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Wipfeld: Wie Nikoläuse an Krebs erkrankten Kindern helfen

Wipfeld

Wie Nikoläuse an Krebs erkrankten Kindern helfen

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    2020 hieß es vor allem Abstand wahren, wenn der Nikolaus kam. Hier, vor dem Wipfelder Kindergarten, fuhr der Nikolaus mit dem Bollerwagen voller Geschenke vor. Die Wipfelder Nikoläuse ließen sich so einiges einfallen, damit trotz Corona möglichst viele Kinder nicht auf ihren Nikolaus verzichten mussten. 
    2020 hieß es vor allem Abstand wahren, wenn der Nikolaus kam. Hier, vor dem Wipfelder Kindergarten, fuhr der Nikolaus mit dem Bollerwagen voller Geschenke vor. Die Wipfelder Nikoläuse ließen sich so einiges einfallen, damit trotz Corona möglichst viele Kinder nicht auf ihren Nikolaus verzichten mussten.  Foto: Hildegard Gais

    Ausgerechnet im Coronajahr, in dem die Wipfelder Nikoläuse die meisten ihrer Auftritte streichen mussten, Kindergartenbesuche nur mit sehr viel Distanz, und private Besuche bei den Kindern in den Wohnzimmern gar nicht möglich waren, gab es ein Rekordergebnis. 10 400 Euro an Spenden, die sonst in den von Nikolaus und Knecht Ruprecht besuchten Familien und Betrieben gesammelt werden, kamen zusammen – auch weil neue Ideen in diesem ungewöhnlichen Jahr erfolgreich umgesetzt wurden.

    Die 10 400 Euro, so viel wie in noch keinem Jahr, sind für "Nikolausmutter" Hildegard Gais und ihre fleißigen Weihnachtshelfer nicht der einzige Grund zur Freude. Seit 32 Jahren gibt es die Wipfelder Nikoläuse, deren Terminkalender von Jahr zu Jahr voller wird. Mit dem 2020er-Ergebnis wurde locker die 100 000 Euro-Marke geknackt. 106 600 Euro sind es, freut  sich Hildegard Gais, die in all diesen Jahren gespendet wurden. Genauso lange kommt dieses Geld der Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Würzburg e.V. zugute. Eine Initiative, die betroffenen Familien, deren Kinder in der Kinderkrebsstation Regenbogen in Würzburg behandelt werden, auf ihrem schwierigen Weg durch die Therapie unterstützt und begleitet.  

    Heidrun Grauer, einst Vorsitzende der Elterninitiative und immer noch in der Vorstandschaft aktiv, kommt seit 32 Jahren auch bei Wind und Wetter, Schnee und Eis, nach Wipfeld, um die Spende entgegenzunehmen. Spontan fällt ihr keine zweite Truppe ein, die so treu und lange die Elterninitiative mit ihrem Engagement unterstützt. Die Elterninitiative ist nur fünf Jahre älter als der jährliche Spendenfluss aus Wipfeld. Dank solcher Spenden konnte eine ambulante Krankenschwester eingestellt werden, ein Sozialpädagoge unterstützt die betroffenen Familien. Rund 5000 Eltern krebskranker Kinder übernachten in den Elternwohnungen. Dass diese eingerichtet und finanziert werden können, ist zu einem großen  Teil den Spenden zu verdanken.  

    Mit dem Spendenerlös von 10 400 Euro aus der Saison 2020, sind es nun 106 600 Euro, die an die Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Würzburg e.V. gingen. Hildegard Gais (vorne links)  übergab den symbolischen Scheck an Heidrun Grauer von der Elterninitiative im Beisein von Bürgermeister Tobias Blesch. Hinten links Michael Halbig und seine Tochter Jule, die mit einem Nikolausvideo zusätzliche Spenden einspielten. Rechts Jasmin und Sebastian Heinrich, die in ihren Filialen von "MainBäcker Heinrich"Spendenboxen aufstellten und Backwaren gegen Spenden verkauften.
    Mit dem Spendenerlös von 10 400 Euro aus der Saison 2020, sind es nun 106 600 Euro, die an die Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Würzburg e.V. gingen. Hildegard Gais (vorne links)  übergab den symbolischen Scheck an Heidrun Grauer von der Elterninitiative im Beisein von Bürgermeister Tobias Blesch. Hinten links Michael Halbig und seine Tochter Jule, die mit einem Nikolausvideo zusätzliche Spenden einspielten. Rechts Jasmin und Sebastian Heinrich, die in ihren Filialen von "MainBäcker Heinrich"Spendenboxen aufstellten und Backwaren gegen Spenden verkauften. Foto: Helmut Glauch

