Dass es um die deutsch-amerikanische Freundschaft nicht zum besten steht, das hatte Björn Jungbauer schon erwartet. Wie sehr jedoch die amerikanischen Regierungsbeamten unter den jüngsten Spionageenthüllungen leiden, das hat ihn dann aber doch überrascht. „Es war deutlich zu spüren, dass die ganze Geschichte den Amerikanern einfach nur peinlich ist“, fasste der junge Kirchheimer Rathauschef seine Eindrücke nach seiner Rückkehr aus Amerika zusammen. Als Vertreter der Jungen Union, deren Landesvorstand er als Bezirksvorsitzender angehört, begleitete er eine zehnköpfige Delegation bayerischer Nachwuchskräfte nach Washington, wo sie einen Blick hinter die Kulissen der großen Politik warfen.
An der von der Hanns-Seidel-Stiftung und dem Auswärtigen Amt organisierten Reise nahmen überwiegend junge Ministerialbeamte teil, Jungbauer war der einzige, der kommunalpolitisch in der Verantwortung steht. Neben Ralf Elias, dem persönlichen Referenten von Gerhard Eck, war er zudem der einzige Vertreter aus Unterfranken. Als Verbindungsmann stand der Gruppe einer der besten Kenner des großen Bruders USA, Richard Teltschik, zur Seite, der den Gästen die Türen öffnete zu den Zentren der Macht, ins Pentagon und den Senat, zur Weltbank und dem IWF. Das Ziel des Aufenthalts war es, verlorenes Vertrauen wiederaufzubauen: „Ein kritisches Verhältnis ist angebracht, aber in einer Hochkrisenphase gilt es zusammenzuhalten, sonst überrollen uns die Krisen“, erklärte Jungbauer später beinahe etwas staatsmännisch.
Den Schwerpunkt bildete denn auch die Außen- und Sicherheitspolitik, ein Thema, das nach Ansicht Jungbauers in der CSU, aber auch der Jungen Union, weitgehend brach liegt. Der letzte Spezialist hierfür sei Karl-Theodor von Guttenberg gewesen.
„Es war eine Super-Geschichte, um den eigenen Horizont zu erweitern und den Alltag hinter sich zu lassen.“
Björn Jungbauer Kirchheimer Bürgermeister
Für den Jungpolitiker, der als Bürgermeister zuletzt mit für das Wohl der Gemeinde wegweisenden Fragen wie den Abwasserkanälen und dem Für und Wider für den Bau eines neuen Sportplatzes beschäftigt war, ging es nun plötzlich um Weichenstellungen in der Weltpolitik: Auf dem Programm stand etwa ein Treffen mit einer Referentin aus dem Pentagon, mit der die Gruppe über die Krise in der Ukraine, die Rolle Russlands und der Nato sprach, oder die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen.
„Das hatte ich bisher überhaupt nicht auf dem Schirm“, gesteht Jungbauer und wenn überhaupt, dann als „Chlorhühnchen“ wahrgenommen hat. Umso erstaunter sei er gewesen, wie intensiv bereits hinter den Kulissen gerungen wird, erzählt er: „Wir haben vieles mitbekommen, was erst jetzt in den Medien auftaucht.“
Auch dass die Nerven bei den Amerikanern derzeit blank liegen, ahnte er schon vorher, wie sehr, das überraschte ihn dann aber doch: Schon bei der Einreise in die USA wollten ihm die Grenzschutzbeamten nicht glauben, dass ein 32-Jähriger in Deutschland tatsächlich Bürgermeister sein kann. Auch beim Einlass ins Pentagon gab's das volle Programm: Die europäischen Gäste wurden abgetastet, durchleuchtet, Handys und Fotos mussten draußen bleiben. Höchste Sicherheitsstufe. Besonders irritiert haben ihn die Soldaten, die mit gesicherten Schnellschusswaffen die ganze Prozedur aufmerksam beobachteten.
Auch eine Mammut-Behörde wie die „Homeland-Security“, die nach dem 11. September neugegründet, sich mit 220 000 Mitarbeitern um die innere Sicherheit kümmert und dabei Polizei und Geheimdienst ohne Skrupel miteinander verbindet, ist dem früheren Polizeibeamten besonders in Erinnerung geblieben.
Jungbauer steckt voll mit Eindrücken. Das ist im Gespräch mit ihm deutlich zu spüren. „Es war eine Super-Geschichte, um den eigenen Horizont zu erweitern und den Alltag hinter sich zu lassen“, sagt er selber. Eines allerdings hat ihn gewurmt: Ausgerechnet beim Festkommers zum 40sten Jubiläum der Kirchheimer Musikanten hat er gefehlt, erst seit zwei Monate im Amt, eigentlich eine Pflichtaufgabe eines Bürgermeisters.
„Als Grußwort hatte ich eigens eine drei-minütige Videobotschaft aufgenommen“, erzählt er. Die dann aber technisch ebenso wenig umsetzbar war wie eine Live-Videoschaltung. „Das war sehr schade.“ Dabei hatte ihn der Vereinsvorsitzende Joachim Merkert persönlich entschuldigt: „Die Chance, beim 50ten Jubiläum mit uns zu feiern, ist größer als dass Du noch mal zum Austausch nach Washington fährst.“
Auch blieb die Arbeit zu Hause nicht liegen. Ermöglicht habe dies die moderne Kommunikationstechnologie. Per E-Mail und Smartphone habe er mit der Gemeindeverwaltung und dem Landratsamt ständig in Kontakt gestanden, trotz Zeitverschiebung und dem großen Teich dazwischen.
Von einem virtuellen Bürgermeister als Dauereinrichtung hält er dennoch nichts: „Das ist vielleicht was für Amerika, zu uns nach Franken passt das aber nicht.“ Beim anschließenden Kreismusikfest hatte er schließlich doch noch die Gelegenheit, sich ganz „burgermeister-like“ bei den etwa 200 Blasmusikern in ihren fränkischen Trachten zu bedanken.