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Schweinfurt: Polizisten werden getreten, geschlagen und bespuckt

Schweinfurt

Polizisten werden getreten, geschlagen und bespuckt

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    Der Mann ist betrunken, er randaliert in der Innenstadtkneipe. Die gerufenen Beamten werden massiv beleidigt und – weit schlimmer – bespuckt.

    Eine Beamtin der Polizeiinspektion wird von einem Täter mit einem heftigen Fußtritt in den Unterleib verletzt, eine andere Kollegin bei einem Einsatz eine Treppe hinuntergestoßen. Zwei junge Kollegen werden bei einer Kontrolle von einem Autofahrer mitgeschleift. Erst dieser Tage ist ein Polizist in Ausbildung von einem betrunkenen Besucher einer Schweinfurter Diskothek mehrfach so heftig ins Gesicht geschlagen worden, dass er ins Krankenhaus gehen musste. Einiges abbekommen haben auch Beamte, die den Streit zweier alkoholisierter 24- und 31-Jähriger in einer Kneipe am Kornmarkt schlichten wollen.

    Getreten, geschlagen, bespuckt. Die Schweinfurter Polizeiführung spricht von „einem Phänomen, das uns vor große, auch menschliche Herausforderungen stellt“. Aber auch Taten, die von sinnloser Gewalt geprägt und ohne Empathie ausgeführt werden, mehrten sich. Tatort Deutschhof: Als ihr ein Unbekannter die Handtasche entreißen will, wehrt sich eine Frau. Der Mann zieht ein Messer und sticht zu. Glücklicherweise wird lediglich die Kleidung des Opfers beschädigt.

    Diese an den Tag gelegte Rohheit und Respektlosigkeit „beschäftigt uns momentan schon sehr nachhaltig, weil wir gleiche Wahrnehmungen auch immer wieder aus den Reihen der Feuerwehr und Rettungsdienste, aus Krankenhäusern, den Sozialämtern und Arbeitsagenturen hören“, berichtet Schweinfurts Polizeichef Detlev Tolle.

    Der Anschlag in Berlin überschatte aktuell natürlich alle anderen Geschehnisse. „Aber jede schwere Straftat erzeugt Opfer und es ist für uns immer wieder unfassbar, welch gefühlskaltes und rücksichtsloses Verhalten manche Verbrecher an den Tag legen“, schildert der stellvertretende Leiter der Inspektion, Michael Libionka. Selbst mit langjähriger Diensterfahrung sei es jedes Mal aufs Neue erschreckend, „zu welch brutalen Taten manche Menschen fähig sind“, ergänzt Tolle.

    Wie geht die Polizei damit um? Ein Patentrezept „gibt es wegen der zu unterschiedlichen Fallkonstellationen natürlich nicht“, sagt Libionka. Hier der auf den Einbruch in Kellerabteile von Mehrfamilienhäusern spezialisierte Täter, dann Trinkgelage in der Innenstadt oder am Baggersee, schließlich die jugendliche Diebesbande.

    Das Vorgehen der Polizei ist freilich stets das gleiche: Die Fehlentwicklung erkennen (mitunter auch durch Hinweise aus der Bevölkerung), Situation analysieren und sich zur Problemlösung mit allen nötigen Sicherheitspartnern zusammensetzen. Dies sind die Stadt Schweinfurt, Gemeinden, Landratsamt, Jugendämter. „Die handelnden Personen kennen sich und ihre Kompetenzen, manchmal reicht ein Telefonat“, sagt Libionka.

    Gelöst wurde auf diese Weise beispielsweise dauerhafter Ärger im Umfeld einer Gaststätte in der Innenstadt. Die Stadt ging auf den Betreiber zu, die Polizei erhöhte ihre Präsenz und die Kontrollen. Gelöst wurde so der Dauerärger mit Jugendlichen und ihren Hinterlassenschaften im Theaterpark. Im Dezember machten Ausschreitungen vor einer Diskothek in Oberndorf eine weitere Behördenkooperation nötig. Oder dieser Fall: Die Polizei erfuhr – teils auch aus der Bevölkerung – von der Aktivität eines Drogendealers im Bereich Georg-Wichtermann-Platz. Der Mann und seine Kundschaft sind sehr schnell ausfindig gemacht und festgenommen worden. „Wir müssen meist sehr schnell auf aktuelle Geschehnisse reagieren“, sagt Libionka. Gibt es Dinge, vor denen die Polizei kapituliert? „Wenn wir die Probleme nicht lösen, wer denn dann“, lautet die in eine Frage gekleidete, klare Antwort.

