Bürgermeister Stefan Rottmann ist enttäuscht. Seit seiner Amtsübernahme vor etwa sieben Jahren kämpft er hartnäckig für den digitalen Ausbau der Gemeinde Schonungen. Als im Juni vergangenen Jahres dann die hiesige Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär zur neuen Digitalministerin ernannt wurde, hoffte er auf Unterstützung. "Doch bis zum heutigen Tag hat sich an unserer Situation nichts geändert."
Schonungen ist mit einer Fläche von 81 Quadratkilometern die größte und mit knapp 8000 Einwohnern die drittgrößte Kommune im Landkreis Schweinfurt. Doch Schonungen hat ein großes Manko: In der Gemeinde gibt es eklatante Funklöcher und eine Zwei-Klassen-Gesellschaft beim Schnellen Internet. "Leider mussten wir feststellen, dass die großen Internet- und Mobilfunkkonzerne nur in denjenigen Orten den Ausbau mit hohem Tempo und eigenen Finanzmitteln vorantreiben, die eine gute Rendite versprechen", sagt Rottmann. So hat die Telekom von den insgesamt 13 Ortsteilen nur Schonungen, Mainberg, Hausen und Marktsteinach eigenwirtschaftlich ausgebaut. Ein kleiner örtlicher Internetdienstleister hat sich um den Ausbau in Löffelsterz, Reichmannshausen und Rednershof gekümmert. Und die übrigen Ortsteile, wo kein absehbarer Breitbandausbau erfolgt wäre, wurden über das Breitbandförderprogramm erschlossen. Hier hat dann wiederum die Telekom als wirtschaftlichster Anbieter den Zuschlag erhalten. Dadurch ist die Situation eingetreten, dass je nach Ortsteil unterschiedliche Tarife und Anbietermöglichkeiten bestehen. So kostet laut Rottmann in Löffelsterz, Reichmannshausen und Rednershof der 50Mbit-Internetanschluss monatlich 69,95 Euro, in Schonungen mit der gleichen Übertragungsrate aber nur 10,78 Euro. Und hier sei sogar noch die Festnetzflat dabei, die es in den kleineren Ortsteilen gar nicht gebe.
Ist es Aufgabe der Gemeinde, Speedpipes zu verlegen?
Die unterschiedlichen Tarife sind das eine, das andere die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, denn die kleinen Ortsteile wie Löffelsterz, Reichmannshausen oder Rednershof sind noch mit herkömmlichen Kupferkabeln verbunden und nicht ans überörtliche Glasfasernetz angeschlossen. Nun könnte man sogenannte Speedpipes zwischen den Ortschaften verlegen. Das sind Leerrohre, in die später die Glasfasern mit Druckluft eingeblasen werden. In den Ortsteilen Schonungen und Mainberg gibt es mit Regionet einen Anbieter, der diese Speedpipes auf eigene Kosten sogar bis zum Wohnhaus verlegen will. In den übrigen Ortsteilen hingegen hat laut Rottmann kein Provider Interesse bekundet, die Leerrohre zu nutzen. Somit haben diese Bürger keinerlei Perspektiven, an schnelles Internet zu kommen.
Ist es nun Aufgabe der Gemeinde, diese Speedpipes im Zuge von Kanalbaumaßnahmen auf eigene Rechnung zu verlegen?In der Hoffnung, dass sich dann ein Anbieter findet? In Reichmannshausen hat man das gemacht: Hier finanzierte die Gemeinde über 100 000 Euro für Speedpipes. "Der Glasfaserausbau gehört aber nicht zu unserem Kerngeschäft", stellt Rottmann klar. Vor allem würden andere wichtige Aufgaben darunter leiden, wenn hier Geld und Zeit investiert werde.
