Der Bezirkstag ist kein Gremium, in dem Parteipolitik eine große Rolle spielt. Bislang zumindest. Die Sacharbeit steht im Mittelpunkt, wenn es um die Unterstützung von sozial Schwachen, von Menschen mit Behinderung oder psychisch Kranken geht. Jetzt aber zeichnet sich Streit um Personalien ab: CSU und SPD haben sich offenbar auf eine Art Große Koalition verständigt. Gemeinsam wollen sie die bisherigen Amtsinhaber Erwin Dotzel (CSU) und Eva Linsenbreder (SPD) wieder zum Bezirkspräsident und zur Vizepräsidentin wählen. Die Grünen, die künftig mit vier statt zwei Sitzen im Bezirkstag vertreten und damit zweitstärkste Fraktion sind, sind verärgert. Bezirksrat Gerhard Müller kündigt eine Kampfkandidatur gegen Linsenbreder an.
Müller sagt, er verstehe nicht, „warum Erwin Dotzel und die CSU das gute Miteinander der vergangenen Legislaturperiode gefährden“. Dotzel, der seit 2007 amtiert, war 2013 mit nur einer Gegenstimme als Präsident bestätigt worden. Die übrigen Personalien, darunter Ausschuss- und Zweckverband-Vorsitze, aber allen voran die Positionen des prestigeträchtigen Vizepräsidenten und des weiteren Vizepräsidenten gingen mit Linsenbreder und Armin Grein an die hinter der CSU zweit- und drittstärksten Fraktionen von SPD und Freien Wählern.
Grüne sind verärgert
Künftig soll das nicht mehr so sein. Dass die SPD als nur noch viertstärkste Fraktion die Vizepräsidentin stellen möchte, sei unverständlich. „Ausgerechnet die Wahlverlierer tun sich zusammen“, wettert Müller angesichts von einem Minus von 8,6 Prozentpunkten bei der CSU und 7,7 Prozentpunkten bei der SPD. Grüne und Freie Wähler seien deutlich stärker als die Sozialdemokraten. Er hätte erwartet, so der Grünen-Bezirksrat, dass die CSU ähnlich wie auf Landesebene allen Fraktionen Gesprächsangebote macht, um einen „Konsens zwischen Demokraten herzustellen“. Ein solcher sei nach dem Einzug der AfD in den Bezirkstag „notwendiger denn je“. Stattdessen machten die Christsozialen nun auf „Kontra“. Vor allem von Dotzel sei er enttäuscht.
Der Bezirkstagspräsident bestätigt auf Nachfrage ein „sehr gutes Einvernehmen“ mit allen Fraktionen in der abgelaufenen Amtsperiode. Dieses würde er in einer neuen Amtszeit gerne erhalten. Was den Streit um die Personalien betrifft, verweist er an den neuen CSU-Fraktionschef. Stefan Funk will nicht ausschließen, vor der konstituierenden Sitzung am 6. November auch noch mit anderen Fraktionen zu reden, betont aber gleichzeitig, die SPD sei der „bevorzugte Partner“ der CSU. Dotzel und Linsenbreder hätten als Präsident und Vize schon zwei Legislaturperioden gut zusammengearbeitet. „Warum sollte das nicht so bleiben?“. Die Grünen hätten zwar an Stimmen und Mandaten zugelegt, aber die Mehrheit hätten sie eben nicht. CSU und SPD kämen zusammen auf 13 der 24 Sitze.
Eine Rechnung, die auch Eva Linsenbreder für die SPD aufmacht. „Wenn wir die AfD draußen halten wollen“ sei gegen die CSU keine Mehrheit im Bezirkstag möglich. Deshalb sei es richtig, wenn die Partei einen „zuverlässigen Partner“ suche. Wichtig seien nicht Personalfragen, sagt Linsenbreder, „sondern die Inhalte“. Und da sei man im Sozialbereich, den vor allem sie als Sozialdemokratin verantworte, mit Erwin Dotzel und der CSU „sehr, sehr gut klargekommen“. Diese Politik wolle sie fortsetzen, deshalb stelle sie sich erneut zur Wahl.
Freie Wähler überrascht
Kitzingen-Landrätin Tamara Bischof, die Fraktionschefin der Freien Wähler, sagt, sie sei „ausgesprochen überrascht“, dass es bisher kein Gesprächsangebot seitens der CSU gebe. Das widerspreche dem Gemeinschaftsgeist im Bezirkstag, dem man zuletzt unter anderem dem guten Fortgang der Inklusion, den Ausbau der psychiatrischen Versorgung und eine solide Haushaltsführung mit niedriger Umlage verdanke. Das sei auch das Resultat einer Postenvergabe, die alle Gruppierungen mit einbinde. „Ich verstehe nicht, warum die CSU das alles jetzt aufs Spiel setzt.“
Ergebnis der Bezirkswahl CSU: 37,6 Prozent (2013: 46,2 Prozent); zehn Sitze Grüne: 15,9 Prozent (9,1 Prozent); vier Sitze Freie Wähler: 12,6 Prozent (12,5 Prozent), drei Sitze SPD: 10,4 Prozent (18,1 Prozent); drei Sitze AfD: 9,6 Prozent (nicht angetreten); zwei Sitze FDP: 4,9 Prozent (2,8 Prozent); ein Sitz Linke: 3,5 Prozent (2,5 Prozent); ein Sitz