Es gibt sie noch, die Jugendlichen, die einen großen Teil ihrer Freizeit opfern, um etwas für andere zu tun. Beispiel Katholische Junge Gemeinde (KJG) Gerolzhofen. Sie richtet seit 40 Jahren ein Sommerzeltlager aus, bei dem in den letzten Jahren bis zu 150 Kinder und Jugendliche dabei waren. Das KJG-Lager ist damit das größte im Landkreis, wie das Landratsamt Schweinfurt als Zuschussgeber bestätigt.
Heutzutage ist es nicht mehr damit getan, einen Bauern zu fragen, ob man auf seiner Wiese zelten darf, irgendwo einen Donnerbalken zu bauen und die Kinder stundenlang Fußball spielen zu lassen. Ein Lager wie das der KJG erfordert einen ungeheuren logistischen Aufwand und auch die Programmmacher für die eine Woche müssen an ihre Grenzen gehen.
Vier Tage Schulung
26 Jugendleiter, vorwiegend KJGler, nahmen deshalb eine viertägige Schulung im Pfarrer-Hersam-Haus auf sich. Jeder Tag hatte acht Stunden volles Programm. Wer danach die begehrte Jugendleiterkarte (Juleica) wollte, musste auch noch einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren. Mit dieser Ausbildung will die KJG sicherstellen, dass auf ihrem Zeltlager „pädagogisch was geboten wird“, sagt Lena Hillebrand, die dabei war.
Die Jugendlichen lernten neben Gruppen- und Erlebnispädagogik mit Spielideen Wissenswertes zur Aufsichtspflicht, zur Öffentlichkeitsarbeit und zur Prävention sexueller Gewalt. Lukas Böhm hält das für notwendig, „denn wir bekommen von den Eltern einen ungeheuren Vertrauensvorschuss.“ So ist es zwingende Vorschrift, dass jeder Leiter ein aktuelles Führungszeugnis hat.
KJG-intern gibt es im Vorfeld eines Lagers viel zu tun. Das fünfköpfige Organisationsteam sucht und bucht den Zeltplatz. „Zurzeit ist das Team schon dabei, den Platz für 2017 auszuwählen und festzumachen“, erklärt KJG'ler Lukas Böhm.
Dann gibt es das sechsköpfige Programmteam, das die gesamte Zeltlagerzeit durchplant. Dieses Programm, zum Beispiel die Lagerolympiade setzen dann die Gruppenleiter am Zeltplatz um. Zum Programm gehört es auch, bewusst in freier Natur zu leben oder einmal zu sehen, was man mit Hammer und Nägeln alles machen kann. Die Kinder werden eingeladen, mal aufs Handy und andere elektronische Geräte zu verzichten und dafür die Sinne einzusetzen. Dennoch gibt es auch technische Programmteile wie das Drehen eines Videos. Eins aber ist auch im digitalen Zeitalter geblieben: Die abendliche Runde am Lagerfeuer, ganz ohne Technik, nur mit Gesang und Klampfe. „Da macht immer noch jeder mit“, berichtet Böhm. Das gilt auch für die Nachtwachen, um Überfälle abzuwehren.
Ganz wichtig sind natürlich die 15 Leute vom Küchenteam, denn 150 hungrige Mäuler wollen erst einmal gefüttert sein. Diese Mitarbeiter müssen sich in den Bestimmungen der Hygiene auskennen.
Auch finanziell ist ein Lager dieser Dimension ein Kraftakt. 13 000 bis 14 000 Euro kostet die Veranstaltung, davon alleine 3000 bis 4000 Euro für die Platzmiete, berichtet Uwe Bohn, der schon seit Jahrzehnten dabei ist. Unterstützung gibt es durch die heimische Geschäftswelt. Das hilft, die Teilnehmergebühr niedrig zu halten. Nach dem Lager geht es darum, Zuschussanträge an Landkreis und Stadt zu stellen. Auch hier lohnt sich die Juleica. Wenn mehr als 30 Prozent der Betreuer ausgebildet sind, gibt es einen höheren Zuschuss.
Viel Geld hat die KJG in ihr eigenes Zeltlagerinventar gesteckt. Für Zelte, Küchenausstattung, Geräte und Werkzeuge ist nach dem Umbau kein Platz mehr im Pfarrer-Hersam-Haus, so dass die VR-Bank Gerolzhofen einen Raum in Mönchstockheim zur Verfügung gestellt hat.
Zurück zum jugendlichen Idealismus: Unter den Leitern ist keiner, der nicht irgendeinen Job im Lagerleben hat. Sich einen schlauen Lenz machen, ist nicht drin. „Nach einer Woche gehen wir meistens heim und sagen, jetzt bräuchten wir eine Woche Urlaub“, sagt Lena Hillebrand. Viele sind schon in Ausbildung oder Beruf und opfern einen Teil ihres Urlaubs. Zwar zahlen sie einen etwas geringeren Teilnehmerbeitrag, doch eine echte Entlohnung ist das nicht.
28 000 Tage Ganztagesbetreuung
Uwe Bohn rechnet vor: Wenn man in 40 Jahren Zeltlager durchschnittlich 100 Teilnehmer rechnet, wurden 4000 Kinder und Jugendliche betreut. „Jeweils sieben Tage pro Lager angesetzt, ergibt das 28 000 Tage Ganztagesbetreuung von Kindern. Und das alles ehrenamtlich.“
Stichwort Kinder: Früher war das Zeltlager ein Selbstläufer, beim Anmeldetermin rannten die Teilnehmer der KJG die Bude ein. Jetzt muss die KJG über Plakate und Flyer sogar Werbung fürs Lager machen. Hauptgrund: Es gibt einfach weniger Kinder als nach 1974, wo in Sandberg alles begann. Und: Andere Optionen für die großen Ferien sind eben mehr geworden und es ist eben nicht mehr Sache eines jeden Kinds oder Jugendlichen, eine Woche im Zelt zu leben. Trotzdem: „Wir müssen zwar etwas mehr tun als früher, aber wir bekommen das Lager immer noch voll“, sagt Lukas Böhm.
Infos über das Zeltlager
Am KJG-Zeltlager vom 31. August bis 7. September auf dem Platz bei Neubrunn (Lkr. Würzburg) können Kinder ab neun Jahre teilnehmen. Gebühren: 80 Euro für KJG-Mitglieder und Ministranten, 90 Euro für Nichtmitglieder, 65 Euro für Jugendleiter mit Juleica. Die Anmeldung ist noch möglich an den Sonntagen, 22. und 29. Juni sowie 13. und 20. Juli, jeweils von 18 bis 19 Uhr und nach vorheriger telefonischer Vereinbarung bei Karin Förster, Saarstraße 14, 97447 Gerolzhofen, Tel. (0 93 82) 31 09 42.