Grüne und Freie Wähler sind sauer. Schon gut eine Woche nach der Bezirkstagswahl ärgerten sich die zwei- und drittstärkste Fraktion darüber, dass sich CSU und SPD auf ein schwarz-rotes Bündnis verständigt haben und gemeinsam die bisherigen Amtsinhaber Erwin Dotzel (CSU) und Eva Linsenbreder (SPD) wieder zum Präsident und Vizepräsidentin des Bezirkstags wählen wollen. Richtig empört aber sind die Vertreter von Grünen und Freien Wählern seit vergangenem Freitag. Denn da bekamen die Bezirksräte – zur Vorbereitung der konstituierenden Sitzung an diesem Dienstag – vom Direktor der Bezirksverwaltung, Gernot Janke, einen am selben Tag eingegangenen Antrag von CSU-Fraktion und SPD-Fraktion zugeschickt. Konkret: einen Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung des Bezirkstags.
Größere Ausschüsse, mehr Stellvertreter: Was CSU und SPD wollen
Die Unterzeichner, CSU-Bezirksrat Stefan Funk und SPD-Bezirksrätin Marion Schäfer-Blake, beantragen darin unter anderem, die Mindeststärke einer Fraktion oder einer Ausschussgemeinschaft auf drei Mitglieder zu erhöhen. Sie wollen neben dem Bezirkstagspräsidenten und dem Vizepräsidenten nicht nur einen, sondern zwei weitere Vertreter wählen. Und sie wollen die wichtigsten, großen Ausschüsse – Bezirks-, Sozialausschuss, Personal-, Kultur- sowie Bau- und Umweltausschuss – von bislang acht Mitgliedern auf neun Mitglieder anheben und allesamt zu „beschließenden Ausschüssen“ machen.
Für Freie Wähler und Grüne ein Unding: „Die Situation ist hanebüchen“, sagt Grünen-Bezirksrat Gerhard Müller. „Absolut undemokratisch und verwerflich“, sagt seine Fraktionskollegin Bärbel Imhof. Und Tamara Bischof, die Kitzinger Landrätin und FW-Fraktionschefin, sagt mit Blick auf die starken Verluste der CSU: „Jetzt versucht man, sich mit 37,6 Prozent durch die Geschäftsordnung noch möglichst große Macht zu sichern.“
Betroffen wären die AfD – und das Zweckbündnis Linke-FDP
Die Festschreibung der Mindeststärke einer Fraktion oder Ausschussgemeinschaft auf drei Mitglieder würde die AfD treffen, die im neuen Bezirkstag mit zwei Räten vertreten ist. Sie würde aber auch die beiden kleinen Parteien, die je einen Ratssitz erhalten haben, quasi stimmlos machen: Adelheid Zimmermann von der FDP und Angelika Strobel von der Linken wollen erstmals eine – von außen betrachtet ungewöhnliche – Ausschussgemeinschaft bilden. Nicht, um inhaltlich zusammenzuarbeiten. Sondern, um mit einem Sitz in den Ausschüssen vertreten zu sein. Ihnen das zu verwehren, halten Imhof wie Bischof für „verfassungswidrig“: „Per Gesetz steht ihnen die Ausschussgemeinschaft zu.“
Auch Adelheid Zimmermann geht davon aus, dass der schwarz-rote Antrag in diesem Punkt „rechtlich wahrscheinlich nicht haltbar“ ist. Die Minderheitenplattform zu bilden sei „demokratisches Recht“. Nach zwei Tagen sei ihre erste Aufregung über den Antrag abgeklungen: „Das sind halt Spielchen“, so die FDP-Bezirksrätin. „Schauen wir erst mal.“
CSU-Fraktionschef Funk: „Ziel ist sinnvolle und vernünftige Arbeit“
Stefan Funk, der neue Fraktionschef der CSU, begründet den Vorstoß mit der neuen Größe des Bezirkstags: Dem Gremium gehören statt wie bislang 20 künftig 24 Räte an. „Mit zwei Leuten kann man in einem 24er-Gremium keine sinnvolle Fraktionsarbeit machen“, sagt Funk. „Ab drei setzt man sich zusammen und kann effektiv und vernünftig arbeiten.“ Für die Grünen ein „undemokratischer, unsozialer“ Antrag, der die kleinen Parteien mundtot machen würde: „Besonders verwerflich ist, dass die SPD das unterstützt“, sagt Bärbel Imhof.
