Die Apotheken in Würzburg sollen am kommenden Mittwoch zwischen 13 bis 16 Uhr geschlossen bleiben. Darüber informiert Michael Sax, Inhaber der Würzburger Stern-Apotheke und unterfränkischer Bezirksvorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands, diese Redaktion. Anlass für den bundesweiten Protest der Apothekerinnen und Apotheker ist die geplante Rede von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf. Hier, so erklärt Sax, werde sich dieser den dringenden Fragen des Apothekerverbands stellen.
"Damit für den Zeitraum der Rede des Ministers alle Betroffenen die Antworten auf die Missstände hören können, hat die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände dazu aufgerufen, die Apotheken von 13 Uhr bis 16 Uhr geschlossen zu halten", so der Bezirksvorsitzende weiter. Das Motto lautet: "Wir bleiben geschlossen. Weil Karl Lauterbach uns Antworten schuldet."
Würzburger Apotheker und Apothekerinnen fühlen sich nicht gehört
Schon im Juni dieses Jahres gab es den bundesweiten Protesttag der Apotheken, auch in Würzburg gingen mehr als 500 Menschen mit ihren Forderungen ans Bundesgesundheitsministerium auf die Straße. Geändert habe sich bisher nichts, sagt Sax. "Wir fühlen uns nach wie vor nicht gehört."
Dabei umtreiben den Bezirksvorsitzenden große Sorgen. Neben Lieferengpässen von Medikamenten und zunehmendem Personalmangel sei auch die wirtschaftliche Situation vieler Apotheken angespannt. Sax sieht dadurch die Zukunft der Apotheken und somit langfristig die Versorgung der Bevölkerung in Gefahr. Seit dem Jahr 2010 sei die Zahl der Apotheken in Deutschland um 3.500 auf unter 18.000 gefallen. "Wir haben den niedrigsten Stand seit vierzig Jahren und bewegen uns im europäischen Vergleich bei der Apothekendichte inzwischen im unteren Drittel."
Das spiegele sich auch in Unterfranken wider: Von 348 Apotheken im Jahr 2013, gab es 2018 noch 331, aktuell liege die Zahl bei 308. "Somit gab es einen Schwund von 11,5 Prozent in den letzten zehn Jahren", sagt der Bezirksvorsitzende.
Schlechte Vergütung bei rezeptpflichtigen Medikamenten
Hauptgrund für das Apothekensterben sei, so Sax, die schlechte Vergütung bei rezeptpflichtigen Medikamenten, die etwa zwei Drittel des Gesamtumsatzes ausmachen. Das so genannte Fixum - das zum Ausgleich der fixen Betriebskosten eingeführt wurde - sei in den vergangenen zehn Jahren nur einmal von 8,10 Euro um 25 Cent auf 8,35 Euro angehoben worden.

"Man kann festhalten, dass sich die Einnahmesituation der Krankenkassen immens verbessert hat, während sich bei uns die Kostensituation bei nahezu gleichbleibender Honorierung dramatisch verschlechtert hat", so der Bezirksvorsitzende und fordert, dass das Fixum auf 12 Euro angehoben werden müsse. Eine Nichtanpassung der Honorare führe "zur Abkopplung eines kompletten Berufsstandes vom wirtschaftlichen Fortschritt in unserem Land".
Apotheker wollen Missstände transparent machen
Auch Andreas Bolch, Eigentümer der Engel-Apotheke am oberen Marktplatz in Würzburg, wird am Protest der Apotheken teilnehmen. Ihm ist es wichtig, "dass die Apotheken im Gesundheitssektor mehr Aufmerksamkeit gegenüber den Verbänden der Ärzte und Krankenkassen generieren". Missstände in der Politik und der Gesellschaft sollten transparenter gemacht werden. Bolch sieht es als Aufgabe der Politik die Honorare anzuheben.
Zudem sorgt er sich, dass jungen Menschen der finanzielle Anreiz fehle, um in Zukunft den Beruf des Apothekers oder der Apothekerin zu ergreifen. Menschen mit dem hierfür relevanten Bildungshintergrund würden die Arbeit in der Forschung oder der Industrie vorziehen, meint er.

Für Helmut Strohmeier, der die Theater-Apotheke betreibt, ist es ein großes Anliegen beim Protest mitzumachen, "damit mein Personal, das unter der Honorarstagnation und -kürzung leidet, die die eigene Zukunft betreffenden Antworten des Ministers mitverfolgen kann".
Es sei unabdingbar, den Druck auf die Politik zu erhöhen und mehr Transparenz für die Bedrohung der Medikamentenversorgung in der Bevölkerung zu schaffen, sagt Strohmeier. Dabei stützt er sich auf das Apothekengesetz Paragraph 1: "Dieses besagt, dass den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln obliegt."
Flächendeckende Versorgung muss auch auf dem Land gewährleistet sein
Er empört sich, dass der Staat eine Aufgabe auf die Apotheken überträgt, der aufgrund fehlender finanzieller und struktureller Mittel nicht flächendeckend nachgekommen werden kann. Vermehrt Menschen auf dem Land würden die Auswirkungen von Apothekenschließungen zu spüren bekommen. Tobias Bayer, Inhaber der Röntgen-Apotheke in Würzburg, sagt dazu: "Durch die fehlende Kommunikationsbereitschaft von Seiten der Politik, riskieren wir gerade, ein leistungsfähiges Versorgungskonzept zu zerstören." Die Auswirkungen seien fatal, führt er weiter aus. "Zu erwarten ist ein Personalexodus. Es wird weitere zahlreiche Apothekenschließungen geben."
Für die drei Stunden, die viele Apotheken geschlossen haben, wurde ein Notdienst eingerichtet: So hat die Adalbero-Apotheke in der Sanderau (Neubergstraße 2) und die Neue Apotheke in Lengfeld (Industriestraße 7) geöffnet.