Seit zweieinhalb Jahren wird am künftigen Pflegeheim "Haus am Sennfelder See" gebaut, was die Nerven der Anlieger und der Gemeinde strapaziert. Neben Baulärm und -dreck sowie Parkplatzproblemen und Verkehrsbehinderungen geht aktuell bei den Nachbarn die Sorge wegen des anstehenden Grundwassers um. Denn auf der Baustelle laufen Tag und Nacht die Pumpen.
In der Bürgerversammlung kam das unfertige Bauwerk an der Ecke Hauptstraße/Johann-Wenzel-Straße erneut zur Sprache. Anwohner Peter Ankenbauer befürchtete, dass das unterkellerte, dreistöckige Gebäude nicht wasserdicht sei und dort eventuell dauerhaft das Grundwasser abgepumpt und damit abgesenkt werden müsse. Woraus sich dann aufgrund von entstehenden Hohlräumen Setzungen und Schäden an Nachbargebäuden und Straßen ergeben könnten, so seine Annahme.
Am Baugelände steht das Grundwasser sehr hoch an
Zum Hintergrund: Am Baugelände, einem früheren Gemüseland, steht – wie so oft in Sennfeld – das Grundwasser sehr hoch an. Wer hier baut, muss besondere Bauweisen beachten, damit das Gebäude wasserdicht wird. Bauträger des künftigen Pflegezentrums ist die Projektgesellschaft Rübengarten, eine Tochter der Unternehmensgruppe Schellmann, die deutschlandweit Pflegeheime baut. 104 Pflegeapartments sind es in Sennfeld, sie werden als Kapitalanlage verkauft und an Pflegebedürftige vermietet. Betreiber des Hauses ist die Münchner Korian-Gruppe.

Die Baugrube wurde ringsum mit eisernen Spunddielen versehen, um im Arbeitsraum das Grundwasser abzupumpen. Dafür gibt es eine befristete Genehmigung des Landratsamtes, die bereits zweimal verlängert wurde, wie Sennfelds Bürgermeister Oliver Schulze auf Nachfrage der Redaktion erklärt. Denn aufgrund einer Insolvenz des Generalunternehmers sowie weiterer Probleme verzögert sich der Bau, der im Juni 2017 begann. Der geplante Eröffnungstermin wurde schon mehrmals verschoben. Christoph Schellmann, geschäftsführender Gesellschafter der Schellmann Unternehmensgruppe, geht auf Nachfrage der Redaktion von einer Übergabe an den Betreiber bis März/April 2020 aus.
Befristete wasserrechtliche Erlaubnis
Die aktuelle wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser und zur Einleitung über eine Rohrleitung in den Altmain, den Sennfelder See, ist nach Auskunft des Landratsamtes Schweinfurt bis zum 30. November 2019 befristet. Sie ist verbunden mit der Auflage, nach Beendigung der Baumaßnahme die Spundwandverbauungen und alle weiteren erstellten Anlagen wieder komplett zurück zu bauen.
Der Bauherr selbst informiert auf Nachfrage, dass jetzt alle Grundleitungen gelegt worden seien. Der Arbeitsraum könne verfüllt und auch die Wasserpumpen abgeschaltet und abgebaut werden. "Diese Arbeiten müssen auch von Baugrundgutachtern geprüft und genehmigt werden, deshalb können Schäden an Nachbargebäuden ausgeschlossen werden", lautet die Stellungnahme von Christoph Schellmann zu den Befürchtungen der Anwohner. Und: "Hier wird keine dauerhafte Absenkung betrieben."
Bürgermeister versucht zu vermitteln
Bürgermeister Schulze hat bereits Erfahrung mit den Sorgen der Anlieger. Er versucht zwischen ihnen und dem Bauherrn zu vermitteln. "Die Gemeinde ist wöchentlich vor Ort" - sei es wegen Klagen zu Verschmutzungen, verkehrsrechtlichen Anordnungen oder Parkverboten. Er könne den Ärger der Anwohner auch verstehen und vertrete ihre Anliegen auch gegenüber dem Bauherrn.
Schulze weiß auch, dass es unterschiedliche Interessen und Probleme bezüglich der Spundwände gibt. So wurden bei der direkt benachbarten Spenglerei von Herbert Rückert die metallenen Dielen an dessen Grundstück entlang in nur einem Meter Entfernung in den Boden gerammt. "Da hat das Geschirr im Schrank geklirrt und alles vibriert", erinnert sich seine Frau Hedwig. Ob die Risse in Rückerts direkt angrenzender Garage und auf seinem Hof daher rühren, ist aktuell Gegenstand von Verhandlungen mit der Schellmann-Gruppe, erklärt der Spengler. Er hat einen Rechtsanwalt beauftragt.
Spundwände im Boden lassen?
Rückert hat auch ein Gutachten anfertigen lassen, das davon ausgeht, dass die Spundwände besser im Boden bleiben sollten. "Sonst kippt das hier bei uns weg." Diesem Wunsch wolle der Bauherr offenbar auch entsprechen, weiß der Bürgermeister. Nur entlang der Johann-Wenzel-Straße sollten einige Spund-Teile entfernt werden, um Versorgungsleitungen in das Gebäude legen zu können.
Dass das in den Augen der Anwohner überdimensionierte und am falschen Platz gebaute Pflegeheim immer wieder ein Streitpunkt ist, wird bei einem emotionalen Vor-Ort-Treffen deutlich. Die Nachbarn Harald Zeidler, Reiner Volkmar, Günther Schneider, Walter Großmann oder Helga Dorsch sagen, sie seien vor kurzem vom erneuten vibrationsstarken Einrammen von Spundwänden überrascht worden. An der Ecke Johann-Wenzel-Straße/Mollengasse wurde auf dem Gelände des Pflegeheims eine Art stählerne Zisterne in den Untergrund gestellt.
Auffangbecken für Oberflächenwasser
"Das ist nach unserer Information ein Auffangbecken für Oberflächenwasser bei Starkregen", sagt der Bürgermeister, kein Sammelbecken für dauerhaft abzupumpendes Grundwasser, wie es die Nachbarn vermuten. Über den Abfluss des gemeindlichen Regenrückhaltebeckens unter der Johann-Wenzel-Straße könne das Wasser dann zeitversetzt Richtung Sennfelder See abgeleitet werden.
Der Gemeinde sei der enge Kontakt zu den Beteiligten wichtig. Deshalb informiere sie jetzt auch die Anwohner per Brief über anstehende Veränderungen. Eine Hotline, wie sie die Anlieger wünschen, gibt es von Seiten des Bauherrn nicht. "Allerdings steht unsere Projekt- und Bauleitung in regelmäßigem Austausch mit den Nachbarn vor Ort." Diese haben dem Pflegeheim längst den Spottnamen "Sennfelder Wasserburg" gegeben.