Kommandantur – die Schrift über dem Eingang des bewohnten Hauses wäre für sich nichts Besonderes. Auch nicht die Blumen davor und auf den Fensterbänken. Es ist der Ort, an dem dieses Gebäude steht. Für den Fotografen Andreas Langen war dieser Anblick scheinbarer Realität am Rande des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz so surreal, dass er beschloss, über die Nachbarschaft zu dem KZ eine Fotoreportage zu machen. Bei der Ausstellungseröffnung im Jüdischen Museum Creglingen berichtete er auch von dem Unverständnis, auf das er zeitweilig gestoßen ist. Warum eine Recherche über die Nachbarschaft des KZ, und nicht über das KZ selber?
Am Anfang fragte sich Langen, wie man in so unmittelbarer Nähe zu diesem ehemaligen Lager leben kann, heißt es in einer Pressemitteilung des Jüdischen Museums Creglingen. Langen treffe bei seinen vier längeren Aufenthalten auf Menschen, die sich sehr bewusst sind, welch dunkle Vergangenheit diese Region hat. Oftmals sind es Polen oder deren Nachfahren, die dort lebten, bevor sie von den Nazis aus ihrem Heimatort vertrieben wurden, damit dort das Vernichtungslager errichtet werden konnte. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs kamen etliche zurück und bauten sich auf ihrem ehemaligen Grund eine neue Existenz auf, hat er erfahren.
Ein bisher unbekannter Blick auf Auschwitz und Birkenau
Zusammen mit seinem Kollegen Kai Loges hat Langen laut dem Presseschreiben "einen bisher unbekannten Blick auf Auschwitz und Birkenau gewagt". Nicht jede Aufnahme für sich ergebe eine Botschaft. Durch die kurzen Texte, die in einem kleinen Heft nachlesbar sind, komme jedoch Leben in die Bilder, wie z.B. bei dem Bild der Kommandantur. Es sei ein völlig anderer Zugang zur Vergangenheit und Gegenwart von Auschwitz und Birkenau.
Die Vorsitzende der Stiftung Jüdisches Museum Creglingen, Sabine Kutterolf-Ammon zeigte sich bei der Ausstellungseröffnung erfreut, diese Ausstellung, die wegen der Corona-Pandemie bereits zweimal verschoben werden musste, nun im Jüdischen Museum präsentierten zu können. Sie sei beeindruckt von dem Projekt und führte aus, dass diese Ausstellung einen ganz anderen Blickwinkel wage, viele Fragen aufgreife, Empfindungen visualisiere und Gefühle zum Ausdruck brächte, die viele Menschen umtreiben, wenn sie von Auschwitz hören oder sprechen.
Die in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in Baden-Württemberg (LAGG) erstellte und vom Kulturwerk der VG Bild-Kunst unterstützte Wechselausstellung ist bis zum 31. Oktober im Jüdischen Museum zu sehen.
Geöffnet ist das Jüdische Museum jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr.