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STAMMHEIM: Platzverweis für Nazi-Gegner knapp abgewendet

STAMMHEIM

Platzverweis für Nazi-Gegner knapp abgewendet

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    Mit einem zweistündigen Gottesdienst hat die Gemeinde Stammheim am Pfingstsonntag auf die Niederlassung der Neonazi-Partei „Die Rechte“ in ihrer Ortsmitte reagiert (wir berichteten). Solidarische Unterstützer von auswärts stieß der Stammheimer Organisationsleiter Heinrich Krapf vor den Kopf, indem er von ihnen vor Beginn der Messfeier verlangte, ihre Transparente einzurollen. Diese seien politisch, und das sei unerwünscht.

    Die Unterstützer aus Schweinfurt, Sennfeld, Würzburg und Volkach waren fassungslos. Weggeräumt haben sie ihre Parolen trotzdem nicht. Die lauteten „Schweinfurt ist bunt“, „Sennfeld ist bunt“, „Volkach ist bunt“, „Schöner leben ohne Nazis“, „Nazis hier nicht, nirgends“, „Kein Mensch ist illegal“, „Kein Fußbreit den Faschisten“. So wurde die ökumenische Andacht um 16 Uhr eröffnet, obwohl die auswärtigen Demonstranten, deren Solidarität im Vorfeld so einhellig begrüßt worden war, ihre politischen Meinungsäußerungen gegen die Neonazis in der Dorfmitte weiter hochhielten.

    Doch kaum war mit dem Gottesdienst begonnen worden, dröhnten aus dem Hof im rückwärtigen Teil der neuen Neonazi-Landeszentrale grölend-laute Musik und Ansagen eines Sprechers, die den ganzen Dorfplatz übertönten – und damit auch die Andacht beeinträchtigten. Darauf reagierten nun etwa 60 Gegendemonstranten, darunter rund 30 von der „Antifa“. Sie liefen hoch in Richtung Hofmauer, hinter der „Die Rechte“ just zu dieser Zeit ihren Parteitag eröffnete. „Nazis raus“, riefen sie zurück und versuchten, die für die rechte Szene typische Musik und Parolen zu übertönen.

    Platzverweise wurden ausgesprochen

    Es dauerte mehrere Minuten, bis die Rechtsextremen ihre Krachmusik auf Anweisung der Polizei etwas leiser drehten – nur um wenig später wieder richtig loszulegen. Die Gegendemonstranten von den bunten Bündnissen und „Antifa“ reagierten erneut mit „Nazis raus“-Rufen und Pfiffen. Da beschwerte sich Organisationsleiter Krapf bei der Einsatzleitung der Polizei, die den Gegendemonstranten auf der Straße nun Platzverweise nicht nur androhte. Diese waren bereits ausgesprochen, wie Polizei-Pressesprecher Peter Häusinger auf Anfrage bestätigte.

    Sofort haben Beamte die Gegendemonstranten umzingelt, insbesondere die „Antifa“-Aktivisten, und die ganze Straße zur Dorfmitte hin abgeriegelt. Da wurde es dann richtig unruhig. Insbesondere die Älteren unter den Nazi-Gegnern protestierten heftig gegen die für sie völlig unverständliche Aktion bei Polizei-Einsatzleiter Markus Hack. Auch der „Schweinfurt ist bunt“-Sprecher und DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching war unter den Eingekesselten und fassungslos, dass nicht gegen die Verursacher der Andacht-Störung – die Nazis hinter der Hofmauer – vorgegangen wurde, sondern einfach die Gegendemonstranten von der Straße weggebracht werden sollten.

    IG-Metall-Sekretär Thomas Höhn und viele andere Demonstranten verwiesen empört auf die originäre Störquelle hinter der Mauer der Landeszentrale. Gegen Hassmusik und Naziparolen werde doch Protest erlaubt sein, auch wenn weiter unten ein Gottesdienst stattfinde.

    Der frühere Gewerkschaftssekretär Wolfgang Ziller (70) verlangte von Einsatzleiter Hack die „Dienstnummer“, weil er sich über dessen Entscheidung beschweren wolle. Er warf ihm Geschichtsvergessenheit vor, dass er Ursache und Wirkung verwechsle und die Polizei – wie dieses Beispiel zeige – auf dem rechten Auge blind sei. Dafür gab es Szenenapplaus der Nazigegner, die um ein Haar des Platzes verwiesen worden wären.

    Weil eine Frau beruhigend auf die Demonstranten eingeredet habe, so Polizeisprecher Häusinger, sei der Platzverweis nicht vollzogen worden. Das Ziel der Polizei sei gewesen, dass beide Veranstaltungen durchgeführt werden können – sowohl die Andacht der Stammheimer als auch die Veranstaltung der „Rechten“.

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