Ein schöneres Ambiente könnte man sich für einen "Poetry Slam" kaum ausdenken: Die sechste Auflage des "Poetrip – U20 Poetry Slam" fand am Sonntag zum dritten Mal an der Schweinfurt Stadtmauer am Unteren Wall gegenüber dem Skatepark statt. Den lauschigen Sommerabend versüßten den rund 50 Zuschauenden fünf junge Poetinnen, die sich im Wortwettstreit gegenüber standen.
Den Anfang machte aber Tabea Schneider, die im Team mit Katharina Schneider und Luca Häusler und in Kooperation mit dem Verein "WortARTikulation" die Veranstaltung durchführte. Im letzten Herbst, kurz vor der Bundestagswahl, beschäftigte Schneider vor allem der menschengemachte Klimawandel. Ihr Text "Ich sehe den Regen", der als Weckruf für die Politikverdrossenen ihrer Generation dienen sollte, beschreibt die 2021 bereits unübersehbaren Auswirkungen. "2021 – alle Menschen sprechen über den Klimawandel, aber keine Sau macht etwas. Die Jungen Leute wissen zwar, dass die Regierung das Problem kennt, aber die Augen davor verschließt", beginnt sie. Ein Text aus dem Grauen der Gegenwart mit der Tatenlosigkeit der älteren Generation und dazu einer Prise Zukunftsdystopie – sehr bedrückend, aber letztlich auch kämpferisch.
Den Auftakt im Wettstreit machte die 17-jährige Jule Beck. Sie fragte sich in ihrem Text: "Was geht eigentlich im Kopf eines Goldfisches vor?" Sie spielte mit schöner Bildsprache mit dem Perspektivwechsel zwischen sich und dem eigentlich so unspektakulären Dasein des Goldfisches. Ein bisschen neidisch blickt sie gar auf das sorgenfreie Leben des schuppigen Gefährten im Glas. Beck selbst nämlich gefällt so einiges an der Welt ganz und gar nicht. "Das ganze Chaos, die Politik, die Klimakrise und der Krieg", zählt sie auf und fragt: "Wie kann man da Gefallen finden?"
Sie versuche oft, ein Retter und ein Held zu sein, fühle sich dafür aber oft zu klein. Vielleicht wäre es ganz praktisch, ein Goldfisch zu sein, der sich angeblich nur an die letzten fünf Minuten seines Lebens erinnern könne. "Wenn du nur wüsstest, wie die Welt ist, ob du dann auch so schnell vergisst?", fragt sie im Text in Richtung des sorglosen Fisches. "Oder würdest du dich erinnern, an die vielen schlimmen Dinge?"
Mit den Themenfeldern Sexismus, Feminismus und Diskriminierungen, befasste sich die 18 Jahre alte Abiturientin Hannah Pfister. Aufhänger ihres Textes war ein Vorfall an der Schule von Freundinnen. Diesen und ihren Mitschülerinnen wurde von der Schulleitung das Tragen von Tops und bauchfreien Oberteilen untersagt. Sie sollten ihren Körper bedeckt halten, um die Jungs in der Schule nicht abzulenken. "Es wäre wichtiger den Jungs beizubringen, den weiblichen Körper nicht zu sexualisieren", fordert sie stattdessen. "Nackte Haut ist keine Einladung für irgendwen", stellt sie klar und sie erkannte nach dem Vorfall für sich: "Feminismus ist immer noch oder vielleicht auch gerade jetzt wieder notwendig."
Wortgewandt und inhaltlich wertvoll präsentierten sich auch die restlichen Teilnehmenden Andreas Musche, Lucas Zehe und Aurelia Scheuring bei ihren Textaufführungen. Andreas Müsche, der 20-jährige aus Gemünden, der über sich selbst sagt "Kunst ist mein Leben", ging am Ende als Gewinner aus dem sechsten Schweinfurter "Poetrip" hervor.
