Wenn die Morgennebel häufiger werden und in der Frühe der erste Reif auf den letzten Sommerblumen liegt, ist es für Susanne und Johannes Fersch Zeit, den Garten einzuwintern. Seit 25 Jahren bearbeiten sie die Erde rund ums Haus auf dem 1000 Quadratmeter großen Grundstück. Das ganze Jahr über blüht und duftet es hier in Neubrunn im Landkreis Würzburg auf Beeten, an Sitzplätzen, Wegrändern, zwischen Steinplatten, am Teich, im Schatten und am prallen Sonnenhang.
Das präsentieren die Ferschs auf ihrem eigenen Blog und im Sommer an den Tagen der offenen Gartentür. Auch jetzt im Herbst geht der Blick nicht über leere Beete. Er kann wandern und ausruhen. Ganz kleine Kräuter wie die Gänsekresse oder Büsche wie der Spindelstrauch grünen auch im Winter. Ziergräser bringen gelbe und rötliche Farbtöne in die trübe Zeit. Riesen wie die etwa drei Meter hohe Staudensonnenblume, die erst spät blüht und noch im November leuchtendes Gelb in den Garten bringt, beeindrucken, wenn viele andere Blumen schon eingezogen haben oder am Boden liegen.
Susanne Fersch ist begeistert davon, dass sie die Große bei einer ihrer Streifzüge über Märkte, Gartenschauen oder Gärtnereien entdeckt hat. Wo sie welche ihrer vielen Pflanzen gefunden hat, weiß sie gar nicht mehr so genau. Mancher Samen stammt auch einfach von irgendeinem Wegrand. „Der Garten ist für mich Therapie“, sagt Johannes Fersch. Er ist krebskrank, der Arzt hat ihm ausdrücklich empfohlen, sich zur Unterstützung der Heilung einen Garten zuzulegen. Er wusste nicht, dass sein Patient schon ein Vierteljahrhundert lang viele Stunden in der Woche werkelnd zwischen Blumen und Gehölzen verbringt.
„Im Garten vergesse ich die Zeit“, sagt auch Susanne Fersch. Während ihr Mann an der Struktur des Gartens arbeitet und immergrünen Gehölzen Form gibt, liebt sie das Experimentieren mit Pflanzen und Samen. Manchmal teilt sie neue Gewächse in mehrere Stücke und pflanzt sie auf verschiedene Standorte, um auszuprobieren, welcher besser funktioniert. Der Klimawandel sei seit ein paar Jahren deutlich zu spüren. Manches verbrennt im trockenen, heißen Sommer, anderes übersteht dafür erstaunlich gut den Winter.

Dieses Jahr haben die Ferschs deshalb mehrere Palmen und eine Feige im Frühjahr aus den Kübeln in Gartenerde gesetzt. Nun sind sie gespannt, ob der Freilandversuch mit den Südländern im unterfränkischen Winter gelingt. Beim Rundgang zupft Susannne Fersch da ein Kräutlein und dort ein Blättchen, zerreibt sie zwischen den Fingern, lässt schnuppern und kosten. Tripmadam beispielsweise sei ein wunderbar würziges und vitaminreiches Kraut im winterlichen Salat. Sie preist das ausdauernde Kraut Herzgespann als Tee für Frauen und das ebenso zähe Kraut der Unsterblichkeit als belebenden Tee für alle.
Sie entdeckt die ersten Blätter von Pflanzen, die sich selbst ausgesamt haben und schon wieder treiben und freut sich über solche, die sie aus kleinen Stecklingen gezogen hat und die überlebt haben. Denn gegossen und gedüngt wird bei den Ferschs kaum. So gedeihen vor allem die Pflanzen, die sich an ihrem Standort wohlfühlen, was womöglich auch die beste Voraussetzung ist, um den Winter gut zu überstehen. Zu den Neulingen im Garten gehört eine Naschhecke, in der unter anderem sibirische Blaubeere wächst. Sie liefert das erste Obst des Jahres und hat auch keine Probleme mit Spätfrösten. „Ihre Blüten halten minus fünf Grad Celsius aus“, sagt Johannes Fersch.
"Nichts verlässt den Garten."
Hobbygärtner Johannes Fersch
Nach und nach bauen die Ferschs auch Gemüse an. Bunte Mangoldstängel, krause Grünkohlblätter, Porree, Endiviensalat bringen auch spät im Jahr noch Farbe und Struktur in die Beete. „Und der Grünkohl wird erst richtig lecker, wenn er Frost abbekommen hat“, sagt Susanne Fersch. Überhaupt bleibt in dem Garten im Winter vieles stehen und liegen. „Nichts verlässt den Garten“, sagt Johannes Fersch. Was er aus optischen Gründen im Herbst abschneidet, verteile er entlang der Hecke am Zaun. Schließlich brauchen die Wildtiere, die im Garten wohnen, Unterschlupf, die Schlangen, Eidechsen, Kröten, Igel.
Und die Menschen lieben den Anblick bereifter Gräser und Samenstände, deshalb bleibt das meiste einfach stehen. Die Beete sind dann keine braune Wüste, sondern behalten Struktur. So gibt es vieles, was Susanne und Johannes Fersch tun, wenn der Winter einzieht, aber auch vieles, das sie einfach lassen. Wenn sie am Wohnzimmerfenster stehen und in den winterlichen Garten hinausschauen, ist es bei den Ferschs deshalb nicht trist. Falls der Tag doch gar zu düster ist, hilft ein bisschen Deko und eine Kerze auf dem Terrassentisch. „Außerdem sehen wir dann, wo noch ein bisschen Wintergrün fehlt“, sagt Johannes Fersch. Und sie beginnen mit der Gartenplanung für das nächste Jahr.

