In der Region Main-Rhön wird für die 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vier Straßenmeistereien des Staatlichen Bauamts Schweinfurt und die vom Amt zusätzlich beauftragten Dienstleister die Pflege des Grüns am Straßenrand von einer Neben- zu einer der Schwerpunktaufgabe. Um die Artenvielfalt bei Insekten und Wildpflanzen zu fördern, gilt auf Beschluss des Ministerrats in Bayern seit 2018 die Pflicht zur ökologischen Aufwertung der straßenbegleitenden Grünflächen.
Vorausgegangen waren das Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – Rettet die Bienen!" sowie Initiativen zum Erhalt der Insektenvielfalt wie etwa die Aktion "Bienen, Schmetterlinge & Co". Das Schweinfurter Amt hat jetzt die betroffenen Flächen in seinem Amtsbereich untersuchen lassen, einen Aktionsplan ausgearbeitet und mit der Umsetzung des Umweltprojektes begonnen.
Rückzugsflächen für Tier- und Pflanzenwelt schaffen
Das mehrstufige Konzept sieht eine angepasste Pflege des Extensivbereichs hinter den Straßengräben mit dem abschnittsweisen Mähen des Grüns vor. Teile der Flächen werden in einem Jahr gemäht, andere nicht (sondern erst im Folgejahr). Dadurch stellen sich verschiedene Brachenstadien mit Rückzugsflächen für die Tier- und Planzenwelt und eine struktur- und artenreichere Krautschicht mit kleineren Sträuchern ein. Auch wurde das gesamte Straßenbegleitgrün an allen Bundes- und Staatsstraßen der Region durch ein externes Fachbüro bewertet und Areale mit hohem Aufwertungspotential ausgewählt. Für die "Auswahlflächen" sind Erst- und Dauermaßnahmen wie ein auf die Artenvielfalt abgestimmtes Mähen, die Einsaat von Blühpflanzen und auch das Einbringen von Sträuchern festgelegt.

Die Umsetzung in den Landkreisen der Region (Schweinfurt, Haßberge, Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen) erfolgt wegen der Vielzahl der Flächen stufenweise. Der Startschuss fiel heuer im Landkreis Schweinfurt, wo für die ökologische Aufwertung 150 Areale (davon 24,6 Hektar an Bundes- und 11,26 Hektar an Landstraßen) ausgeguckt sind. 2023 werden im Landkreis Haßberge 153 Flächen (17,25 Hektar an Bundes- und 12,84 Hektar an Landstraßen) und 2024 in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld 185 Flächen (17,71 Hektar an Bundes- und 21,36 Hektar an Landstraßen) ökologisch aufgewertet.
Als besonders erfolgversprechend gilt der Naturschutz am Straßenrand auch deshalb, weil die Wiesenstreifen und die Böschungen mit Bäumen, Sträuchern und Magerwiesen keinem Nutzungs- und Erholungsdruck ausgesetzt sind. Auch soll das landesweite Netz der Straßenböschungen (20.000 Kilometer Bundes- und Landesstraßen in Bayern) Biotope für Pflanzen und Tiere miteinander verbinden.
Alle Auswahlflächen wurden begutachtet und bewertet
An dem Pilotprojekt entlang der Straße zwischen Weyer und Untereuerheim informierte sich die Redaktion im Gespräch mit Projektleiterin Theresa Spengler, Straßenplaner Alexander Schlegel und Amtsleiter Michael Fuchs über die Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung am Straßenrand. Nichts ändern wird sich an der intensiven Pflege im Bereich der Bankette, Sichtfelder, Leitpfosten oder etwa der Wasserabflüsse. Die künftige extensive Pflege betrifft den rückwärtigen Raum – etwa hinter den Straßengräben.
Alle Auswahlflächen wurden einzeln begutachtet und bewertet. Alle Pflegemaßnahmen sind auf die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abgestimmt. Bei Bedarf werden heimische Wildpflanzen angesät; lichte Hecken werden aufgepflanzt. Auch bei Sträuchern und Bäumen ist auf zunehmende Dürre und Hitze durch den Klimawandel geachtet. Eine Abstimmung mit den Nachbarn (etwa Land- und Forstwirtschaft) erfolgte.

In Bezug auf den anvisierten Bewuchs (Hecken und Magerwiese) ist die bisherige Pflege ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel ein Pluspunkt. Michael Fuchs sagt, dass die Landschaftspflege immer wichtiger werde und den Straßenmeistereien (jeweils 30 bis 40 Mitarbeiter) mit dem Naturschutz neben dem Winterdienst und dem Straßenerhalt ein weiterer Schwerpunkt gesetzt sei. Diese Bemühungen im Sinne des Mikroklimas und des Artenschutz nehme die Öffentlichkeit auch immer stärker wahr.
Grünschnitt bleibt nicht mehr liegen
Verzichtet wird beim Straßenbegleitgrün auf das bislang übliche Mulchen (der Grünschnitt blieb liegen). Durch das Mulchen verfilze die Krautschicht, wodurch die Artenvielfalt eingeschränkt werde, da sich nur wenige starke Pflanzen durchsetzen könnten. Außerdem werden durch die liegenbleibende Mahd Nährstoffe ins Erdreich eingetragen, was ebenfalls nur bestimmte Pflanzen bevorzugen und was den Umbau zur Magerweise entschleunige oder gar verhindere. Auch wird das Gras nicht mehr möglichst nah am Boden geschnitten, sondern bei einer Mahdhöhe von mindestens zehn Zentimetern. Anschließend wird der Grünschnitt abgefahren und je nach Qualität als Viehfutter verwendet oder kompostiert.
Angelegt ist für jede Auswahlfläche ein digitaler Steckbrief, womit alle Informationen zu dem Areal vor Ort abzurufen sind. Unterstützt durch CPS ist also auch jede Besonderheit einer Feuchtfläche, eines Felsenbiotops oder eines Zauneidechsenstandorts sekundenschnell auf dem Bildschirm.