    Dass es in einem Oberzentrum wie Schweinfurt auch „Dauerbrenner“ gibt, ist klar. Ein attraktives Nachtleben für junge Menschen verträgt sich nur eingeschränkt mit dem Ruhebedürfnis älterer Bürger. Parkplätze direkt vor dem Ladengeschäft kollidierten mit dem Parkwunsch der Anwohner. Auch in diesen Fällen ist aber die Polizei gefordert. Ein weiteres Problemfeld sind Streitigkeiten zwischen Privatparteien, die früher vielleicht eher zu einer Einigung fanden. Heute wird die Polizei gerufen, weil der Nachbar mit der „falschen“ Kohle den Grill befeuert oder angeblich von einer Baugenehmigung abweicht. „Wenn wir uns um Derartiges kümmern müssen, fehlt uns die Zeit an anderer Stelle“. Die Polizei weiß, dass das Rad nicht stillsteht, dass durch die schon diskutierten Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität, der Industrie 4.0 und vieler anderer Bereiche neue Herausforderungen entstehen, die sich auch auf die Arbeit der Polizei auswirken. „Wir befassen uns auch schon mit derartigen Fragestellungen“, sagt Tolle. Beispiel: Wie sieht die Verkehrsüberwachung aus, wenn überwiegend (teil)autonome Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind?

    Im Wandel ist auch der Unterhaltungssektor. Die Feier mit Blasmusik im Bierzelt wird heute durch Schaumpartys ersetzt, Eventagenturen organisieren eine Klassenfete, zu der dann nicht wie bisher 50, sondern hunderte Feiergäste kommen. „Das verlangt auch von uns immer wieder neue Konzepte“, sagen die Polizeiführer.

    Das Gespräch endet mit positiven Beispielen: Stadtfest und Honky-Tonk seien über viele Jahre optimiert worden und heute tolle Events für die Bürger. Gemessen am Besucheraufkommen habe es kaum nennenswerte Zwischenfälle gegeben.

    Fazit: Tolle und Libionka nennen die Sicherheitslage in Schweinfurt gut. Das drücke sich auch im „sehr starken Rückhalt“ in der Bevölkerung aus: Nicht selten hörten Beamte auf der Straße ein „echtes Dankeschön“ oder auch mal ein aufmunterndes „Was ihr euch alles anhören müsst“.

    Daten und Fakten Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Ledward-Kaserne ist im Juli 2015 eröffnet worden. Das löste in der Bevölkerung viele Fragen und auch Befürchtungen aus. Bei den Bürgerversammlungen spielte das Thema ebenso eine große Rolle wie es erwartbar auch bei der Polizei aufschlug, die in erster Linie für die Sicherheit zuständig ist. Die Polizei reagierte und setzte stark auf das Instrument Öffentlichkeitsarbeit. Sie klärte auf, stellte aber auch viel Falsches richtig. Eine Vergewaltigung gab es trotz sich hartnäckig haltender Gerüchte in der Aufnahmeeinrichtung eben nicht. Das Axtattentat oder zuletzt die schreckliche Tat in Berlin sorgen nun für neue Diskussionen. Die Schweinfurter Polizei hat sich allerdings schon weit vor Berlin entschieden, die am häufigsten gestellten Fragen von Bürgern zu sammeln, aufzubereiten, zu veröffentlichen und so dem Informationsbedürfnis zur aktuellen Sicherheitslage in Schweinfurt Rechnung zu tragen. Dieser zusätzliche Einblick in die polizeiliche Arbeit erfolgt durch die Redaktion in einer Artikelserie. Im dritten Teil geht es heute unter anderem um die Respektlosigkeit nicht nur gegenüber Polizeibeamten.

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