Tipp 1: Winterfrischer Salat und Gemüse
Erstaunlich, was ein winterlicher Garten noch für die Ernährung bietet. Gerade regionale Gemüsearten sind dann noch auf den Beeten und können geerntet werden. Manche schmecken sogar erst richtig gut nach dem ersten Frost, weil der Stärke in Zucker umwandelt. Ein Beispiel dafür ist der Grünkohl, den Susanne Fersch bei Minusgraden erntet. Er ist das heimische Superfood des Winters. Seine Blätter können laufend nach Bedarf gepflückt werden.
Typisch für den Winter sind Kraut und Rüben und ein paar Salate. Rote Beete beispielsweise wird im Mai gepflanzt, vor dem ersten Frost geerntet und kühl in Kisten mit feuchtem Sand gelagert. Sie schmeckt roh im Salat und gekocht. Feldsalat und Winterposteleien sind Salate, die nach Bedarf im Winter geerntet werden können und sich oft sogar selbst aussäen, wenn sie einmal im Garten sind. Vor dem ersten Frost sind Schwarzwurzel und Topinambur bei Ferschs reif zum Ausgraben.
Manche Gärtner schwören darauf, Kopfsalate, Blumenkohl, Steckrüben, Karotten, Spinat erst im Herbst anzubauen. Der Vorteil: Die Pflanzen schießen nicht so leicht wie bei Wärme und es sind weniger Schädlinge unterwegs als im Sommer.
Tipp 2: Kräuter in der kalten Jahreszeit
Kräuter lässt Susanne Fersch im Winter einfach im Garten. Salbei beispielsweise erntet sie dann frisch als Gewürz und für den Tee. Tripmadam bringt jederzeit Vitamine in Speisen. Der Rosmarin werde zwar den Frost nicht überstehen, vermutet sie, aber der Garten ist ohnehin stetig im Wandel. Wer auf Nummer sicher gehen und empfindliche, mediterrane Kräuter schützen möchte, kann sie in Töpfe setzen und über die kalte Zeit an einem geschützten Platz an der warmen Hauswand pflegen. Wer den Winter über Schnittlauch ernten möchte, kann es so versuchen: Schnittlauch aus dem Beet nehmen und in einen Topf setzen, durchfrieren lassen, ins Haus holen und warten, bis er austreibt.
Tipp 3: Empfindliche Pflanzen schützen
Manche Pflanze muss mit den ersten Frösten den Garten verlassen. Bei den Ferschs gehören dazu Oleander, Olive, Bougainvillea, Hibiskus und Dattelpalmen. Sie alle kommen in die Garage und stehen den Winter über nicht zu hell und kühl, aber frostfrei. Dort werden sie sparsam gegossen und ruhen, bis das Frostwetter vorüber ist. Die Bougainvillea wird kräftig zurückgeschnitten und verliert ihre Blätter. Etwa im März wird sie ins Haus geholt, damit sie erwacht, und sobald es warm wird, beginnt, Blüten zu treiben. Eine Feige holen die Ferschs ebenfalls ins Winterquartier. Die andere haben sie im Frühjahr ins Freiland gepflanzt, damit sie gut einwurzeln konnte und damit Chancen hat, den Frost draußen zu überstehen.
Tipp 4: Stauden und Gräser stehen lassen
Verblühte Stauden und Ziergräser bleiben bei Familie Fersch den Winter über meist unbeschnitten. So schützen sie sich selbst und gegenseitig vor Frösten, bieten kleinen Tieren Unterschlupfen und den Menschen auch im Winter einen abwechslungsreichen Garten. Was dazu neigt umzukippen, binden die Hobbygärtner aus Neubrunn locker zusammen. Was auch durch solche Maßnahmen beim besten Willen nicht mehr ansehnlich ist, schneiden sie doch ab. Das Kraut kommt auf den Kompost oder wird breitflächig am Zaun verteilt. Weggeworfen wird nichts. Und dort, wo alte Halme und Samenstände stehen bleiben, ist immer noch Zeit für den Schnitt, wenn die jungen Blätter zu treiben beginnen.
Tipp 5: Mit Herbstdeko wird es hübsch
Wird der Garten nicht völlig ausgeräumt, sondern bleiben Pflanzen stehen, wirkt er auch im Winter noch interessant – vor allem, wenn Halme und Blätter bereift oder verschneit sind. Susanne und Johannes Fersch haben dazu noch kriechende, rankende und buschige Immergrüne gepflanzt. Sie haben den Spindelstrauch als Ersatz für die vielen Buchsbäumchen, die im vergangenen Jahr dem Zünsler zum Opfer gefallen sind, entdeckt. Den Spindelstrauch schneidet Johannes Fersch ebenfalls in Form, und er wirkt zudem durch seine zweifarbigen Blätter interessant. Das i-Tüpfelchen ist dann die Deko. Figuren aus Ton, Metall und Beton, Kerzengläser und Töpfe mit Heidekraut stehen in Beeten und auf Tischen. Wer ohne gekaufte Zutaten den Garten winterlich dekorieren möchte, kann auch ein bisschen experimentieren. Beispielsweise mit Strauchschnitt, Efeuranken, Zapfen, Hagebutten, Samenständen lassen sich Kränze und Sträuße als Dekoration für den winterlichen Garten basteln.