Arme und Kranke sollen durch uns in aller Welt Heilung und Hilfe finden – ein Zitat von Salvatorianer-Pater Christoph Becker. Zehn Jahre als Apostolischer Präfekt in Assam (Indien) nach dem Ersten Weltkrieg hatten ihn geprägt und motiviert: Unermüdlich machte er sich nach seiner Rückkehr in Würzburg für die Gründung eines Missionsärztlichen Instituts (MI) stark. Dahinter stand zunächst auch ein Eigeninteresse der katholischen Ordensleute: Sie hofften auf bessere medizinische Versorgung während ihrer Missionseinsätze in Afrika und in der Welt. Die Bevölkerung vor Ort sollte davon schnell profitieren. In diesem Dezember feiert das MI sein 90-jähriges Bestehen.
Es ist der 3. Dezember 1922, das Fest des Indien-Missionars und Jesuiten Franz Xaver: Verschiedene Missionsvereine und Orden rufen in Würzburg das Katholische Missionsärztliche Institut ins Leben. Bereits kurze Zeit später beginnen in Kooperation mit dem Würzburger Juliusspital die ersten Krankenpflegekurse für Missionsschwestern und Schulungswochen für Missionare vor der Ausreise. Die ersten elf Mediziner und drei Medizinerinnen legen 1925 vor dem Würzburger Bischof Ehrenfried ihren Missionseid für einen zehnjährigen Einsatz ab.
Das große Ziel des Missionsärztlichen Instituts hat sich in 90 Jahren nicht verändert: Die Gesundheitsbedingungen benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Das ist der christliche Auftrag, dem sich MI-Mitarbeiter verpflichtet fühlen. Oder, wie es Geschäftsführer Karl-Heinz Hein-Rothenbücher formuliert: „Mehr Gesundheit in der Einen Welt.“ Dabei kooperiert das MI mit Partnern kirchlicher Entwicklungszusammenarbeit, kirchlichen Gesundheitsdiensten und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Stand früher die Aussendung von Medizinern im Vordergrund, zählt heute vor allem die Aus- und Fortbildung einheimischer Fachkräfte in den Einsatzländern. Der Schwerpunkt dabei liegt in Afrika.
„Unser Team besteht aus Experten, die über eine einschlägige wissenschaftliche Ausbildung und meist langjährige Erfahrung in verschiedensten Themenfeldern, Regionen und institutionellen Zusammenhängen verfügen“, schreibt das MI über sich selbst. Es ist die einzige „katholische Fachstelle für internationale Gesundheit“ in Deutschland. Zugleich ist das Institut Mitträger der Missionsärztlichen Klinik („Missio“) in Würzburg, akademisches Lehr- und Ausbildungskrankenhaus der Universität Würzburg.
Neben seinen fest angestellten Mitarbeitern setzen sich viele der zurzeit 465 persönlichen Mitglieder des MI für dessen Ziele ein. Die Palette ihrer Berufe reicht vom Arzt über den Krankenpfleger bis hin zum Theologen. Sie sind entweder als Mitarbeiter von Projekten mit verschiedenen Entsendeorganisationen oder über lokale Arbeitsverträge in außereuropäischen Gesundheitsdiensten tätig. Ihre Einsatzgebiete erstrecken sich vom Krankenhaus in Tansania bis zum Psychiatrischen Dienst in Südafrika.
Vorstandsvorsitzender des Missionsärztlichen Instituts ist seit 2008 der Tropenmediziner Dr. August Stich. Alle Arbeitsgruppen sind in zwei Teams aufgeteilt. Zum ersten gehören Gesundheitsdienste, HIV/Aids und staatliche Maßnahmen. Der zweite Bereich umfasst die Tropenmedizin, die so genannte angepasste Technologie, die humanitäre Zusammenarbeit und die klinische Kooperation. Für Stich, seit 2004 Chefarzt der Tropenmedizin am Missio, ist Gesundheit „ein Menschenrecht“, unabhängig von der Konfession. Es gehe, sagte er in einem Gespräch mit unserer Zeitung, um eine fairen Zugang zu Gesundheitsversorgung – von der Gemeinschafsunterkunft für Asylbewerber in Würzburg bis zu den Slums in Kapstadt.
