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Gerolzhofen: Weihnachten auf der Orgelbank

Gerolzhofen

Weihnachten auf der Orgelbank

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    Kantor Karl-Heinz Sauer an der Winterhalter-Orgel.
    Kantor Karl-Heinz Sauer an der Winterhalter-Orgel. Foto: Norbert Finster

    "Heute hat die Orgel wieder schön gespielt." Diesen Satz sprechen Gottesdienstbesucher vor allem dann aus, wenn die Messfeier besonders feierlich war. Wie an Weihnachten. Ganz richtig ist der Satz freilich nicht, denn die Orgel spielt nicht von selbst. Hinter dem Klangzauber steckt ein Mensch.

    In Gerolzhofen ist das schon seit 16 Jahren Kantor Karl-Heinz Sauer. Er gehört neben Polizisten, Ärzten, Krankenschwestern und vielen anderen zu der Gruppe, für die Weihnachten fast ausschließlich Arbeit und kaum Privatleben bedeutet.

    Weihnachten ist für Karl-Heinz Sauer die beruflich dichteste Zeit. Der engere Weihnachtsreigen beginnt mit dem großen Konzert am 4. Advent. In diesem Jahr führte der Projektchor St. Franziskus eine groß angelegte Messe mit Solisten und Orchester auf. Seit vielen Wochen schon studierte Karl-Heinz Sauer mit den Sängern die Missa pastoralis in D von Jan Lohelius Oehlschlägel (1724 bis 1788) ein.

    Langer Vorlauf

    Weihnachten kostet den Kantor also nicht zur Zeit beim Fest selbst, sondern schon lange vorher. Der Vorlauf zum Weihnachtskonzert 2019 reichte schon ein gutes Jahr zurück. Nachdem feststand, welches Werk zur Aufführung kommt, begab sich Karl-Heinz Sauer auf die Suche nach Solisten. "Bedingt durch meine lange Dienstzeit kennt man sich." So bekannte Stimmen wie Sebastian Knöchig, Michael Albert oder Radka Loudova-Remmler sagten für das Konzert 2019 zu.

    Die Proben des Chors beginnen traditionell nach dem Patrozinium der Stadtpfarrkirche im Oktober. Dann ist regelmäßig jeden Montag Termin. Auch rund um das Konzert gibt es viel zu organisieren, vom Vorverkauf über Plakate und Handzettel bis hin zu Sponsorengesprächen und Honorarverhandlungen. Auch hier ist Karl-Heinz Sauer fast immer involviert.

    Handschrift ins Reine gebracht

    Da es die in diesem Jahr aufgeführte Messe nicht als gedruckte Noten gibt, hat der Kantor eine Handschrift besorgt und ins Reine gebracht. "Das waren rund 100 Stunden an Freizeitvergnügen", erzählt er. Ihm gefällt der fröhliche, lockere Charakter der Messe mit ihren Hirtenmusik-Bestandteilen. Dazu wurde eigens ein Hirtenhorn aus Alteglofsheim bei Regensburg besorgt, das ein Trompeter blies.

    Am Samstag vor dem 4. Advent wird noch einmal geprobt. Wenn jemand sich krank meldet, versucht Karl-Heinz Sauer, auf die Schnelle noch Ersatz zu finden.

    Zweiter Schwerpunkt im Weihnachtszyklus sind die Feiertage selbst. Für Heiligabend bereitet  der  Kantor die Krippenfeier vor. Auch die hat Vorlauf. Es gilt, ein Stück und die kleinen Schauspieler auszuwählen. Dazu macht Sauer Werbung in den Schulen. Heuer wirken 15 Kinder im Grundschulalter mit. Karl-Heinz Sauer ist verantwortlich für die Choreografie und die Dramaturgie.

    Sauers Wunsch nach einem Kinderchor

    Aber auch die Krippenfeier ist nur ein Projekt auf Zeit. Der Kantor hätte es aber gern, wenn es in Gerolzhofen einen Kinderchor als feste Einrichtung geben würde. "Bei Projekten kann nicht kontinuierlich gearbeitet werden. Aber sie haben den Vorteil, dass Leute kommen, die sonst nicht mitmachen würden."

    In der Christmette rückt Sauer dann auf die Orgelbank. Zur Einstimmung hat er diesmal ruhige Musik aus der Klassik ausgewählt, bei der ihn Christine Hauck auf der Flöte begleitet.

    Auch am 1. Feiertag muss der Kirchenmusiker auf der Bank an der Winterhalter-Orgel statt auf dem bequemen Sofa daheim Platz nehmen. Hier unterstützt ihn Bernhard Füller auf der Trompete. Und dann ist da noch die Durchlaufprobe für den Rundfunkgottesdienst.

    Rundfunkgottesdienst

    Dieser Gottesdienst am 2. Feiertag wird eine besondere Herausforderung. Hier sind noch einmal Teile der Oehlschlägel-Messe zu hören, allerdings ohne Solisten und Orchester. Die Orgel spielt dann Sauers Frau Sylvia, während der Kantor dirigiert. Die Liedauswahl besorgt mit Ausnahme der Stücke zur Kommunion und zum Ausgang allerdings nicht der Organist, sondern der Geistliche, in diesem Fall Pfarrer Stefan Mai. "Nach dem Rundfunkgottesdienst fällt dann der Hammer", sagt der fast 54-Jährige. Wenn alles geklappt hat, wird für ihn die große Entspannung einsetzen.

    Im Rundfunkgottesdienst muss alles minutiös nach Plan ablaufen. Bei anderen Messfeiern kann der Organist aber bei manchen Liturgieteilen improvisieren. Über einen Rückspiegel hat er den Altarraum und  sieht, wie lange der Pfarrer zur Gabenbereitung oder zur Kommunionausteilung benötigt. Letztere kann drei bis sechs Minuten dauern.

    Natürlich kann Kart-Heinz Sauer nicht in allen Gottesdiensten in der Weihnachtszeit selbst spielen. Für die Dörfer draußen muss er einen Dienstplan organisieren. Das ist oft nicht leicht. "Vor allem für die Messe an Heiligabend um 19 Uhr im Wohnstift finde ich nur ganz schwer jemanden, denn dann wollen alle daheim in den Familien sein."

    "Ich beklage mich nicht"

    Privat hat Karl-Heinz Sauer also so gut wie nichts von den Weihnachtsfeiertagen. Dafür bekommt er zwar Ausgleichstage, doch dann ist halt nicht mehr Weihnachten. "Aber ich beklage mich deswegen nicht", sagt er. Die Freude müsse über allem stehen, und sie tut das auch, "wenn wir es schön hinbekommen haben."

    In seiner Arbeit sieht der Kantor auch ein Stück weit Verkündigung. Die Musik hat in den Augen Sauers einen hohen Stellenwert in der Liturgie. "Der Musiker ist der Konzelebrant des Geistlichen, so sehen das auch viele Geistliche", meint der Kantor. Und schließlich unterstütze ein Musiker mit seinem Tun auch die tätige Teilnahme der Gemeinde am Gottesdienst.

    Viel Zeit wendet Karl-Heinz Sauer schon vor Weihnachten für die Chorproben auf. Hier studiert er mit dem Projektchor St. Franziskus am Steigerwald die Missa pastoralis in D von Jan Lohelius Oehlschlägel ein.
    Viel Zeit wendet Karl-Heinz Sauer schon vor Weihnachten für die Chorproben auf. Hier studiert er mit dem Projektchor St. Franziskus am Steigerwald die Missa pastoralis in D von Jan Lohelius Oehlschlägel ein. Foto: Norbert Finster
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