    In diesem Jahr wird Heidrun Grauer von herrlichem Winterwetter empfangen und neben Hildegard Gais auch von Bürgermeister Tobias Blesch, der sein Rathaus extra aufgesperrt hat, damit im Gemeindesaal die Spendenübergabe mit Corona-Abstand über die Bühne gehen kann. Gekommen sind auch jene, die trotz Pandemie dafür gesorgt haben, dass die Spenden für die Nikoläuse und damit die erkrankten Kinder auch 2020 nicht vergessen wurden. Nikolaus Michael Halbig etwa, der mit seiner Tochter Jule hinter der Kamera ein Video gedreht hat, in dem der Weihnachtsmann virtuell seine Weihnachtsbotschaft unter die Menschen bringt. Mehr als 600 Mal wurde das Video auf You-Tube angeklickt, viele verbanden diesen Klick mit einer Spende. Seinen wohl größten Nikolaus-Auftritt hat Michael Halbig traditionell in der Abteilung "Nutzkraftwagen-Fahrwerksysteme" von ZF. Für die hat er ein Extra-Video gedreht, das alleine 1500 Euro an Spenden einbrachte.   

    Bitte auch gute Taten aufschreiben. Der Nikolaus soll nicht nur tadeln, sondern auch loben

    Hildegard Gais, die der Meinung ist, dass der Nikolaus oder Weihnachtsmann Kindern auch Mut machen soll. 

    Das man Hilfe auch backen kann, bewiesen Jasmin und Sebastian Heinrich, die Inhaber von MainBäcker Heinrich. Die stellten nicht nur Nikolaus-Spendenboxen in ihren Filialen auf, sondern gaben auch 800 Nikoläuse aus einem Gewürzmischungsmürbteig gegen eine Spende ab. Für jede verkaufte Packung des inzwischen weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannten "Knabber" einem exklusiven Plundergebäck nach Familienrezept, wurden 50 Cent gespendet. So kamen alleine durch die MainBäcker-Aktionen 3500 Euro an Spenden zusammen.

    Im Schrank auf dem Dachboden hat die "Mutter der Nikoläuse", Hildegard Gais, reichlich rote Mäntel und  genügend Bärte gesammelt, damit an den Tagen rund um Nikolaus möglichst viele Weihnachtsmänner auf Tour gehen können.
    Im Schrank auf dem Dachboden hat die "Mutter der Nikoläuse", Hildegard Gais, reichlich rote Mäntel und  genügend Bärte gesammelt, damit an den Tagen rund um Nikolaus möglichst viele Weihnachtsmänner auf Tour gehen können. Foto: Helmut Glauch

    Die Saison 2020 ist der vorläufige Höhepunkt einer Aktion, die vor mehr als 30 Jahren bescheiden begann. Hildegard Gais, von Anfang an Nikolausmutter und treibende Kraft dahinter, erinnert sich. Als Wirtin der Gaststätte "Goldener Anker" hatte sie immer einen guten Draht zur Jugend. Der Wipfelder Junggesellenclub traf sich dort regelmäßig. "Die wollten was Gutes tun und es wurde überlegt, was man machen könnte", so Gais. So wurde die Idee geboren als Nikoläuse seine Besuchsdienste anzubieten. Mit der Kinder-Krebsstation Regenbogen und der rührigen Elterninitiative war auch schnell ein Empfänger ausgemacht, der das Geld gut gebrauchen kann. 

    Mäntel, Bärte und alles was man so braucht, um als Weihnachtsmann eine gute Figur zu machen, wurden angeschafft oder selbst genäht. Eine gute Gemeinschaft, eine Truppe, die mit Spaß bei der Sache war, sorgte dafür, dass die Aktion mit den Jahren sozusagen zum Selbstläufer wurde. Zu verdanken war dies Männern wie Martin G., einem Nikolaus mit 2-Meter-Gardemaß, der einmal sogar mit dem Hubschrauber zu einem Einsatz abgeholt wurde. "Der konnte richtig richtig gut mit den Kindern umgehen und auf sie eingehen", erinnert sich Hildegard Gais.

    2016 dann der große Schock, Martin G. wurde während eines Urlaubsaufenthaltes in der Karibik ermordet. Zwei maskierte und bewaffnete Männer überfielen das Boot mit G., seiner Familie und einer Crew an Bord, das in der Bucht, in der Johnny Depp einst "Fluch der Karibik" drehte, vor Anker lag. "Der war unser Haupt-Nikolaus, viele, die angerufen haben, um einen Termin zu vereinbaren, sagten 'aber schick uns den Martin, gell'", beschreibt Hildegard Gais die große Lücke, die das Gewaltverbrechen in jeder Hinsicht riss.

