Birger Wilm ist ratlos. Der Eigentümer des Spitalseebunkers gegenüber dem Theater hat diesen vor einigen Jahren mit seiner Frau gekauft und saniert, auf dem Dach sind zwei Wohnungen entstanden, mit herrlichem Blick über die Stadt. Und auf einen Baum, eine 70 Jahre alte Schwarzpappel, die zur gleichen Zeit gepflanzt wie der Bunker im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Doch Ende Februar soll der Baum gefällt werden, was Wilm nicht nachvollziehen kann.
Er wandte sich an die SPD-Fraktion und den Bund Naturschutz. Am Donnerstag, 6. Februar, berät auch der Umweltausschuss im Sitzungssaal im Rathaus (ab 8 Uhr) darüber. Wilm erklärt, ihm sei vor gut eineinhalb Jahren von Seiten des Servicebetrieb Bau und Stadtgrün erklärt worden, der Baum sei erhaltungswürdig. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum er jetzt gefällt werden soll." Im Sommer habe er sich mit seiner Frau auch um das Gießen des Baumes gekümmert, der das Denkmal zur Bombardierung Schweinfurts im Zweiten Weltkrieg umrahmt.
Auch Richard Lindner vom Bund Naturschutz ist verwundert. Am unteren Ende des Baumes, kurz über dem Erdreich, sind kleine Löcher, die wohl der Hornissenglasflügler gebohrt hat. Lindner informierte sich beim Baumexperten des BN. Der erklärte, ein solcher Befall durch die Larven des rund vier Zentimeter großen Falters sei nicht per se problematisch. Lindner fordert zum einen ein Gutachten, ob der Baum wirklich gefällt werden muss, zum anderen kann er sich vorstellen, den Befall durch den Hornissenglasflügler auch anderweitig bekämpfen zu können, zum Beispiel durch Pheromonfallen.

Markus Peter, stellvertretender Leiter des Servicebetriebs Bau und Stadtgrün, kann verstehen, dass man auf den ersten Blick nicht sieht, warum die Stadt die Entscheidung zum Fällen getroffen hat. Er versichert: "Wir fällen keinen Baum ohne Grund." Im Fall der Schwarzpappel gebe es zwei: zum einen der Befall durch den Hornissenglasflügler, den man vor fünf Jahren feststellte. Die Larven würden sich Richtung Wurzeln fressen, außerdem gebe es durch die Löcher Fäulnis im Baum und langfristig Standprobleme. Wichtiger aber sei das Thema Astabwurf.
"Wir fällen keinen Baum ohne Grund."
Markus Peter, stellvertretender Leiter des Servicebetrieb Bau und Stadtgrün.
Peter zeigt ein Foto aus dem Juni 2019, auf dem ein gut vier Meter langer, armdicker Ast zu sehen ist, der auf der gläsernen Ballustrade auf dem Dach des Bunkers liegt. Ein typisches Phänomen bei älteren Schwarzpappeln, die eigentlich in Auenlandschaften wachsen und dort auch unter für sie idealen Bedingungen bis zu 150 Jahre alt werden.
In den immer heißer werdenden Sommern in der Stadt haben Schwarzpappeln aber ein Problem, was an ihren Holzfasern und der Statik des Baumes liegt. Es kann immer wieder passieren, dass große Äste ohne Vorwarnung abbrechen, vor allem an sehr heißen Tagen. Die Baumkontrolleure der Stadt hätten den Baum regelmäßig untersucht, betont Peter.
Nachpflanzung an gleicher Stelle geplant
Jetzt sei schweren Herzens der Zeitpunkt gekommen, wo man es nicht mehr verantworten könne, da im Sommer die Gefahr, dass weitere Äste abbrechen und aus großer Höhe auf den Gehweg oder die Straße fallen, zu groß sei: "Wir machen uns die Entscheidung nicht leicht, aber wir können es nicht mehr verantworten." Die Fällung ist für Ende Februar geplant. Der ebenfalls vor dem Bunker stehende Ahorn ist in Ordnung. Für die Pappel wird eine robustere Kastanie nachgepflanzt.

Die Sensibilität vieler Bürger beim Thema Baumfällung rührt unter anderem aus der Diskussion über die Abschaffung der Baumschutzverordnung und den von Ulrike Schneider initiierten Bürgerentscheid pro Baumschutzverordnung, die seit Sommer 2018 nicht mehr gilt. Unterscheiden muss man die 25 000 städtischen Bäume von den in gleicher Größenordnung auf privaten Grundstücken befindlichen.
Aus Sicht des Bund Naturschutz und Stadträtin Ulrike Schneider sind die Befürchtungen, es werde in größerem Ausmaß zur Kettensäge gegriffen, im zweiten Winter seit Abschaffung der Baumschutzverordnung wahr geworden. Schneider wurde in den vergangenen Monaten von einigen Bürgern immer wieder auf Grundstücke hingewiesen, auf denen in großem Ausmaß gefällt wurde. "Dass die Bäume nun ohne Schutz sind, zeigt sich leider an vielen Stellen in Schweinfurt, vor allem auch in Anwesen, die von Investoren aufgekauft wurden, wovor wir immer gewarnt hatten", erklärt Schneider.

Kürzlich hatte Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) sowohl im Stadtrat, als auch bei seinen Wahlveranstaltungen angekündigt, neuen Wald auf Schweinfurter Gemarkung pflanzen zu wollen. Er sieht das auch als "Zeichen der Versöhnung" nach den teils erbittert geführten Diskussionen, ob ein Bürgerpark mit Landesgartenschau in den Ledward Kasernen oder ein Stadtwald an dieser Stelle richtig sei.
Ulrike Schneider ist natürlich grundsätzlich für diesen Vorschlag, wirklich daran glauben tut sie nicht, zumal für einen neuen Wald kein Geld in den städtischen Haushalt eingestellt wurde. "Für den OB sind Bäume nur in dem Moment wichtig, in dem sie Schatten auf seine Wiederwahl werfen könnten", erklärt sie mit Blick auf die Fällungen auf Privatgelände.