Auf der Seite 3, im Lokalteil, lasen sie einen emotionalen Mix aus Trauer, Wut, Hoffnung und Lust auf Leben. Da entwirft Oberbürgermeister Gustav Pinkenburg, ins Amt gesetzt von der US-Administration, seine Vorstellung von dem, was kommen soll. Ein neuer Geist sei erwacht, schreibt er, der gebieterisch fordere, „verderblichen Illusionen und einer Idee zu entsagen, die grenzenloses Elend über die Welt brachte, um dann in Blut und Schrecken zu enden“. Pinkenburg fordert, demokratisch, rückhaltlos ehrlich und sauber, „ohne Überhebung und Anmaßung“ in die Zukunft zu gehen – „nicht etwa, weil wir besiegt wurden, sondern weil der Ungeist, der unseren Volkskörper vergiftete“, entfernt werden müsse.
Die Main-Post verspricht er den Lesern als „zuverlässigen Führer“ auf diesem Weg, als „Künder wahrhaft demokratischer Gesittung und Gesinnung“. Ihre Aufgabe sei die Erziehung des „deutschen Menschen zum friedliebenden, arbeitsamen Weltbürger“. Nur wenige Artikel waren in den Frühjahren der Main-Post namentlich gekennzeichnet. So erfahren wir den Namen des Schreibers nicht, der prophezeit: „Die tote Stadt wird auferstehen“. Er erzählt von der Schönheit des „vielgeliebten“ Würzburg vor dem Krieg, vom „frivolen Spiel der Nazi-Hasardeure“ mit Leben und Jahrtausende altem Kulturgut und schildert die zerstörte Stadt: ein Trümmerfeld, in dem „alles noch übrig gebliebene Leben gespenstisch“ wirke. Der Hammerschlag, „der da irgendwo aus den Kellerlöchern dröhnt – alles ist wie ein Spuk“. Es gebe „nichts Erdrückenderes und Niederzwingenderes als dieses Bild der Verwüstung unter dem sonnenlosen grauen Himmel des Novembers.“ Er schreibt aber auch, ein Besucher dieser Tristesse nehme „den Glauben an das Leben“ mit; der „Wille zum Leben“ sei Würzburg geblieben.
77 Titelseiten aus 70 Jahren Main-Post-Geschichte überreicht
Passend zum 70. Geburtstag des Zeitungstitels Main-Post am 24. November überreichten die Redakteure Andreas Jungbauer (rechts) und Peter Krones (Zweiter v. r.) die Publikation „70 Jahre Seite Eins“ an Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (Zweiter v. l.) und an Willi Dürrnagel (links) für dessen Würzburg-Sammlung.
Die Publikation enthält im Originalformat 77 Titelseiten aus 70 Jahren Main-Post-Geschichte, aus jedem Jahr mindestens eine. „70 Jahre Seite Eins“ gibt es zum Preis von 7,70 Euro in allen Geschäftsstellen der Main-Post und im Online-Shop unter shop.mainpost.de. Auch ein Jubiläumsfilm „70 Jahre Main-Post“ (DVD, Laufzeit 18 Minuten, 3,50 Euro) ist dort erhältlich. Auf der Facebook-Seite

blickt Roland Flade an diesem Dienstag auf die Geschichte der Stadt und der Würzburger Zeitung.
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