Ländliche Regionen zählen zu den Verlierern
Nächstes Problem: der Mobilfunk. Trotz jahrelanger Bemühungen und medienwirksamer Protestaktionen gibt es nach wie vor einige Ortsteile ohne Mobilfunkempfang. Laut Rottmann lehnen die Mobilfunkbetreiber einen weiteren Ausbau der Flächengemeinde aus wirtschaftlichen Gründen ab und verweisen auf die Politik. Die wiederum sagt, dass der Mobilfunkausbau privatwirtschaftlich zu erfolgen hat. Der Freistaat Bayern hat nun ein neues Mobilfunk-Förderprogramm aufgelegt, um die letzten weißen Flecken auf der Landkarte zu beseitigen. "Das ist schön, hilft uns aber nur kurzfristig", meint Rottmann. So übernimmt der Freistaat zwar 90 Prozent der Kosten für die Aufstellung der noch fehlenden Mobilfunkmasten und die Gemeinde muss nur die restlichen zehn Prozent tragen, doch angebunden werden die Masten nicht über das schnelle Glasfaser, sondern über Richtfunk. "Weil das kostengünstiger ist", so Rottmann. Er ist deshalb zwiegespalten, ob die Gemeinde Schonungen dieses Förderprogramm überhaupt nutzen soll. Denn stehen die Richtfunkmasten erst einmal, werde wohl in absehbarer Zeit kein Glasfaserkabel mehr verlegt. "Der Mobilfunk ist also unser letzter Hebel, ans schnelle Netz angeschlossen zu werden."

Wie können wir unseren Bürgern gleichwertige Internet- und Mobilfunkzugänge gewährleisten? Wie soll der demografische Wandel bewältigt werden, wenn wir bei der digitalen Infrastruktur so hinterher hinken? Wie soll die Vision von Flugtaxis jemals Wirklichkeit werden, wenn wir es in bis heute noch nicht geschafft haben, dass unsere Bürger telefonieren geschweige denn einen Notruf absetzen können? Antwort und Hilfe hatte sich Rottmann von der Digitalministerin erhofft, die ja selbst intensiv in den sozialen Netzwerken unterwegs ist. Doch am Ende der über Monate andauernden E-Mail-Konversation mit Dorothee Bär kommt er zu dem Schluss, "dass ländliche Regionen im Wettbewerb mit den Ballungsräumen zu den Verlierern zählen". Konkrete Lösungsvorschläge habe er nicht erhalten.
"Das neue Förderprogramm der Bundesregierung wird alle verbliebenen weißen Flecken an das Gigabit-Netz anschließen."
Dorothee Bär, Digitalministerin
Gegenüber dieser Redaktion äußert sich die Digitalministerin allerdings optimistisch, dass die Politik all die Probleme für Schonungen und andere Gemeinden lösen werde. So setze man das größte Breitbandprogramm Europas um und grabe sich mit den geförderten Projekten mit insgesamt 92 000 Kilometern zweimal um die Welt. "Das neue Förderprogramm der Bundesregierung wird alle verbliebenen weißen Flecken an das Gigabit-Netz anschließen", verspricht Bär.

Die Einladung von Bürgermeister Rottmann, sich doch vor Ort mal ein Bild von der Lage zu machen, hat die Digitalministerin an die Direktabgeordnete Anja Weisgerber weitergegeben. Die Schwebheimer Bundestagsabgeordnete war im vergangenen Jahr auch in Schonungen und verwies auf die App der Bundesnetzagentur zur Erfassung von Mobilfunklöchern. Eine konkrete Lösung, wie gleichwertige digitale Lebensverhältnisse in der Gemeinde geschaffen werden können, sieht Rottmann darin aber nicht. Sein Vorschlag ist ein "Runder Tisch, an dem Menschen aus Politik und Wirtschaft sitzen, die Entscheidungen treffen können". Mobilfunk und schnelles Internet sei doch schon lange kein Zukunftsthema mehr, das gemeinsame Erklärungen und Willensbekundungen von Politik, Spitzenverbänden und Netzbetreibern brauche. "Mobilfunk ist allgegenwärtig, und diejenigen Ortschaften, die nicht darüber verfügen, werden immer schneller abgehängt."