Die wegen des Coronavirus von der Regierung angeordneten Ausgehbeschränkungen sorgen für Entschleunigung. Praktisch alle Termine sind abgesagt, das Leben verlangsamt sich. Menschen machen neue Erfahrung mit Stille. Leserinnen und Leser sind eingeladen, ihre persönlichen Erfahrungen mit der Stille an die Redaktion zu schicken, um sie auch anderen Menschen zugänglich zu machen.
Mechthild Finster aus Frankenwinheim schreibt:
"Meine Erfahrungen mit der Stille gehen auch, wie bei Pfarrer Stefan Mai, auf Erleben in der Kindheit zurück. Bei der Kartoffelernte auf dem kleinen bäuerlichen Betrieb der Eltern in der Rhön stand ich immer vor der Entscheidung, ob eine Kartoffel zu den großen gehörte oder zu den kleinen, die zusammen mit den beschädigten oder kranken dann zum Schweinefüttern verwendet wurden. Meine Entscheidung nahm oft längere Zeit in Anspruch. Ich 'sprach' mit den Kartoffeln, fragte sie, wohin sie selber gern gehören wollten. Ich erntete Kopfschütteln und Lachen - und wurde schließlich für untauglich für die Landwirtschaft erklärt.
Besonders gern habe ich geschaukelt. Das Hin und Her auf einer großen Schaukel, die mein Vater mit langen Seilen an Dachbalken der Scheune befestigt hatte und wo ein Kuhjoch als Sitz diente, schenkte mir Ausgeglichenheit und Ruhe.
Das Erleben mehrerer Möglichkeiten, von Hin und Her, erlebe ich auch heute noch in der Stille. Das Gehirn kommt auch bei äußerer Stille nicht wirklich zur Ruhe. So ist Stille für mich ein Ort geblieben, wo Entscheidungen zu treffen sind – auch im Blick auf das eigene Leben. Es gibt das, was das Leben schwer macht, und auch auf das, was beflügelt.
Und nach dem Letzteren immer wieder Ausschau zu halten und darauf hinzuarbeiten, das erlebe ich dann sozusagen als persönliche Frucht der Stille."