Auch bei humanitären Katastrophen engagiert sich das Missionsärztliche Institut. Jüngstes Beispiel: Die Nothilfe nach dem Erdbeben in Haiti vor drei Jahren. Das MI begleitet dort bis heute den Wiederaufbau eines Gesundheitszentrums. Täglich werden dort inzwischen über 100 Patienten behandelt. Am 18. Dezember um 19 Uhr kommen drei Mitarbeiter aus Haiti ans Missio (Turnpavillon) und berichten in einem öffentlichen Forum über ihren Einsatz.
Mitarbeiter im Einsatz: In einer fünfteiligen Serie stellen wir unseren Lesern bis Weihnachten ausgewählte Mitarbeiter des Missionsärztlichen Instituts vor. Sie berichten aus Ländern Afrikas über ihren Einsatz und die besonderen Herausforderungen. Den Auftakt machen wir heute mit Kinderärztin Antke Züchner. Sie ist derzeit im Bugando-Hospital in Würzburgs tansanischer Partnerstadt Mwanza tätig.
Stationen des Missionsärztlichen Instituts
1922/23: Erste Krankenpflegekurse für Missionsschwestern und Schulungswochen für Missionare vor der Ausreise mit dem Juliusspital.
1928/1930: Am 3. Dezember wird das neu errichtete Gebäude in der Salvatorstraße für 60 Medizinstudenten durch den Apostolischen Nuntius von München eingeweiht.
1937: Am 30. März stirbt der Gründungsdirektor. In 15 Jahren seines Bestehens hat das Missionsärztliche Institut bereits 37 Ärzte und Ärztinnen nach Afrika, Indien und China ausgesandt und zählt 150 Mitglieder, mehr als 500 Missionare haben die medizinischen Schulungskurse besucht.
Zweiter Weltkrieg: Viele Missionsmediziner werden zum Kriegsdienst eingezogen. Etliche im Ausland tätige Ärzte werden interniert, manche können weiterarbeiten, sind aber völlig von der heimatlichen Unterstützung abgeschnitten.
1952: Gründung der Missionsärztlichen Klinik im institutseigenen Gebäude, das nach dem Krieg als chirurgische Abteilung des zerstörten Juliusspitals diente.
1953: Gründung der Gemeinschaft der Missionshelferinnen (GMH) unter Direktor P. Eugen Prucker OSA, um in Gemeinschaftsarbeit auch größere Aufgaben auf längere Sicht zu übernehmen.
50er Jahre: Gründung institutseigener Hospitäler in Indien, Pakistan und Rhodesien auf Wunsch der dortigen Missionsbischöfe. Aussendung von Schwestern der GMH und Ärzten.
60er und 70er Jahre: Mithilfe beim Aufbau und der Weiterentwicklung von Hospitälern und Gesundheitsstationen, vor allem in Nigeria, Ghana, Tansania, Zaire, Rhodesien, Südwest- und Südafrika, meist mit Drei- oder Mehrjahresverträgen.
1975: Gründung der Zeitschrift „Heilung & Heil“ mit Berichten von Missionsärzten und über die Arbeit in Würzburg. Seit Mitte der 70er Jahre Aufbau des Missionsärztlichen Bundes (Ärzte und medizinisches Personal): Verpflichtung zum missionsärztlichen Dienst auf Zeit oder lebenslang.
1986: Zusammen mit dem Deutschen Aussätzigen Hilfswerk (DAHW) gründet das Missio das Armauer Hansen Institut mit einem Schulungslabor. Dort werden seither zahlreiche Kurse in angepasster Technologie, Malaria Diagnostik, Parasitologie etc. angeboten.
1987: Professor Dr. Klaus Fleischer, Chefarzt der tropenmedizinischen Abteilung der Missio-Klinik, gründet im Auftrag des Katholischen Hilfswerks Misereor die Arbeitsgruppe „Aids und Internationale Gesundheit“.
1994: Karl-Heinz Hein-Rothenbücher übernimmt als Laientheologe die Geschäftsführung des Instituts. Die Missionsärztliche Klinik wird als GmbH vom Institut abgekoppelt, das mit 80 Prozent Gesellschafter der Klinik wird.
2003: Beginn der Kooperation mit der Medical School Bugando des Katholischen University College in Mwanza/Tansania. Die seit Jahren bestehenden Seminare und Kurse der Arbeitsgruppen, hauptsächlich für ausreisende Entwicklungshelfer, werden erweitert.
2006: Das vom Institut bereits 2004 übernommene Armauer-Hansen-Institut wird in Hanna-Decker-Haus umbenannt. Es trägt den Namen der in den 80er Jahren in Simbabwe ermordeten Missionsärztin Dr. Hanna Decker. Quelle: MI