Fast könnte man meinen, die Geburt des Kindes hatte eine regelrechte Völkerwanderung ausgelöst. Zumindest drängt sich bei einigen Darstellungen die Vermutung auf, dass sich Männer, Frauen und Kinder aus aller Herren Länder auf den Weg nach Bethlehem gemacht hatten, um die Geburt Jesu zu feiern, dem Kind zu huldigen, den Vater für "sein" Werk zu loben und die Mutter für das prachtvolle Kind in den Heiligenstand zu erheben. Andere wiederum sind so schlicht, dass einem die Armut vom ersten Moment an in die Augen springt. Und wiederum andere offenbaren sich dem Betrachter erst bei ganz genauem Hinschauen. Die Rede ist von den gut 25 Krippen, die bei der achten Ausstellung an elf Orten der Spitalstraße in Gerolzhofen und dem alten Rathaus ausgestellt sind.
Natürlich ist das grundlegende Motiv immer dasselbe: Jesus als Säugling in einer Futterkrippe, die Eltern sind in unmittelbarer Nähe. Spätestens mit dem Ochsen und dem Esel beginnt sich bei einigen Krippen das Bild zu ändern, die Hirten stoßen dazu, später auch die Drei Heiligen Könige mit ihren Geschenken, noch später dann noch viel mehr Menschen, Tiere und Geschenke. Über allem strahlt der Weihnachtsstern, der den Hirten und den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg gewiesen hat.
Keine Krippe ist mit der anderen zu vergleichen
Und doch ist keine Krippe von seiner Darstellung her mit einer anderen zu vergleichen, abgesehen vom Grundmotiv. Manche sind spartanisch auf drei Personen fixiert, in einer anderen holen zwei Kinder von der benachbarten Weide die Futterkrippe und klettern über einen Zaun, um sie Maria und Josef als Wiege zu bringen.
Und noch andere wimmeln nur so von Personen und Tieren, die sich um die Heilige Familie versammeln, die immer im Zentrum steht. Auch die Materialien können unterschiedlicher nicht sein. Mal ist es Gips oder Papier, mal ein kompletter Stein, mal mit Stoff überzogene Figuren aus Holz oder gar Draht, und es gibt die Krippe aus raffiniert geschnittenem Holz.

"Das ist bei der Krippe aus Argentinien der Fall", sagt Bruno Steger, der inoffizielle Krippen-Papst aus Gerolzhofen. "Da ist das Holz längs geschnitten, der Stern und die Figuren sind längs aus dem Holz herausgeschnitten und ergeben eine wunderbare Perspektive", so Steger weiter bei der Führung am Eröffnungstag. An die 50 Menschen hatten vorher der kurzen Andacht von Pfarrer Stefan Mai in der Spitalkirche gelauscht, der eine witzige Geschichte vorgelesen hatte. Was, so hatte der Autor sinniert, machen eigentlich die Figuren das ganze Jahr über, in der sie in Schachteln verpackt sind? Und wie fühlen sie sich, wenn sie einmal im Jahr aufgestellt und bewundert werden?
Jetzt, zu Weihnachten, sind sie ausgepackt und ausgestellt. Vielfältig wie eh und je präsentiert sich die Krippenstraße, mit heimatlichen und orientalischen Krippen, mit Krippen aus dem Erzgebirge oder aus Gerolzhofen, sogar die Wieskirche in Steingaden (Oberbayern) findet sich als Zinnfigur wieder. Eine Apotheker-Familie hatte eine Krippe aus Gips gebaut, "da durften sich die Kinder ordentlich austoben", so Steger. Selbst hat er eine Papierkrippe beigesteuert, die im Schulmuseum im Obergeschoss des Alten Rathauses zu besichtigen ist.

Apropos Altes Rathaus, das ist auch als Ausstellungsort dabei. Im Erdgeschoss erwartet die Besucher gleich mal das Prunkstück der gesamten Krippenstraße: eine neapolitanische Krippe, mit Figuren von 1,20 Metern Größe. Unwillkürlich bleibt der Betrachter respektvoll ein paar Meter davon entfernt stehen und nähert sich nur sehr langsam, sehen die Figuren doch höchst lebendig aus. Oder die Rokoko-Krippe, eine der wertvollsten Krippen zwischen Bamberg und Würzburg. Oder, im Schaufenster der Main-Post, neben den Zinnfiguren-Krippen auch die Krippe von Max (11 Jahre, Enkel von Steger). "Wir legen Wert darauf, dass sich auch immer wieder Kinder beteiligen können", sagt Steger. Bei anderen Krippen wiederum, etwa der Brunnen-Krippe bei der Metzgerei Roppelt, sind bewegte Elemente (hier: Wasser) eingebaut.

Alle sehr detailreichen Krippen der Krippenfreunde aus Gerolzhofen und einiger Privatpersonen auch nur kurz anreißen zu wollen würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Deshalb bleibt nur eins: selbst anschauen.
