Nach wie vor stellt der Orthopäde und Chirurg Dr. med. Matthias Blanke ein mangelndes Krankheitsbewusstsein für Osteoporose fest. Das ist der Abbau der Knochensubstanz und der Knochenstabilität mit hohem Risiko für Knochenbrüche und ihren Folgen wie Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Fehlhaltungen.
Der Chefarzt der Orthopädie, Unfallchirurgie, Hand- und Wiederherstellungschirurgie im Leopoldina-Krankenhaus und Chefarzt der Orthopädie in der Geomed-Klinik Gerolzhofen, sprach beim überfüllten Arzt-Patienten-Seminar zum Thema "Osteoporose – Ursachen, Gefahren, Prophylaxe und Therapieformen". In Deutschland gibt es 6,3 Millionen Osteoporose-Betroffene, fast zehn Prozent der Bevölkerung.

Unterschieden wird die primäre Osteoporose, der im Alter auftretende überproportionale Knochenschwund durch hormonelle Veränderungen (Menopause), genetische Veranlagung, Lebensweise. Die sekundäre Osteoporose (nur fünf Prozent) entsteht infolge anderer Erkrankungen (Nieren-, Leber- oder Darmerkrankungen) oder durch Medikamente (Cortison).
Ausführlich erläutert Blanke den Aufbau, das Wachstum und die Biomechanik der Knochen. Frauen erkranken häufiger und früher an Osteoporose (geringere Ausgangsknochenmasse, Menopause). Männer sind nur zu 20 Prozent betroffen und erkranken im Schnitt zehn Jahre später.
Das Risiko vermindern
Positiv beeinflussbar sind die Risikofaktoren vor allem durch eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung: Körpereigene Produktion durch Sonnenstrahlung 20 bis 30 Minuten täglich, Gesicht und Arme frei. Von Oktober bis März empfiehlt Blanke eine Vitamin D-Ergänzung von circa 1000 i.E. (Internationale Einheit) pro Tag. Die meisten Lebensmittel enthalten zu wenig Vitamin D, besonders wichtig für Veganer.
Calcium spielt bei der Osteoporose als der wichtigste Knochenbaustein eine besondere Rolle, im Knochen befinden sich 99 Prozent des Calciumspeichers (etwa 1100 Gramm). Die empfohlene Menge zur Prophylaxe, etwa 1000 mg pro Tag, sei nicht immer durch die Nahrung zu erreichen. Ganz wichtig sei regelmäßige Bewegung und muskuläre Kräftigung sowie ein nicht zu geringes Körpergewicht (BMI nicht unter 20), betont der Chefarzt.
Wann liegt Osteoporose vor: Bestehen Risikofaktoren (Rauchen, familiäre Häufung), Nieren-, Leber- oder Darmerkrankungen, gab es Knochenbrüche bei geringen Belastungen? Ist die Labordiagnostik (unter anderem Vitamin D und Calciumkonzentration) in Ordnung, ist eine Knochendichtemessung (DXA) an der Wirbelsäule und am Schenkelhals auffällig? Der dabei ermittelte so genannte T-Wert gibt die Abweichung der Knochendichte von dem Durchschnitt gesunder 30-jähriger Männer und Frauen an. Liegt er unter minus 2 spricht man von einer Osteopenie, einer Minderung der Knochendichte, einer Vorstufe der Osteoporose.
Liegt der T-Wert unter minus 2,5, besteht eine Osteoporose. Das Risiko eines Knochenbruchs liegt hier bei 80 Prozent in einem Jahr. Dieses Frakturrisiko steigt aber auch durch die Einschränkung der Motorik im Alter, durch Sturzneigung und durch Nebenwirkungen von Medikamenten (niedriger Blutdruck, Schwindel).
Operative oder konservative Therapie
Mit der so genannten Kyphoplastie existiert ein minimalinvasives Verfahren zur Behandlung von Wirbelbrüchen, das schnell die Beschwerden reduzieren kann. Blanke: "Doch Studien zeigen nach sechs Wochen bis zwölf Monaten identische Ergebnisse, was Schmerz, Mobilität und Aufrichtung der Wirbelsäule betrifft". Deshalb würden auch die Fachgesellschaften zunächst einen konservativen Behandlungsversuch empfehlen.
Abschließend erläutert Blanke die wichtigsten Medikamente zur Osteoporose-Therapie, die prinzipiell auf zwei Arten wirken: Der Knochenabbau wird verhindert oder ein Knochenaufbau wird gestärkt. Nach Beginn der Therapie empfiehlt er eine Kontrolluntersuchung nach drei und sechs Monaten, eine DXA-Messung nach ein bis zwei Jahren.
Gerade die durch Osteoporose verursachten Frakturen würden eine besonders hohe Qualifikation auf dem Gebiet der Unfallchirurgie und Orthopädie erfordern. Diese Voraussetzungen seien im Leopoldina gegeben: Durch die Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Hand- und Fußchirurgie und ihre Zusammenarbeit mit weiteren Fachabteilungen (Kardiologie, Intensivstation, Endokrinologie), betont der Chefarzt.
Zu Beginn hatte Annemarie Haering, rührige Leiterin der Osteoporose-Selbsthilfegruppe Schweinfurt, auch Mitglieder aus Gerolzhofen begrüßt. Sie berichtete von den wöchentlichen Aktivitäten der 195-köpfigen Schweinfurter Gruppe, etwa Trockengymnastik, Wassergymnastik, Nordic Walking, daneben monatliche Treffen, und Beratung nach Absprache.
Osteoporose Selbsthilfegruppe Schweinfurt, Annemarie Haering, Telefon (09721) 185744, E-Mail: haering.micha@freenet.de