„Beteiligen Sie sich weiter am Prozess, sonst geht die Planung ohne Sie.“
Martin Stümpfig, Landtagsabgeordneter der Grünen
Man muss schon eine Weile zu- und genau hinhören, wenn man wissen will, wie nah oder fern sich die Bergrheinfelder Bürgerinitiative gegen die bundesweite Stromtrasse SuedLink und die Landtagsfraktion der Grünen inhaltlich sind. Die Initiative sagt kategorisch Nein zur Trasse, weil sie unnötig sei; Abgeordneter Martin Stümpfig (Feuchtwangen) plädiert für einen pragmatischen Umgang mit dem Thema.
Mehrere Konverter-Standorte
Augenfällig ist der Unterschied am frühen Freitagabend bei einem Besuch Stümpfigs geworden, bei dem Vertreter der Bürgerinitiative den Abgeordneten sowie Bundestagskandidatin Manuela Rottmann (Hammelburg) und die grüne Kreistagsfraktion per Traktor durch die Flur kutschiert haben. Dabei zeigte man ihnen auch potenzielle Standorte für die Konverterstation, die notwendig sein wird, um den Gleichstrom aus dem SuedLink in Wechselstrom umzuwandeln, den man ins bestehende Netz einspeisen kann.
Am westlichen Zipfel der Gemarkung in der Nähe der A 70 ist eine dieser Positionen. Ob sie denn besser für den Konverter geeignet sei als andere, wollte Stümpfig wissen. Christian Göb lächelte: Man werde sich in dieser Frage nicht positionieren. Und auch später bei der Diskussion im „Weißen Roß“ flammte der Unterschied auf, als es um die Frage ging, ob SuedLink überhaupt nötig sei.
Stümpfig warnt vor Fundamentalopposition
Stümpfig argumentiert differenziert. Ohne die Leitung werde die Energiewende nicht funktionieren, schließlich stamme die Hälfte der bayerischen Elektrizität heute noch aus Atomkraftwerken. Man brauche den Strom von den Windkraftanlagen vor den Küsten. Zudem trieben Handel und Dienstleistungen den Stromverbrauch nach oben. Aber man müsse beim Leitungsbau die Inanspruchnahme der Flächen so gering wie möglich halten – etwa entlang der Autobahnen 7 oder 71.
Grundsätzlich warnten Stümpfig und Manuela Rottmann vor einer Fundamentalopposition, weil man sonst nichts mehr gestalten könne. „Beteiligen Sie sich weiter am Prozess“, rief Stümpfig die Bergrheinfelder auf, sonst „geht die Planung ohne Sie.“ Das Beteiligungsverfahren sei so komplex, dass man es kaum überblicken könne, sagte Norbert Kolb.
Skepsis bei der Erdverkabelung
Und die anwesenden Grünen mussten die Prügel für ihre Bundestagsfraktion einstecken, die sich für den SuedLink ausspricht. Das sei einer Partei wie den Grünen unwürdig, hieß es von den Kritikern: „Ihr hüpft ins Boot der Großkonzerne.“ Auch die Erdverkabelung, die die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen soll, sehen Grundstückeigentümer vor Ort kritisch. Sie erwarten 30 Meter breite und mehrere Meter tiefe Schneisen, die durch die Äcker gezogen werden. Ob danach der aufgefüllte Boden so ergiebig ist wie heute, zweifeln sie an. Zehn bis 15 Jahre wird man das merken, sagt auch der Grünen-Kreisrat und Biobauer Udo Rumpel (Werneck) bei der Rundfahrt.
Initiative warb um Verständnis
Trotz dieser inhaltlichen Dissonanzen war es ein überwiegend geordnetes Treffen, bei dem sich trotz mancher hitziger Beiträge beide Seiten zuhörten und sachlich Informationen austauschten. Norbert Kolb ging es besonders darum, dass Stümpfig die Situation vor Ort versteht. Immer wieder sagte er: „Nehmen Sie das bitte mit nach München!“ Kolb und Göb hatten bei der Fahrt zu einigen der 180 Strommasten auf die besondere Belastung des Orts hingewiesen. Die Reise führte deswegen auch zum Gelände des neu gebauten Umspannwerks. Dazu kämen zwei Autobahnen und Kreismülldeponie. Der Landwirtschaft seien in den vergangenen Jahrzehnten jede Mengen Flächen abhanden gekommen.
Stümpfig erkennt Belastung an
Die Flächenversiegelung ist auch ein grünes Thema. Ebenso wie eine dezentrale Energieversorgung. Da gab es große Schnittmengen zwischen den Gesprächspartnern. Und bei Stümpfig ist die Erkenntnis gereift, dass in Bergrheinfeld keine Kritik nach dem Sankt-Florians-Prinzip geübt werde, sondern der Ort tatsächlich stark belastet sei. „Es ist für die Debatten in München gut, wenn man das selbst einmal gesehen hat“, sagte er.
Neue Unbill?
„Sagen Sie in München einen schönen Gruß an Herrn Eck“, den Donnersdorfer CSU-Abgeordneten und Staatssekretär, gibt Kolb mit auf den Weg. Denn aus Sicht der Initiative droht die nächste Unbill: Auf der linksmainischen Seite sei der Bau eines Flutpolders geplant, sagte Kolb. Auf Ackerflächen. „Es hört bei uns nicht auf.“