Irgendetwas ist anders. Warum werde ich jeden Tag auf den Tisch gehoben, warum wird mir der Kiefer auseinandergezogen, und wieso muss ich ziemlich schnell im Kreis laufen? Nun gut, wenigstens gibt es ein Leckerli, wenn ich zum Schluss schön gerade stehen bleib. So in etwa dürfte die Dackel-Gedankenwelt in letzter Zeit in Nordbayern und Umgebung gewesen sein, denn am Wochenende war Zuchtschau in Oberschwarzach.
Der Dachshundclub Nordbayern, Sektion Würzburg, veranstaltete eine Herbst-Zuchtschau im Sportheim Sebastianihaus Oberschwarzach. Und dabei geht es um etwas – Stichwort Formwert. Dieser muss mit einem "Vorzüglich" oder zumindest mit einem "Sehr gut" bewertet werden, sonst ist Vermehrung in Zukunft reines Vergnügen, mit offiziellen Papieren wird es aber leider nichts.
Je mehr Zuchtschauen und Erstplatzierungen, desto besser für die Zuchtkarriere

Wie bei einer Misswahl werden am Eingang Nummern vergeben, nachdem Ahnentafel und Impfpass vorgelegt wurden. Allerdings dürfen die Kandidaten etwas jünger sein. Mindestalter ist sechs Monate. Und je mehr Zuchtschauen und Erstplatzierungen, desto besser für die Zuchtkarriere.

Alles ist schon vorbereitet. Richterin Iris Stegmüller aus Dornstetten im Schwarzwald, natürlich mit verzierter Dackelbrosche am Revers, steht hinter einem Tisch am Ende des Saals, auf dem eine rutschfeste Auflage befestigt ist. Schriftführerin Doris Badel ruft Startnummer 1 auf. Nach wedelndem, leicht ziehendem Gang wird Rauhaardackelhündin Molli (15 Monate) auf den Tisch gehoben, fast auf Augenhöhe mit der Richterin.

Der Chip am Hals wird gescannt, damit es auch wirklich Molli ist, dann der Brustumfang gemessen. Jetzt der unangenehme Teil: das Zähnezählen. 42 müssen es sein, und ein Rutenfehler darf auch nicht vorliegen. Ganz genau wird Wirbel für Wirbel direkt bemuskelt. "Nicht zu viel Wind unter den Läufen", lautet das Urteil und Molli erhält ein "Vorzüglich".
Dackel soll später einmal Call-Dackel werden

Schon steht Nummer 2 in den Startlöchern, doch Stopp. Frauchen Antje, mit Mosche auf dem Arm, stürmt zum Schriftführertisch. "Ich will nur schnell Zähne und Rute bestimmen lassen, dann bin ich auch schon wieder weg." Langhaardackel Mosche, eigentlich Ikarus von der Karthäuserklause, ist mit seinen fast zwei Jahren ein Routinier. Gelassen lässt er sich die Zähne zählen, Langhaarrute makellos, alles perfekt. "Er soll später einmal Call-Dackel werden", verrät Antje Bredereck, die aus Thüringen angereist war. Die Zukunft wird wohl anstrengend für Mosche. Die Zahlen im Langhaarbereich sind eher rückläufig.
Weiter geht es in der Ringpräsentation. Anatomie, Fellbeschaffenheit, Bewegungsablauf, Rückenlinie und Standbild werden beurteilt, bis alle 37 Dackel, zwei Kaninchen-, sechs Zwerg- und 29 Standardteckel, ihren Parcours hinter sich haben. Immer wieder fallen Schlagwörter wie typvolles Wesen, herrliche Vorbrust, schöne Aufrichtung, sehr guter Schub von hinten, aber auch mal Kritik wie "die Pfoten sind nicht richtig geschlossen im Stand".

Summa cum Haarum bleibt am Ende nur zu sagen. Kein Dackel musste disqualifiziert werden. Einmal wurde "Versprechend" in der jüngsten Klasse vergeben, 21 Mal "Vorzüglich" und 13 Mal "Sehr gut". Dazu gab es noch zwei Platzierungen in der Veteranenklasse. Und natürlich wurde in jeder Kategorie der schönste Dackel gewählt.
"Man muss schon sagen, dass hier heute eine Dackelschau der Extraklasse stattgefunden hat", erklärt Richterin Stegmüller anerkennend. Auch für Dackelbesitzer, die keine Zuchtambitionen haben, ist so eine Veranstaltung interessant. Die nächste Schau findet im Frühjahr statt, Pfote drauf.