    Ein Nikolaus kurz vor seiner Verwandlung. Michael Halbig, hier auf einem Bild von 2019, mit einem Wäschekorb voller "Klamotten" für den Weihnachtsmann und seinen Knecht Ruprecht.
    Ein Nikolaus kurz vor seiner Verwandlung. Michael Halbig, hier auf einem Bild von 2019, mit einem Wäschekorb voller "Klamotten" für den Weihnachtsmann und seinen Knecht Ruprecht. Foto: Anand Anders

    Was die Wipfelder Nikoläuse in all diesen mehr als drei Jahrzehnten auszeichnet, ist, dass sie nicht nur tadeln, sondern auch loben. "Bitte auch gute Taten mit aufschreiben", gibt Hildegard Gais den Eltern mit auf den Weg, wenn diese ihre Zettel für den Nikolaus vorbereiten. "Nur in Druckbuchstaben und nicht zu klein geschrieben sollen die sein", fügt sie hinzu, damit die Weihnachtsmänner die auch noch im Wohnzimmer-Dämmerlicht ablesen können. Kindergärten von Gerolzhofen über Würzburg bis Nüdlingen gehören zu den "Kunden" der Wipfelder Nikoläuse. Oft haben sie Auftritte im Halbstunden-Rhythmus, weshalb die "Renntiere", sprich die Fahrerinnen und Fahrer, die die Weihnachtsbotschafter befördern, mitunter ganz schön auf die Tube drücken müssen.   

    Zu den Besuchen bei den angemeldeten Familien kommen Auftritte bei Senioreneinrichtungen, in Betrieben, bei Weihnachtsfeiern und in einem Krankenhaus. "Ein ganz treuer Unterstützer ist Amrhein Garten- und Kommunaltechnik in Bergrheinfeld", greift Gais eine feste Größe im Jahreskalender heraus, von wo man immer eine ansehnliche Spende erwarten könne. Spenden, die zu 100 Prozent an die Kinderkrebsstation gehen, denn sogar die "Renntiere" zahlen den Sprit für ihre "Motorschlitten" selbst.

    Klappern gehört zum Geschäft, heißt es so schön. Wenn der Nikolaus oder Weihnachtsmann kommt, sollte er eine Bimmel dabei haben. Auch davon hat Hildegard Gais einige vorrätig.
    Klappern gehört zum Geschäft, heißt es so schön. Wenn der Nikolaus oder Weihnachtsmann kommt, sollte er eine Bimmel dabei haben. Auch davon hat Hildegard Gais einige vorrätig. Foto: Helmut Glauch

    Neun Frauen, meist als Fahrerinnen im Einsatz, vier "Engeli", meist Enkelkinder, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn der "Bischof Nikolaus" unterwegs ist, zehn Nikoläuse und 20 "Knechte" waren in all den Jahren auf Tour. Hildegard Gais, die organisiert, Termine ausmacht, Kostüme in Ordnung hält und überhaupt Dreh- und Angelpunkt ist, ist auch selbst mitunter als Fahrerin unterwegs. "Da hat sie sich schon manchmal die Schumi-Kappe verdient", so das Urteil der Team-Kollegen über ihren, wenn es sein muss, flotten Fahrstil. Mit Thomas Gropp ist sogar noch ein Akteur aus den Anfangstagen als Nikolaus dabei.

    Etwa 45 Auftritte werden pro Saison absolviert. Mehr als die Hälfte davon sind welche bei den Familien. Weit über 1000 Auftritte in 32 Jahren, die ersten Anfragen für die Nikolaus-Saison 2021 sind schon da. Dann wieder hoffentlich wie gewohnt direkt in den Wohnzimmern mit strahlenden Kinderaugen und dem legendären Schnitzelessen hinterher in der "Pension Weinlaube" von Hildegard Gais, bei dem sich die Nikoläuse und ihre Knechte nach getaner Arbeit erholen.  

    Erinnerung an einen in jeder Hinsicht "großen" in den Reihen der Wipfelder Nikoläuse. Martin G., der 2016 Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, im Jahr 2008 mit seinem Knecht Ruprecht Horst Gründel bei einem "Dienstbesuch" auf dem Mainberger Schloss.
    Erinnerung an einen in jeder Hinsicht "großen" in den Reihen der Wipfelder Nikoläuse. Martin G., der 2016 Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, im Jahr 2008 mit seinem Knecht Ruprecht Horst Gründel bei einem "Dienstbesuch" auf dem Mainberger Schloss. Foto: Archiv Hildegard Gais
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