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SCHWEINFURT: Landgericht Schweinfurt: VW muss Diesel zurücknehmen

SCHWEINFURT

Landgericht Schweinfurt: VW muss Diesel zurücknehmen

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    Der VW-Konzern muss einen Audi Q5 zurücknehmen und der Eigentümerin 25 600 Euro erstatten, urteilte das Landgericht Schweinfurt. Das Verhalten des Konzerns sei sittenwidrig, die Abschalteinrichtung gesetzwidrig und bedeute einen Mangel.
    Der VW-Konzern muss einen Audi Q5 zurücknehmen und der Eigentümerin 25 600 Euro erstatten, urteilte das Landgericht Schweinfurt. Das Verhalten des Konzerns sei sittenwidrig, die Abschalteinrichtung gesetzwidrig und bedeute einen Mangel. Foto: Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Gegenüber dem Wolfsburger Autobauer wird die Richterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts in ihrer Urteilsbegründung sehr deutlich: „Das Verhalten der Beklagten ist sittenwidrig“, die „vorgenommene Optimierung der Motorsteuerungssoftware ist gesetzwidrig.“ Und weiter: „Es verstößt auch gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn ein Hersteller eine Software einsetzt, die die Einhaltung der gesetzlichen Umweltstandards bewusst ,vorspielt', um damit ein dem gesellschaftlichen Zeitgeist der Umweltfreundlichkeit und Umweltverträglichkeit entsprechendes Fahrzeug zu vermarkten.“

    Verstoß gegen die guten Sitten

    Im Urteil vom 9. Oktober dieses Jahres heißt es, dass die Eigentümerin (Erbin) eines Audi Q 5, gekauft von ihrem verstorbenen Vater im Jahr 2012 für 34 200 Euro, den mit einer verbotenen Abschalteinrichtung ausgestatteten Wagen zurückgeben kann und – unter Abzug des Nutzungsanteils – 25 600 Euro plus fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit 11. August 2017 erstattet bekommt. Dies gilt auch für die außergerichtlichen Kosten von knapp 1360 Euro. (Az: 13 O 18/18). Seit dem 11. August 2017 befinde sich der beklagte Wolfsburger Autokonzern in „Annahmeverzug“, das heißt: das Geld wurde der Klägerin bislang nicht.

    Dem Urteil zufolge ist der Anspruch auf Schadensersatz nicht verjährt, wie VW geltend gemacht hatte. Das Verhalten des Konzerns verstoße gegen die guten Sitten. Die im Fahrzeug verbaute unzulässige Abschalteinrichtung mache dieses mangelhaft. Ein „Durchschnittskäufer“ dürfe erwarten, „dass die in der Testphase laufenden stickoxidverringernden Prozesse auch im realen Fahrbetrieb aktiv bleiben und nicht durch den Einsatz einer Software deaktiviert bzw. nur im Testzyklus aktiviert bleiben“.

    „Keiner würde so ein Auto erwerben“

    Laut Gericht geht es im vorliegenden Fall auch nicht nur um geringfügige Abweichungen der Realwerte von den Testwerten. Vielmehr habe „der simulierte Fahrbetrieb mit dem realen Fahrbetrieb aufgrund der Abschalteinrichtung nahezu nichts mehr zu tun“. Es komme gerade nicht darauf an, dass das Fahrzeug „nutzbar“ sei und die Beeinträchtigung mit geringen Kosten in kurzer Zeit behoben werden könne.

    Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung: „Hätte der Vater der Klägerin zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Kenntnis gehabt, dass eine Betriebsuntersagung drohen kann, steht für das Gericht außer Zweifel, dass kein Käufer ein solches Fahrzeug erwerben würde.“ Also müsse der VW-Konzern Schadensersatz leisten. Berufung zum OLG Bamberg wurde zugelassen. Nach Einschätzung der Düsseldorfer Anwaltskanzlei, die die Klägerin vertreten hatte, sind mit dem Landgerichtsurteil, die Chancen der Betroffenen, ihre software-getunten Dieselautos an den VW-Konzern zurückzugeben, „in der Region Schweinfurt deutlich gestiegen“.

    Zwölf OLG-Urteile im Sinne von VW

    Laut VW-Pressesprecher Christopher Hauss hat der VW-Konzern Berufung gegen die Schweinfurter Entscheidung eingelegt. Für Kunden-Klagen gebe es „aus unserer Sicht keine Rechtsgrundlage“. Die Kunden hätten weder Verluste noch Schäden erlitten. Die Fahrzeuge seien sicher und fahrbereit. Mittlerweile seien rund 9000 Urteile in der Diesel-Thematik ergangen. Vor Land- und Oberlandesgerichten blieben „Klagen von Volkswagen-Kunden überwiegend erfolglos“. Es gebe aktuell „zwölf Urteile von Oberlandesgerichten, die allesamt im Sinne von Volkswagen beziehungsweise im Sinne der Händler ausgefallen sind“.

    Klagerücknahme nach Würzburger Urteil

    Im Februar dieses Jahres hatte bereits das Landgericht Würzburg VW verurteilt, wegen „vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung“ einen „Tiguan Sport“ mit Zwei-Liter-Dieselmotor zurückzunehmen und dem Käufer über 24 000 Euro zu erstatten. Berufung zum OLG Bamberg wurde zugelassen. Doch wenig später nahm der Kläger, der gerade gegen VW so spektakulär gewonnen hatte, seine Klage zurück mit dem Ergebnis, dass die Wirkung des Urteils „beseitigt“ war, so ein Pressesprecher des Landgerichts Würzburg. Damit hatte sich auch eine etwaige Berufungsverhandlung erledigt.

    Weder der Anwalt des Klägers, noch ein VW-Pressesprecher wollten sich damals hierzu erklären. Mit dem Dieselthema befasste Anwälte vermuten, dass VW sich die Klagerücknahme „ordentlich was hat kosten lassen“ und den Kläger mit der Vereinbarung einer hohen Vertragsstrafe zum Stillschweigen verpflichtet habe.

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