Laut einer von den Versicherungen in Auftrag gegebenen Studie werden in Deutschland täglich 800 Fahrräder gestohlen. Am schnellsten verschwinden Zweiräder in den Großstädten. Ansonsten herrscht ein klares Nord-Süd-Gefälle. Wer in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, im Saarland, in Baden-Württemberg oder in Bayern wohnt, hat ein um die Hälfte reduziertes Risiko. Die Schlüsselrolle bei der Sicherheit vor Diebstahl spielt: natürlich das Fahrradschloss.
Denn die moderne Informationstechnik beschränkt sich noch weitgehend auf die (Handy)Ortung verschwundener Räder. Nur ganz wenige Räder werden per App verschlossen. Und nur bei wenigen meldet ein etwa im Rücklicht versteckter Sensor, wenn das Rad nicht vom Besitzer bewegt wird. Der Testbesuch in vier Fahrradläden in der Fahrradstadt Schweinfurt und der Umgebung ergibt: Man setzt auf Kabel-, Rahmen-, Ketten-, Panzerkabel-, Falt-, Bügel- und Textil-Fahrradschlösser, weil die digitalen Lösungen (noch) nicht ausgereift und bei fast keinem der großen Fahrradhersteller zu haben sind.

Beratung im Fachgeschäft
Bei Zweirad Borndörfer in Schweinfurt berät man anhand von Testbewertungen der Fachzeitschriften. Nur wenige Kunden, so heißt es hier, seien bereit, die von der Branche empfohlenen zehn Prozent des Kaufpreises eines Fahrrads für ein Schloss zu investieren. Bei einem 1000 Euro teuren Tourenrad wären dies schon 100 Euro, bei dem E-Mountainbike für 6000 Euro satte 600 Euro. Solch teuren Schlösser hat der Handel auch gar nicht.
Dass Schlösser mit Schlüssel sicherer als Zahlenschlösser sind, deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie der Stiftung Warentest. Empfohlen wird im Laden in der Schweinfurter Innenstadt ein Schloss der Sicherheitsstufe 10. Schlösser der höheren Kategorien (bis 15) seien schon wegen ihres Gewichts eher etwas für Motorräder. Was man wissen sollte: Die Eingruppierung der Schlösser erfolgt nicht immer durch unabhängige Stellen. Manche Hersteller stufen ihre Schlösser nach selbst gesetzten Kriterien ein.

Grob gilt: Die Kategorien 1 bis 4 bieten einen Basisschutz bieten. Einfach draufsetzen und wegradeln geht nicht. Die Schlösser gelten als geeignet für ländliche Regionen, für Kinderfahrräder und als Zweitschloss sowie als Sicherung für Zubehör wie Helm oder Tasche.
Die Level 5 bis 9 schützen auch in kleineren und mittleren Städten und gelten als ausreichend für Fahrräder der Einstiegsklasse. Empfohlen sind sie als Zweitschloss.
In den Kategorien 10 bis 15 sprechen die Hersteller von einem maximalen Schutz auch für hochwertige Räder und auch in Großstädten.

Augen auf bei der Stellplatzsuche
Als "hochwertig" wird bei Zweirad Borndörfer ein Faltschloss zu einem Preis deulich unter 100 Euro empfohlen. Dieses gibt es mit einer Länge von 60 oder 90 Zentimeter. Wichtig sei, dass man das Rad an einem verankerten Gegenstand festmacht. Gut investiert sei zudem das Geld für ein zweites Schloss, denn neben Rahmen und Hinterrad sei auch das Vorderrad zu sichern. Dafür tue es allerdings auch ein kostengünstigeres Schloss.
Umsonst gibt es im Zweirad-Laden dann noch einen Tipp, der wohl genauso wichtig wie das Schloss ist: Wenn das Rad abgestellt wird, solle man sich in die Rolle eines Diebes versetzen. Dieser nehme sich Zeit, suche sich das geeignete Rad und einen ebenso geeigneten Ort aus. Mit einem guten Schloss am richtigen Ort sei das Rad deshalb am besten abgestellt.

