"Läuft die Zeit schon?", fragt Carrie ihre Lehrerin. Karin Pohl bejaht. Carrie, angehende Friseurin, dreht sich zu ihren vier Mitschülern um. Diese halten einen Zettel in der Hand, darauf steht ein Rätsel, das sie lösen müssen. Innerhalb von 20 Minuten. Es dreht sich um die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Carrie, Fabien, Hannah, Sarah und Kristin müssen übersetzen, rechnen und anschließend Schlösser knacken. Ein wenig ratlos stehen sie in dem Klassenraum.

Drei sogenannte Escaperooms – das sind Spiele, bei denen eine Gruppe in einer vorgegebenen Zeit in einem realen Raum Rätsel lösen muss – haben die Lehrkräfte in Kooperation mit dem Schweinfurter Jugendhaus FränZ im Staatlichen Beruflichen Schulzentrum (BSZ) Alfons Goppel in Schweinfurt aufgebaut. Mit Plakaten als Deko, die die Schüler erstellt haben, mit Utensilien, die eine Lehrerin bei Besuchen der Partnerschule in Bolivien mitgebracht und mit einer Fotobox, die das Jugendhaus zur Verfügung gestellt hat.
Zusammenarbeit im Team
Eingesperrt werden die Schüler in den Räumen nicht, wie es in kommerziellen Escaperooms durchaus üblich ist. "Es geht darum, dass man einfach die Fragen löst", erklärt Projektkoordinatorin Renate Käser den Schülern der Friseurklasse, die an diesem Morgen die ersten sein werden . "Es ist wichtig, dass ihr zusammenarbeitet im Team und dass ihr miteinander redet."

Und es geht darum, die Themen Nachhaltigkeit und Fairer Handel zu vertiefen und eine Verbindung zu der Schule "Centro Educativo Richard von Weizsäcker" im bolivianischen Cochabamba herzustellen, mit der seit 1994 eine Partnerschaft besteht. Deren Schulleiter ist Frank Weber, der selbst mal Schüler am BSZ in Schweinfurt war. Zwar seien die Themen schon im Unterricht besprochen worden – so auch die 17 Nachhaltigkeitsziele –, spielerisch merke man sich dies jedoch eher, sagt Käser. Mehrere Preise gewann die Schweinfurter Schule für Nachhaltigkeits-Projekte bereits in den vergangenen Jahren.
"Ihr müsst mithilfe der Plakate eine Zahl herausfinden." Karin Pohl gibt der Schülergruppe einen ersten Tipp. Sie blättern in Wörterbüchern, lesen Plakate, übersetzen die Begriffe, die in Englisch, Französisch und Spanisch auf der Tafel stehen. Sie durchsuchen die Gegenstände, die auf dem Tisch liegen nach Hinweisen, nach Schlüsseln, die das nächste Schloss bis zum großen, blauen Knopf am Ende öffnen sollen.

Der alte Biologie-Saal, der "sonst kein schönes Klassenzimmer ist", wie Käser sagt, ist geschmückt mit Vorhängen, Leinwänden, bunten Gewändern und Kleidern aus Bolivien. Ein weiteres Rätsel wartet hier auf die Schüler: Ein "Gewürzmarkt", versteckte Schlüssel und Videobotschaften aus Bolivien. "Los Leute, die Zeit läuft", ruft Carrie jetzt ihren Mitschülern zu. Auch dieses Rätsel lösen sie innerhalb der vorgegebenen Zeit.
13 Klassen nehmen teil
Innerhalb von fünf Tagen werden 13 Klassen die Escaperooms durchlaufen, immer jeweils zwei Lehrer betreuen sie. "Wichtig ist, dass sich jeder ein bisschen mit einbringt", sagt Fachlehrer Thomas Schenkel, nachdem die Gruppen fertig sind. Eingeteilt hatten sie sich selbst, obwohl ein Durchmischen erwünscht gewesen wäre. Schenkel ist sich sicher, dass das dem Zusammenhalt der Gruppe keinen Abbruch getan hätte. "Wenn du in einem Geschäft bist, kannst du nicht sagen, dessen Nase mag ich nicht, dem schneide ich die Haare nicht", sagt er.
Was den Schülern am besten gefallen hat? "Ganz klar, die Fotobox", sagt Hannah. Die anderen nicken, während jeder eines der ausgedruckten Bilder in der Hand hält. Am Ende hat die Gruppe die Rätsel der beiden Escaperooms gelöst. Im ersten Raum blieben ihnen von den 20 Minuten noch vier übrig. Die schnellste war jedoch eine andere Gruppe, mit zehn Minuten Restzeit.
