichen gedacht, das den Frauen daheim oder draußen auf dem Acker bedeutete, dass es nun Zeit ist, mit dem Kochen zu beginnen, damit das Essen möglichst pünktlich beim nächsten Läuten um 12 Uhr auf dem Tisch steht. Ältere bezeichnen dieses Läuten daher als „Weiberangst“.