Beim Cube Store in Schonungen zeigt man Schlösser zum Kaufpreis von 9,95 bis 134 Euro. Für das preiswerte und nicht nur preisgünstige Schloss wird angefügt, dass die Versicherungen nur zahlen würden, wenn man selbst für Sicherheit sorge. Und auch hier wird der gedankliche "Rollentausch" empfohlen: Für den Dieb sei entscheidend, was er wolle, wie schnell er es bekomme und was das Rad wert sei. Mit einem zweiten Schloss und mit dem Zusammenschließen mehrerer Fahrräder schwinde das Interesse an einem Diebstahl. Keine Kosten verursacht der Tipp, dass ein Rad nicht immer blinken und blitzen müsse. Ein bisschen Dreck, ein paar Kratzer und Schrammen würden den Fahrspaß nicht mindern, aber das Interesse der Diebe.
"Das bockschwere Schloss nützt nichts, wenn es in der Garage liegt."
Julius Kneitz, Inhaber des Fahrstil Radladen
Wieder in Schweinfurt im Fahrstil Radladen kennt man gar einen Radler, der mit Klebeband sein Sportgerät auf alt getrimmt hat, um die Langfinger zu täuschen. Inhaber und Berater Julius Kneitz fragt, wo und wie lange ein wie teures Rad abgestellt wird. Denn das hervorragende und damit meist auch "bockschwere" Schloss nütze gar nichts, wenn es aus Bequemlichkeit in der Garage liegen bleibe. Kaufen solle der Radler, was er mit auf die Fahrt nehmen wolle. Für die Einkaufstour reiche oft ein leichtes Schloss, so Kneitz.
Stehe das Rad unbewacht länger – etwa tagelang vor einem Bahnhof – sei alles wegzuschließen und alles Mobile (auch das per Schnellspanner zu entnehmende Vorderrad) mitzunehmen oder mit einem zweiten Schloss zu sichern. Welche Schlossart die richtige ist, komme auf den Einsatz an, sagt Kneitz, der möglichst kurze Schlösser empfiehlt. Mit der Säge oder dem Bolzenschneider könne der Dieb dann nicht beliebig ansetzen. Das schrecke ab. Ansonsten ist auch Kneitz der Meinung: Ketten-, Falt- und Bügelschlösser sind ziemlich gleichwertig. Und mit dem Gewicht nimmt die Sicherheit zu.

Unterschiedlich bewertet werden die Textil-Fahrradschlösser, die sehr flexibel sind und in den höheren Sicherheitsstufen keine zwei bis drei, sondern nur etwa ein Kilogramm wiegen. In verschiedenen Tests haben allerdings nur Textilschlösser gut abgeschnitten, die innen mit kunststoffumgossenen Drähten vor einem Durchschneiden geschützt sind.
Nur jedes 20. gestohlene Fahrrad wird gefunden - ein Pass könnte helfen
Bei den Dienststellen der Polizei gibt es – jedoch nicht immer und überall – Fahrradpässe. Das Ausfüllen schützt zwar nicht vor einem Diebstahl, doch die exakten Angaben helfen, die extrem dürftige Aufklärungsquote von unter fünf Prozent zu erhöhen. Die Angaben (am besten mit Kaufvertrag und einem Foto, das das Rad zeigt) müssen nicht auf einem Pass, können überall notiert werden. Wichtig ist die Rahmennummer (oft in der Nähe des Tretlagers, des Sattels oder des Steuerkopfs) und die Codiernummer. Da der Fahrradpass auch bei einer Schadensregulierung nützlich sein kann, sollte die Fahrradart (Trekking, Rennrad oder etwa Tandem) genauso vermerkt werden wie die Marke und das Modell, die Farbe des Rahmens und der Schutzbleche, das Material und die Reifengröße, Kaufdatum, Kaufpreis und Händler. Hilfreich sind zudem Angaben über die Schaltung und über Zubehör wie Tacho, Fahrradcomputer, Federgabel oder Lenkerhörner, aber auch über eventuelle Beschädigungen.

Im Jahr 2018 hat die Polizei in Schweinfurt Stadt und Landkreis 59 "einfache" Fahrraddiebstähle, sieben aus unversperrten Kellern oder von Dachböden, 145 "besonders schwere" Fälle (Schloss wurde geknackt) und fünf Diebstähle aus verschlossenen Kellern oder von ebenfalls gesicherten Dächern notiert. Die Polizei in Würzburg Stadt hat 366 gemeldete Rad-Diebstähle für 2018 verzeichnet. Bei der Registrierung verweist die Dienststelle auf die Fahrradpass-App der Polizei und auf die Beratung im Internet.