Nach fünf konstruktiven Jahren „erschüttert über Machtspielchen“
Dass die Geschäftsordnung zu Beginn einer neuen Wahlperiode geändert werden soll – „in meinen Augen ein normaler Vorgang“, sagt Funk. „Man sollte sich da einfach Gedanken um die Arbeitsfähigkeit eines Gremiums machen“. Grüne und Freie Wähler sind indes empört, dass mit ihnen im Vorfeld darüber nicht geredet wurde. Bischof wie Imhof betonen beide, wie „gut, konstruktiv und harmonisch“ man über Parteigrenzen hinweg in den vergangenen fünf Jahren im Bezirkstag zusammengearbeitet hätte. „Das wird offensichtlich so nicht mehr beabsichtig“, sagt die FW-Chefin. „Diese Abkehr ist mehr als befremdlich.“ Und Bischof zeigt sich „erschüttert darüber, dass wir so in Machtspielchen zurückfallen und es nur noch um Posten und Vergütung geht“.
Wird der Bezirkstag entmachtet?
Würden die großen Ausschüsse auf neun Sitze erhöht, bekäme die CSU vier Sitze, die anderen Fraktionen je einen rechnet Imhof. „Dazu die Stimme des Bezirkstagspräsidenten als dem Vorsitzenden und die Stimme der SPD – die CSU sichert sich so maximale Macht zu.“ Dass die Ausschüsse, die bislang teils nur vorberatend waren, künftig beschließend sein sollen, halten Grüne und Freie Wähler für besonders verwerflich: „Dann wird der Bezirkstag entmachtet, das Gremium hätte nichts mehr zu sagen“, sagt Imhof. „Wir würden abgeschnitten werden.“
Eine Begründung für die geplante Anhebung geben CSU und SPD in ihrem Antrag nicht. CSU-Fraktionschef Funk sagt dazu: „Neun Mitglieder sind eher ein Abbild des vergrößerten Bezirkstags.“ Dass es künftig zwei weitere Vertreter des Präsidenten geben soll, begründen CSU und SPD mit der „besseren Vertretung nach außen“. Funk sagt: „Unterfranken ist so weit. Wir möchten, dass der Bezirk nach außen deutlicher wahrgenommen wird.“ Durch einen Vertreter mehr könnten „die Aufgaben des Bezirks besser kommuniziert“ werden.
Freie Wähler: Den Grünen steht Vizeposten zu
Grüne und Freie Wähler beurteilen den Vorstoß anders: Die CSU wolle sich offenbar „ein Pöstchen mehr“ sichern. Ihre Fraktion wolle sich am Montag zusammensetzen, sagt Tamara Bischof. Die Freien Wähler würden sich dafür aussprechen, dass die Grünen als zweitstärkste Fraktion mit 15,9 Prozent der Stimmen einen Stellvertreterposten bekommen: „Das steht ihnen zu.“
Grünen-Antrag: Vergütung des Präsidenten öffentlich behandeln
Die Grünen selbst haben zur konstituierenden Sitzung übrigens auch Anträge gestellt: Sie wollen vor allem, dass ein Tagesordnungspunkt, der für den nichtöffentlichen Teil angesetzt ist, öffentlich behandelt wird: die Festsetzung der Entschädigung für den Präsidenten und der gewählten Stellvertreter. „Wir verweisen auf die letzte konstituierende Sitzung“, sagt Gerhard Müller. Da sei die Vergütung auch öffentlich behandelt worden. „Das ist doch von öffentlichem Interesse und dient der Transparenz des Gremiums.“ Und Imhof ergänzt: „Jeder kann und muss wissen, was der Präsident verdient.“