Einmal im Quartal besucht Landrat Florian Töpper einen Betrieb im Landkreis Schweinfurt, um „die Dinge zu inhalieren, die die Inhaber in Form von aktuellen Probleme umtreiben“ und sich generell mit ihnen auszutauschen, aber auch um von den Firmenvertretern zu hören, „wie sie das Landratsamt als Behörde erleben“. Diesmal war Töpper zum „Inhalieren“ bei der Firmengruppe Ludwar in Gerolzhofen zu Gast.
Quasi im Schlepptau hatte der Landrat Vertreter der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer, der Agentur für Arbeit, der Abteilungen für Wirtschaftsförderung, Umwelt und Bau sowie Öffentlichen Nahverkehr aus dem eigenen Haus mitgebracht. Hinzu gesellt hatte sich Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak („Wir sind sehr stolz, dass wir solche Unternehmen wie die Firma Ludwar in unserer Stadt haben“).
Als Gesprächspartner standen ihnen allen neben Bernd, Sabine und Yannik Ludwar vor allem Karl Drescher, der mit Sabine Ludwar die Firmentochter EPG Ingenieurgesellschaft leitet, und Ludwig Faulhaber, seines Zeichens Prokurist und Einkaufsleiter der Elektrobau GmbH, zur Verfügung.
Aktuell 138 Mitarbeiter bei Ludwar
Die Elektrobaufirma an der Adam-Steigerwald-Straße beschäftigt aktuell 138 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der gesamten Firmengruppe. Darunter befinden sich 13 Auszubildende. Damit ist Ludwar einer der größten Arbeitgeber in der Stadt.
Hauptstandbein sind Rundum-Dienstleistungen im Bereich elektrischer Energieversorgung und Installation im Mittel- und Niederspannungsbereich inklusive Tiefbau. Zu den Kunden zählen etwa große Energieversorger wie die N-ergie in Nürnberg mit ihrem Netzgebiet, Stadtwerke wie Erlangen, Würzburg oder Schweinfurt, Industrieunternehmen sowie Verkehrs- und Gewerbebetriebe. Das Angebotsspektrum reicht von der Projektierung und fachgerechten Durchführung bis hin zu Wartung und Service. Bei der Gasturbinenmontage und -wartung als weiteres Beispiel ist Ludwar weltweit im Kraftwerksanlagenbau fast auf dem ganzen Globus im Einsatz.
Die bescheidenen Anfänge
Die Wiege des heute weltweit tätigen Unternehmens stand in der Alten Siedlung in Gerolzhofen. Im Mai 1965 gründeten hier Josef und Gerhilde Ludwar zusammen mit vier Angestellten in einer Garage in der Sudetenstraße ihre Elektrobaufirma. Als erste Werkstatt diente die alte Schule in Handthal.
Schon bald war alles zu klein und eng geworden. 1968 erfolgte der Umzug auf die damals noch so gut wie unbebaute grüne Wiese auf das an die Alitzheimer Straße angrenzende Eckgrundstück an der Adam-Stegerwald-Straße in Gerolzhofen. Heute ist das Firmengelände dort etwa 10 000 Quadratmeter groß und der Sitz der im Lauf der Zeit kontinuierlich gewachsenen, inzwischen von Bernd und Sabine Ludwar geführten Firmengruppe.
Um dem Gast einen groben und ersten Eindruck von dem Familienunternehmen zu vermitteln, stand zunächst eine Führung mit Bernd und Sabine Ludwar über das Betriebsgelände durch Büros, Werkstätten und Lager auf dem Programm. Dabei lernte der Landrat das „bescheidene Reich“ des Chefs kennen, in dem die Besprechungen in engerer Runde stattfinden und die Verträge abgeschlossen werden. Das „bescheidene Reich“ ist mittlerweile allerdings zu einem „kleinen Firmen-Imperium“ expandiert.
Begegnung mit Seniorchef und Seniorchefin
Auf dem Rundgang kam Florian Töpper zugleich mit Seniorchef Josef „Sepp“ Ludwar und seiner Frau Gerhilde ins Gespräch, als auch mit Yannik Ludwar, mit dem zur Freude seiner Eltern und Großeltern im September die nächste Generation in die Firma eingestiegen ist, womit die Nachfolge im Betrieb an der Adam-Stegerwald-Straße geregelt ist.
Zur abschließenden Gesprächsrunde traf man sich im Seminarraum. Dabei ging es vor allem um eine Reihe vorher festgelegter Themen, zumal sich das „eine oder andere gut im Nachgang lösen lässt“, so Landrat Florian Töpper.
Einer der Punkte auf der Agenda war der Fachkräftemangel. Bernd Ludwar machte deutlich, dass es aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge ein Problem sei, fertig ausgebildete Elektriker mittleren Alters zu finden. Teilweise gebe es ein Stechen und Hauen um sie und Geld alleine zähle heute bei der Wahl des Arbeitgebers nicht mehr allein.
Wünschenswert: Zehn Elektriker mehr, aber woher?
Ein Nachteil sei, dass nur wenige mit 37,5 Stunden nach Haus gehen würden und auch häufig am Wochenende gearbeitet werden müsse, wenn die Produktion ruht beziehungsweise der Strom abgeschaltet werden kann. So wären „zehn Elektriker mehr“ sehr wünschenswert. Sie sofort einzustellen, würde die Auftragslage aufgrund des über Jahre gewachsenen Kundenstammes jederzeit hergeben, auch um dann „etwas in Schichten jonglieren zu können“.
Ähnliche Probleme bei der Suche nach „hochqualifizierten Kräften mit Erfahrung“ in Gestalt von Ingenieuren, Planer und Technikern schilderte Karl Drescher von der Ludwar-Tochter EPG. Weitgehend über Praktika werden die Auszubildenden bei Ludwar gefunden, wobei es auch hier zum Beispiel bei den Kaufleuten für Büromanagement schwieriger werde.
Ludwar Elektrobau und die EPG bilden daneben Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik, Informations- und Telekommunikations-System-Elektroniker sowie Technische Systemplaner für elektronische Systeme aus. Sabine Ludwar unterstrich: „Ganz viele, die hier arbeiten, haben hier schon gelernt.“
Schlechte ÖPNV-Anbindung
Im weiteren Verlauf der Gesprächsrunde wurden vor allem bürokratische Hürden erörtert, die sich für die Firma in der täglichen Praxis auftun. Die Palette reichte von Defiziten beim Breitbandausbau auf dem Land in Form langsamer Übertragungsgeschwindigkeiten für die heimische Wirtschaft, die Kritik an der Fördervergabe des Digitalbonus-Programms in Bayern, über den weiteren Einzug von Digitalisierung und Transparenz in der Verwaltung sowie die schlechte ÖPNV-Anbindung des Raumes Gerolzhofen vor allem für Auszubildende bis hin zu gemeinsamen Vermarktungsaktionen von Landkreis und Unternehmen zur Anwerbung von Fachkräften.
Florian Töpper zeigte sich am Ende als „Landrat und Wirtschaftsförderer“, wie er betonte, „sehr froh über solche Unternehmen im Landkreis“und die ihm "hier bei Ludwar entgegen geschlagene Offenheit“.